Zum 2. Akademietag der Pallottiner Vallendar am 13.01.2018 zum Thema „Kirche der Zukunft in Deutschland. Stachel im Fleisch der Gesellschaft!?“ kamen rund 200 Besucher an die Philosophisch-Theologische Hochschule Vallendar (PTHV). Wie Christsein und sich einbringen gelingen kann, das zeigten die Referenten des Tages, Prof. Dr. Dr. Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken und Dr. Thomas Arnold, Leiter der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen und Alumnus der PTHV sowie in der Podiumsdiskussion zudem Jennifer Groß, stellvertretende Kreisvorsitzende CDU Westerwald und Lehrerin am Raiffeisen Campus Dernbach und Bernd Kuhl, Gemeindereferent in einer Koblenzer Pfarrei mit sozialem Brennpunkt. Foto: (v.l.n.r.): Dr. Thomas Arnold, Leiter der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen; Bernd Kuhl, Gemeindereferent in Koblenz; Prof. Dr. Dr. Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken; Jennifer Groß, stellvertretende Kreisvorsitzende CDU Westerwald; Pater Heinz-Willi Rivert SAC, Hochschulseelsorger an der PTHV und Moderator der Podiumsdiskussion; Prof. Dr. Paul Rheinbay SAC, Leiter des Instituts für Wissenschaftliche Weiterbildung an der PTHV
Auch wenn die Gesellschaft zunehmend säkular und weltanschaulich plural werde, so hole die deutsche Politik doch Einschätzungen bei bedeutenden gesellschaftlichen Fragen bei den Christen ein, wie Sternberg an den Beispielen der Debatte um die Sterbehilfe und aktuell am Thema Leihmutterschaft aufzeigte. Obwohl die Zahl der Christen einerseits deutlich zurückgehe, gebe es andererseits eine extrem hohe Präsenz an kirchlichen Einrichtungen und Institutionen im Land, beispielsweise bei Kindertagesstätten, Kliniken und Hilfswerken. Umgekehrt sei die Anzahl der Priester und Seminaristen katastrophal gesunken: „Deshalb muss man überlegen, wie Eucharistie in den Gemeinden gewährleistet werden kann.“ Angesichts des Priestermangels müssten Laien in der Leitung von Gemeinden noch stärker eingebunden werden.
Dass die Welt weniger religiös werde, so Sternberg, sehe man beispielsweise auch daran, dass es eine geringere Kenntnis um christliche Feiertage und Brauchtum gebe, der allsonntägliche Kirchenbesuch nehme ab. Dazu komme ein gesellschaftlicher Mainstream, der es nicht einfacher mache zu glauben: Eine Spaßgesellschaft, die der heutigen Jugend Selbstoptimierung als Botschaft anpreise. „Nichts ist falscher als das!“, sagte Sternberg nachdrücklich. Vielmehr gehe es beim gelingenden Leben darum mit dem, was einem das Leben gegeben habe, richtig umzugehen. Religion werde zunehmend unter anderem als Sachbereich angesehen, doch bereits darin bestehe der Denkfehler: „Religion ist ein Lebensauftrag.“ Er hält es für unabdingbar zu prüfen, ob die Sprache der Kirche verstanden werden, denn: „Oft wird unsere Rede als völlig fremd empfunden.“ Konsequenter ökumenisch aufzutreten benannte er als wichtiges Anliegen ebenso wie der Dialog: der christlich-jüdische und der christlich-muslimische. „Wir müssen die Stimme erheben gegen Abgrenzungen und Ausgrenzungen“, sagte Sternberg. „Wir werden nur gehört, wenn wir partnerschaftlich auftreten, nicht wenn wir die Moralkeule schwingen.“ Er ermutigte die Teilnehmer des Akademietages mit „anzupacken“ dabei den Glauben weiterzugeben sowie nach Antworten auf aktuelle Fragen zu suchen, etwa, wie es gelinge aus der Enge der Kerngemeinschaft herauszutreten.
Dr. Thomas Arnold, Akademiedirektor, ergänzte Sternbergs Vortrag um einige Thesen, in denen er die aktuelle Situation in seinem Wirkungskreis Sachsen, darlegte. Er erklärte, dass der System- und Wertewandel für die Ostdeutschen ein in der eigenen Biografie zutiefst verankerter Prozess sei, eben weil sie schon einmal die Veränderung der eigenen Heimat in dem Maß erlebten. Dieser ging über die eigenen Anpassungswünsche hinaus und entzog sich der eigenen Kontrolle ab einem gewissen Punkt. Dadurch wurden die Erfahrungen mit der Flüchtlingskrise wieder aufgelebt. Er forderte dazu auf aus dem Glauben heraus eine Hilfe und einen Beitrag für ein gutes und gelingendes Leben zu bieten. „Nur im Wissen um den anderen können wir als Christen miteinander um die Wahrheit ringen.“ Bei der sich anschließenden Podiumsdiskussion machte Jennifer Groß deutlich, dass es ihr ein Anliegen ist ihren Schülern tagtäglich als Vorbild im Respekt vor Traditionen und Werten und mit offenem Ohr zur Seite zu stehen. Zugleich müsse man sich öffnen. Das bestätigte auch Bernd Kuhl, der in der Pfarrei St. Franziskus in Koblenz tätig ist. „Es ist wichtig, dass wir an die Ränder gehen, Menschen aus unteren sozialen Schichten integrieren, Netzwerke knüpfen und dies aus christlicher Motivation.“ Die Podiumsteilnehmer waren sich einig, dass Kirche ein „Stachel im Fleisch der Gesellschaft“ sein muss, zugleich fruchtbar und hilfreich für die Gesellschaft.