HÖHN. Jetzt sind Geduld und Präzision gefragt: Zentimeter um Zentimeter nähert sich das rund 65 Meter lange Rotorblatt seinem künftigen Platz. Dieser befindet sich ziemlich genau 134 Meter über dem Fundament des nagelneuen Windrads, das die Energieversorgung Mittelrhein (evm) gerade in Höhn im Westerwaldkreis errichten lässt. Ein Spezialkran zieht das Rotorblatt behutsam nach oben in schwindelerregende Höhe, wo es schließlich von den Errichtungsexperten in Empfang genommen wird. Von unten wirken die Monteure wie Miniaturfiguren und sind kaum zu erkennen. Sie dürfen nun keinen Fehler machen und müssen dafür sorgen, dass das Rotorblatt exakt dort landet, wo es hingehört, und es anschließend sicher montieren.
Projektleiter Markus Behr von der evm ist froh, dass die Montage endlich erfolgen kann. „Bis zuletzt war nicht klar, wann genau die Gondeln und dann die Rotorblätter angebracht werden konnten. Immerhin geht es um zentimetergenaue Präzision. Daher müssen die Rahmenbedingungen stimmen.“ Mit diesen Rahmenbedingungen meint der Experte für Erneuerbare Energien insbesondere Wetter und Windstärke. „Ist es zu kalt und zu schneereich, kommen die langen Transportfahrzeuge mit den Teilen gar nicht bis zur Baustelle“, so Markus Behr. „Wenn es zu windig ist, können sie mit dem Kran nicht an ihre exakte Stelle manövriert werden.“
Schwierig war das auch in diesem Fall. Eis, Schnee, Wind und Regen waren eine besondere Herausforderung für die Baumaßnahme. Dazu kam noch Sturm Frederike. „Nach diesem mussten wir erst einmal aufräumen“, erinnert sich Behr. „Bäume waren auf das Baugelände und die Zufahrten gefallen. Auch an den Einsatz des Krans war in dieser Zeit nicht zu denken.“ Davon ließen sich die Experten der evm aber nicht entmutigen. Schließlich haben sie ähnliches schon bei den drei schon stehenden „Schwester“-Anlagen in Höhn erfolgreich bewältigt. Hier haben Eis und Schnee den Bau 2016 erschwert und den Transport länger hinaus gezögert. Und dann kam auch noch die närrische Zeit dazwischen. „In dieser Zeit war es schwer, eine Polizei-Eskorte für den Schwertransport zu bekommen“, schmunzelt der Projektleiter.
Geduld und Ausdauer haben sich am Ende auch diesmal ausgezahlt: Während zuletzt Schneefall und Straßenglätte den Transport der Rotorblätter behinderte und zwischendurch sogar komplett stoppte, ging dann alles reibungslos über die Bühne. Es war nicht nur – ganz wichtig – windstill, sondern es schien sogar die Sonne, und das bei strahlend blauem Himmel. „So wurden wir mit einer wirklich tollen Kulisse belohnt, was auch den Arbeitern noch einmal mehr Freude macht“, resümiert Markus Behr.
Die Bilanz seitdem kann sich sehen lassen: Etwa 20,5 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugen die drei Windenergieanlagen in Höhn jedes Jahr. Rund 14 Millionen Kilowattstunden sollen dank der beiden in Zusammenarbeit mit der Ortsgemeinde Höhn neu errichteten Anlagen jedes Jahr dazukommen. Damit könnten dann rund 24.000 Menschen versorgt werden, wobei rund 18.000 Tonnen des klimaschädlichen CO2 eingespart werden.
„Wir freuen uns, dass das Projekt so erfolgreich zu Ende gegangen ist, besonders da wir hier zum ersten Mal die Rolle des Projektierers selbst übernommen haben“, erklärt evm-Vorstandsmitglied Bernd Wieczorek. Das freut auch Markus Behr und sein Team. Rund sieben Monate haben sie gemeinsam an dem Bau der beiden neuen Windenergieanlagen gearbeitet. „Nach so langer Zeit ist es schön, jetzt die fertigen Windräder sehen zu können“, erklärt der Projektleiter. Bis Ende Märzsollen sie an das Stromnetz angeschlossen sein und ihre Energie liefern.