Rund 100 Gäste erleben feierliche Eröffnung des Teilhabezentrums der Diakonie in Westerburg
Westerwaldkreis. Kurz nach 15 Uhr platzt es aus Astrid Müller-Ax heraus: „Ich hab‘ ihn!“, ruft sie jubelnd und reckt den schweren Eisenschlüssel in die Höhe. Zwölf Jahre musste die Leiterin der Westerburger Tagesstätte für psychisch kranke Menschen auf diesen Augenblick warten: Auf die offizielle Eröffnung des Teilhabezentrums „WällerLand“ der Regionalen Diakonie Westerwald. Nun war es so weit – und rund 100 Gäste freuen sich auf dem Westerburger Marktplatz mit Astrid Müller-Ax.
Das Teilhabezentrum „WällerLand“ ist der neue Name des ehemaligen „Marktplatz 8“, das unter anderem Beratungsstelle, Geschenkeladen und Café war. Ein Haus, in dem auch die psychisch erkrankten Klienten der Tagesstätte der Regionalen Diakonie mitgearbeitet haben. Nun befindet sich die Tagesstätte nicht mehr in der Adolfstraße, sondern unter dem Dach des neuen Teilhabezentrums – also mitten in Westerburg. Darüber hinaus gibt’s dort ein Café sowie die Kontakt- und Informationsstelle für psychisch kranke Menschen und deren Angehörige.
Für die psychisch kranken Menschen ist der Umzug aus der vertrauten Umgebung der Adolfstraße ins neue Teilhabezentrum nicht trivial: In einem liebevoll produzierten Film, der während der Eröffnungsfeier gezeigt wird, blicken sie noch einmal auf ihre ehemalige Bleibe zurück und formulieren Hoffnungen und Wünsche, die sie an die neue haben. „Es tut schon weh, die alte Tür zum letzten Mal zu schließen“, bringt es Astrid Müller-Ax auf den Punkt. „Ich hoffe aber, dass wir auch hier zu einer großen Familie zusammenwachsen. Und dass die neue Tagesstätte mehr als ein Haus ist. Sondern eine Heimat, in der wir in der Stadt sichtbar werden.“
Das Teilhabezentrum „WällerLand“ steht für gelebtes Miteinander im Herzen Westerburgs, sagt auch Wilfried Knapp, Vorsitzender der Stiftung der Diakonie Hessen. Der Weg zu diesem Ziel war freilich ein weiter. Geschlagene zwölf Jahre hat’s von der Planung bis zur Eröffnung des Teilhabezentrums gedauert. „Lange, lange haben wir auf die Eröffnung gewartet; viele Gespräche und Verhandlungen geführt, Fehlstarts erlebt, die Zeit gekostet haben. Aber jetzt haben wir eine Einrichtung, wie wir sie uns wünschen: Ein Ort, in dem Inklusion pur verwirklicht wird – mitten in der Stadt“, freut sich Knapp.
Auch Wilfried Kehr, Leiter der Regionalen Diakonie Westerwald, atmet zu Beginn seiner Begrüßung erst einmal tief durch: „Endlich angekommen!“, sagt er. „Es war ein langer Weg, auf dem wir jedoch nie alleine unterwegs waren. Schön, dass viele Wegbegleiterinnen heute hier sind und mit uns diesen lang ersehnten Tag begehen.“
Viele dieser Weggefährten blicken an diesem Tag zurück und wünschen dem Teilhabezentrum alles Gute – etwa Westerburgs Stadtbürgermeister Janik Pape, der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Westerburg, Markus Hof oder die Erste Kreisbeigeordnete Gabi Wieland: „Das Teilhabezentrum strahlt weit über die Grenzen Westerburgs hinaus“, sagt Gabi Wieland und richtet sich dann an das Team des Teilhabezentrums: „Durch Ihre Arbeit geben Sie diesem Ort Seele.“
Markus Hof unterstreicht in seiner Rede eine große Stärke der Region Westerburg: das soziale Engagement – mit dem Teilhabezentrum als wichtige Säule. Volker Knöll, Geschäftsführer der Regionalen Diakonie Hessen-Nassau, malt unterdessen ein sinnliches Bild des Teilhabezentrums und beschreibt es als einen Ort für „Leib, Geist und Seele“: „Das Teilhabezentrum ist ein Platz, an dem man sich stärken kann; ein Ort der Begegnung für alle Menschen der Region. Als Diakonie und Kirche laden wir ein, hier ins Gespräch zu kommen, Vorurteile abzubauen und einander besser kennenzulernen. Wir sind davon überzeugt, dass die Integration in die Nachbarschaft, in den Sozialraum entscheidend für das Wohlbefinden der Menschen ist. Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass ,WällerLand‘ ein Herzensort wird, eine Oase der Hoffnung, der Gemeinschaft und Orientierung.“
Die Voraussetzungen dafür, dass das neue „WällerLand“ eine Oase wird, sind tatsächlich gut: Die Räume sind hell und freundlich, bieten ausreichend Platz und Rückzugsmöglichkeiten, und im Erdgeschoss lädt das völlig neu gestaltete Café WällerLand zu einem Plausch bei Kaffee und Kuchen ein. „Dieses Haus hat uns überzeugt“, bringt es Claudia Brinkmann-Weiß, Stellvertretende Vorsitzende des Stiftungsfonds der Diakonie Hessen während der Schlüsselübergabe auf den Punkt: „Ich wünsche diesem Ort, dass hier im Sinne Jesu gearbeitet und gelebt wird und sich hier Menschen begegnen.“ Dann übergibt sie den Schlüssel an Astrid Müller-Ax – und die ist von diesem Moment sichtlich gerührt. Als sie sich wieder fängt, ruft sie den Gästen zu: „Ich verspreche, dass wir alles tun werden, dass wir auf dieses Haus stolz sein können.“ Mit „wir“ meint sie ein Team aus vielen Ehren- und Hauptamtlichen, das im Teilhabezentrum arbeitet: in der Tagesstätte, der Kontakt- und Informationsstelle, im Café, in der Organisation.
Damit die Arbeit gelingt, braucht es freilich mehr als ein neues, schön gestaltetes Haus. Es braucht das Engagement vieler – und ein großes Maß an Segen: Am Ende der Eröffnung bilden alle Klienten der Tagesstätte und Mitarbeitende des Teilhabezentrums einen großen Kreis. Dann segnen Pfarrer Maic Zimmermann und Pastoralreferentin Dorothee Bausch die Menschen, die an diesem besonderen Ort tätig sind. Ein Ort, der zwar aus Steinen gebaut ist, aber ohne „Gottes Baustoff“, wie’s Maic Zimmermann formuliert, keinen Bestand hat: die Liebe.
Ebenso wenig fehlt an diesem Tag die Musik. Die steuern am Ende die Westerburger Turmbläser bei, die vom Balkon des Teilhabezentrums schmissige Bläserklänge in den Westerburger Abendhimmel hinausposaunen. Darüber hinaus unterhalten Tim Billesfeld und Anja Fries die Eröffnungsgäste mit zeitlosen Popsongs. Schließlich der Ta-Chor: Das Ensemble besteht aus Klienten der Tagesstätte und sorgt zwischen den Reden für schöne musikalische Atempausen.
Saniert wurde das Teilhabezentrum WällerLand von der Stiftung Diakonie Hessen, die auch Eignerin der Immobilie ist. Die Aktion Mensch hat die Barrierefreiheit des Hauses gewährleistet, die Innenausstattung sowie die PV-Anlage hat die Else-Schütz-Stiftung gefördert. Die laufenden Miet- und Personalkosten von Tagesstätte und Kontakt- und Informationsstelle werden von Land und Kreis finanziert. Die Einnahmen aus dem Cafébetrieb fließen in die Aufrechterhaltung des Betriebs. (bon) (Quelle Evangl. Dekanat WW)