Komplexer werdende Baustellen und Personalprobleme sorgen für Qualitätseinbußen
Köln. Wie gewohnt legt go.Rheinland (ehemals Nahverkehr Rheinland) auch in diesem Jahr einen Qualitätsbericht für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) vor. Der Bericht für das Jahr 2023 hilft dabei, die Entwicklungen im SPNV nachzuvollziehen, Hintergründe zu erkennen und Handlungsansätze für die Zukunft zu skizzieren. „Es gibt zwei Hauptgründe für die nicht zufriedenstellende Qualität“, so go.Rheinland-Geschäftsführer Dr. Norbert Reinkober. „Wir kämpfen mit der immer komplexer werdenden Baustellensituation in unserem Gebiet und das wird in den kommenden Jahren auch so bleiben. Zudem haben die Eisenbahnverkehrsunternehmen durch den Fachkräftemangel resultierende Personalprobleme. Wir rechnen damit, dass zumindest beim Thema Personal mittelfristig eine Besserung eintreten wird.“
Stabilisierung der Verspätungssituation
Seit dem Jahr 2021 gab es eine spürbare Verschärfung der Verspätungssituation. Dieser Trend konnte in 2023 gestoppt werden: Die Situation hat sich nicht weiter verschlechtert, sondern stabilisiert. Im Jahr 2023 lag die durchschnittliche Verspätung über die drei Produktgruppen Regionalexpress (RE), Regionalbahn (RB) und S-Bahn hinweg bei 2:47 Minuten. Im Vergleich zu 2022 waren die Züge damit 17 Sekunden pünktlicher (2022/3:04 Minuten). Dies entspricht einer Verbesserung um neun Prozent. Verglichen mit dem Jahr 2021 besteht allerdings eine um 35 Prozent höhere durchschnittliche Verspätung (2021/2:05 Minuten). Die höchsten Verspätungswerte wurden in den Monaten November und Dezember eingefahren. Haupttreiber dieser tendenziell negativen Entwicklung sind die überlasteten Schienenwege und die dadurch entstehenden Trassenkonflikte, externe Einflüsse auf den Bahnbetrieb sowie die immer komplexer werdenden Baustellen. Alle Produktgruppen haben sich gegenüber dem Vorjahr leicht verbessert, die pünktlichsten Werte wiesen weiterhin die S-Bahnen auf. Hier kam es zu einem Absinken auf 2:04 Minuten (minus sieben Prozent). Bei den RB-Linien fielen die Verspätungswerte auf 2:29 Minuten (minus 16 Prozent) und bei den RE-Linien auf 3:57 Minuten (minus acht Prozent).
Neue Höchstwerte bei den Zugausfällen
Nachdem die Flutkatastrophe im Juli 2021 zu neuen Höchstwerten bei den Zugausfällen geführt hatte, stabilisierte sich die Situation in 2022 zunächst. Im Jahr 2023 kam es im go.Rheinland-Gebiet jedoch zu neuen negativen Rekordwerten. Die durchschnittlichen Zugausfälle sind von 9,53 Prozent in 2022 auf 14,95 Prozent in 2023 gestiegen. Dies entspricht einem Anstieg von 56,92 Prozent. Der Hauptgrund für die hohe Ausfallquote ist das ausgeprägte Baugeschehen auf der Schiene. Etwa 63 Prozent der Ausfälle waren direkt durch Baumaßnahmen bedingt. Zudem sind Personalengpässe eine große Herausforderung für die Eisenbahnverkehrsunternehmen. 18 Prozent der Zugausfälle lassen sich darauf zurückführen.
Kaum Veränderung bei den Kapazitätsausfällen
Bei der Bereitstellung der vertraglich vereinbarten Kapazitäten ist die durchschnittliche Quote der Sitzplatzausfälle leicht gefallen, und zwar von 2,52 Prozent in 2022 auf 2,37 Prozent (minus sechs Prozent) in 2023. Somit verkehrt lediglich jede 50. Verbindung mit abweichender Kapazität. Während sich die RE-Linien und die S-Bahnen verbessern konnten, haben sich die RB-Linien verschlechtert. Verantwortlich ist in erster Linie die eingeschränkte Fahrzeugverfügbarkeit innerhalb einiger Verkehrsverträge.
Fahrgastzahlen steigen weiter
Im Jahr 2022 gab es erstmals seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie und dem damit einhergehenden Rückgang der Fahrgastzahlen wieder einen Anstieg. Dieser Trend setzte sich 2023 fort: Die Zahl der täglichen Einsteiger an Werktagen (montags-freitags) ist im Jahresdurchschnitt von rund 314.000 Fahrgästen in 2022 auf 348.000 Fahrgäste in 2023 gestiegen. Dies entspricht einer Zunahme von rund elf Prozent. Beim Blick auf die einzelnen Monate war ein sprunghafter Anstieg im Mai (Einführung Deutschlandticket) zu erkennen und im Juni waren erstmals wieder mehr Fahrgäste an den Wochentagen unterwegs als vor der Corona-Pandemie. Zudem lässt sich eine Veränderung hin zu mehr Freizeitverkehr erkennen.
Zustand der Fahrzeuge verschlechtert sich
Seit 2022 erheben die von go.Rheinland beauftragten Profitester*innen auch Daten zum Fahrzeugzustand. Da nicht auf allen Linien von den Bahnunternehmen Daten geliefert werden können, ergibt sich durch den Einsatz der Profitester*innen ein vollständigeres Bild. Bei den Kategorien „Funktionalität der Toiletten“ gab es ebenso Verschlechterungen wie bei der „Funktionalität der Außentüren“ und der „Verschmutzung mit Graffiti“. Bei der „Sauberkeit insgesamt (ohne Graffiti)“ und den „Fahrgastinformationssystemen“ blieben die Werte nahezu unverändert.
Kundendialog: Zahl der Fahrgastbeschwerden erneut gestiegen
Mit dem go.Rheinland-Kundendialog gibt es ein wichtiges Instrument, um den Fahrgästen die Möglichkeit zu geben, auf Mängel und Probleme im Schienenpersonennahverkehr hinzuweisen. Während es im Jahr 2022 insgesamt 1.380 Kundeneingaben gegeben hat, waren es im letzten Jahr 1.605 und damit 225 Eingaben mehr (plus 16,3 Prozent). Die beiden häufigsten Gründe für Beschwerden waren Fahrtausfälle sowie Fahrtverspätungen. (Quelle go RLP)