Steinzeugkeramiken zurück im Kannenbäckerland
Das Keramikmuseum Westerwald konnte für 85.000 Euro die in Qualität und Umfang einmalige Sammlung des Kunsthistoriker-Ehepaares Dry-von Zezschwitz ankaufen. Sie enthält 1.305 Steinzeugkeramiken in einer Fülle an Formen, Farben, Mustern und Ideen, die alle etwas gemeinsam haben: Sie stammen aus der Jugendstil-Zeit um 1900 und wurden im Westerwald hergestellt.
Darunter finden sich Arbeiten bekannter Designer wie Henry van de Velde, Peter Behrens, Hans Wewerka und Erica von Scheel. Zudem beinhaltet die Sammlung auch Werke bedeutsamer lokaler Künstler und Objekte aller während des Jugendstils aktiven Firmen und Werkstätten der Region. Ein weiteres Highlight ist das große Archiv mit bisher unveröffentlichten Schriftstücken, Manuskripten und Fotos. Dr. Beate Dry-von Zezschwitz promovierte 1993 zum Westerwälder Steinzeug des Jugendstils und stützte sich dabei auf die eigene Sammlung, die sie seit den 1970er Jahren auf Flohmärkten, bei Trödlern und im Antiquitätenhandel erworben hat. Ihre Publikation ist bis heute ein Standardwerk.
Erwerb der Sammlung vielen Beteiligten zu verdanken
Bei der feierlichen Übergabe freute sich Landrat Achim Schwickert, dass „diese Sachen nun dorthin heimkommen, wo sie entstanden sind. Wir sind dem Ehepaar Dry-von Zezschwitz unendlich dankbar, dass sie die Keramiken über viele Jahre zusammengetragen sowie aufwändig dokumentiert haben und dadurch ein wichtiges Stück keramische Zeitgeschichte unserer Region bewahren konnten.“ Dass diese quasi allumfängliche Sammlung jetzt den Weg nach Höhr-Grenzhausen gefunden hat, sei vor allem auch der finanziellen Unterstützung der Ernst von Siemens Kunststiftung, der Kulturstiftung der Länder sowie der Gesellschaft der Keramikfreunde zu verdanken.
„Selten gibt es die Gelegenheit mit einem einzelnen Ankauf die eigene Sammlung derart zu komplettieren! Es handelt sich hier um eine, durch die bemerkenswerte Vorarbeit der Sammlerin Dr. Beate Dry-von Zezschwitz, außergewöhnlich gut dokumentiertes Konvolut hochkarätiger Keramiken, das nun auf Dauer öffentlich zugänglich wird und sich das Museum zur zentralen Stelle der Forschung des Jugendstils im Westerwald entwickeln kann,“ erläuterte Dr. Martin Hoernes, Generalsekretär der Ernst von Siemens Kunststiftung. Diese hat aus der Sammlung 20 Objekte für eine Summe von 51.000 erworben, die sie als Dauerleihgabe zur Verfügung stellt.
Darüber hinaus erklärte Prof. Dr. Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder, die den Ankauf mit 28.000 Euro förderte: „Mit der Sammlung Dry-von Zezschwitz erwirbt das Keramikmuseum Westerwald ein Konvolut, das beispielhaft für die durch die Jugendstil-Bewegung vollzogenen Schritte zur modernen Gestaltung steht und zugleich untrennbar mit der Region und ihrer Kunstgewerbetradition verbunden ist. Mit der wissenschaftlichen Bearbeitung der Sammlung durch ihre Vorbesitzerin wurde zudem ein Grundstein für die zukünftige Entwicklung des Museums als Zentrum der Keramikforschung gelegt.“
„Die Gesellschaft der Keramikfreunde zeichnet der weite Blick aus, der sämtliche keramischen Kunstformen in Vergangenheit und Gegenwart umfasst. Daher war es uns ein besonderes Anliegen, die einmalige Sammlung Dry-von Zezschwitz für das Keramikmuseum Westerwald sichern zu helfen“, erläuterte die Präsidentin Prof. Dr. Martina Baumgärtel die Entscheidung, den Ankauf durch die Gesellschaft der Keramikfreunde mit 3.000 Euro zu unterstützen. Ebenfalls 3.000 Euro stellte die Museen im Westerwald GmbH zur Verfügung.
Ding? Zeug? Werk? – beim Inventarisieren über die Schulter schauen
Jetzt gibt es viel zu tun, denn hunderte Objekte lagern derzeit noch in den Kartons. Für das Auspacken hat sich das Museum etwas ganz Besonderes ausgedacht: „Im Rahmen des Projekts ,Ding? Zeug? Werk?‘ erfolgt die Inventarisierung öffentlich“, sagte Museumsleiterin Dr. Nele van Wieringen. Dabei können die Besucherinnen und Besucher den musealen Ordnungsprozess mitverfolgen, der normalerweise hinter verschlossenen Türen stattfindet. „Für das Museum ist dies eine einmalige Chance, um mit den Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch zu kommen, um die Sammlung mit weiterem Wissen, Erinnerungen und Erfahrungen zu bereichern. Nicht nur für das Keramikmuseum und den Westerwald, sondern auch für das Land Rheinland-Pfalz ist es eine große Errungenschaft, dass dieses einzigartige industrielle Kulturerbe der Jugendstilperiode in dieser Form bewahrt wird.“ (Quelle Keramikmuseum WW)