Kompromiss im Stadtrat:
Mit einem Bürgerbegehren wollten die Initiatoren aus dem Stadtteil Horressen bewirken, dass ein Bürgerentscheid über die Frage stattfindet: „Soll das Trinkwasser für Horressen und Elgendorf in seiner Zusammensetzung wieder derart bereitgestellt werden, dass dem Trinkwasser der/des Trinkbrunnen der Montabaurer Höhe Trinkwasser aus Vallendar beigemischt wird so wie vor der Umstellung im Jahr 2020?“
Bei einer Beschlussfassung über die Zulassung des Bürgerbegehrens hätte für den Stadtrat jedoch kein Entscheidungsspielraum bestanden: Die Mitglieder des Stadtrates wären gesetzlich dazu verpflichtet gewesen, die Nichtzulässigkeit des Bürgerbegehrens festzustellen, nachdem im Rahmen der Prüfung durchgreifende Mängel festgestellt wurden.
Rund 46 Tiefbrunnen und Quellen dienen der Gewinnung von Trinkwasser in der Verbandsgemeinde Montabaur. Dort wird sogenanntes Rohwasser entnommen und anschließend zu Trinkwasser aufbereitet. Zu den technischen Einrichtungen, die vom Betriebszweig Wasserversorgung betreut werden, gehören unter anderem 31 Hochbehälter (hier der Hochbehälter Prinzenschlag) mit einem Speichervolumen von insgesamt 22.500 Kubikmeter Wasser. (Foto / Quelle VG Montabaur)
Grund hierfür war insbesondere, dass die Begründung des Bürgerbegehrens in zentralen Punkten nicht der Wahrheit entsprach. So hatten die Initiatoren fälschlicher Weise behauptet, die Stadtteile Elgendorf und Horressen erhielten „100 % zugekauftes Wasser vom Rhein“ und hierbei handele es sich um Oberflächenwasser. Tatsächlich setzt sich das Trinkwasser in den beiden Stadtteilen zu etwa gleich großen Teilen aus Wasser, das die Verbandsgemeindewerke von den Vereinigten Wasserwerken Mittelrhein zukaufen, und aus Westerwälder Wasser aus dem Tiefbrunnen Kadenbach zusammen. Oberflächenwasser ist dabei nicht enthalten: Alle Wasser werden aus Brunnen und Quellen gewonnen.
Darüber hinaus war aus der Fragestellung heraus auch nicht ersichtlich, was genau gefordert werden sollte. Schließlich richtete sich das Bürgerbegehren an den falschen Aufgabenträger, da die Stadt selbst keine Entscheidungen in Fragen der Wasserversorgung treffen kann. Für ein Bürgerbegehren auf Ebene der Verbandsgemeinde hätte es jedoch mehr als doppelt so vieler Unterschriften bedurft als jetzt vorgelegt wurden.
Vor dem Hintergrund der erkennbaren Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens stellte die die FWG-Fraktion im Stadtrat den Antrag, das Begehren zu erledigen und keinen Bürgerentscheid durchzuführen. Statt einen Bürgerentscheid über eine Veränderung der Wasserversorgung in Elgendorf und Horressen durchzuführen, sollte nunmehr ein Appell an die Verbandsgemeinde gerichtet werden. Die Forderung des Bürgerbegehrens, dass die Stadt selbst gegebenenfalls durch Bürgerentscheid über die Wasserversorgung in den Stadtteilen Elgendorf und Horressen entscheiden solle, gaben die Initiatoren damit auf.
Die CDU-Fraktion forderte hierüber hinaus, dass sich das Handeln der Stadt immer auf das ganze Stadtgebiet beziehen müsse. Die Stadtteile im Gelbachtal müssten deshalb ebenso berücksichtigt werden. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellte heraus, wie wichtig ihr Transparenz in den ökologischen Belangen der Wasserversorgung sei.
Nach breiter Diskussion fasste der Stadtrat den Beschluss, an die Verbandsgemeinde zu appellieren, in der Kernstadt und allen Stadtteilen eine identische Wassermischung bereit zu stellen und einen Plan zur entsprechenden Umsetzung bis zum 31. März 2023 zu präsentieren. Außerdem solle „die ökologische Transparenz beim Thema Wasserversorgung“ hergestellt werden.
Stadtbürgermeisterin Gabi Wieland teilte zum Abschluss des Tagesordnungspunktes mit, dass sie das Bürgerbegehren mit den Unterschriften bereits vor der Sitzung dem für die Wasserversorgung zuständigen Ersten Beigeordneten, Andree Stein, zur Kenntnis gegeben habe.
„Ich nehme die große Zahl an Unterschriften, die zu diesem Thema gesammelt wurden, sehr ernst", teilte Stein mit. Auch wenn das Vorgehen der Initiatoren zur Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens geführt habe, könne er das grundlegende Bedürfnis nachvollziehen, das Wasser aus den heimatlichen Wäldern zu trinken. Leider sei gerade die Wassergewinnung auf der Montabaurer Höhe in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen. „Ich halte es aber für angemessen, dass der Werkausschuss diese Unterschriften aus der Bevölkerung wahrnimmt", betonte der Erste Beigeordnete. Bereits vor der Entscheidung des Stadtrates habe er deshalb die Thematik erneut auf die Tagesordnung des Werkausschusses der Verbandsgemeinde gesetzt.
In der anstehenden Sitzung des Werkausschusses der Verbandsgemeinde am 16. März steht außerdem die interkommunale Vernetzung im Versorgungsbereich Süd auf der Tagesordnung. Auch hier zeichnet sich ab, dass Versorgungsbereiche verändert werden müssen, um die Versorgung dauerhaft sicherzustellen (wir berichteten).
Hintergrund des Bürgerbegehrens war eine Umstellung in der Wasserversorgung. Die Ortsteile Elgendorf und Horressen gehören seit Anfang 2020 nicht mehr zum Versorgungsbereich Eschelbach-Kernstadt, sondern sind an den Versorgungsbereich Augst angeschlossen. Das Leitungswasser im Versorgungsbereich Augst hat einen höheren Härtegrad (mittel) als das im Versorgungsbereich Eschelbach-Kernstadt (weich). Die Wasserversorgung liegt bei der Verbandsgemeinde und ist in zahlreiche Versorgungsbereiche unterteilt, in denen Trinkwasser unterschiedlicher Zusammensetzung und mit unterschiedlichen Härtegraden zur Verfügung gestellt wird. Die politischen Verwaltungsgrenzen der Ortsgemeinden oder von Ortsteilen spielen dabei bisher keine Rolle. So bestehen zum Beispiel in der Stadt Montabaur mehrere unterschiedliche Versorgungsbereiche: Die Stadtteile Reckenthal, Bladernheim und Ettersdorf lagen bereits vor 2020 in einem Versorgungsbereich mit Wasser mittlerer Härte. Für den Stadtteil Wirzenborn wurde in 2021 beschlossen, ihn aus dem Versorgungsbereich Eschelbach-Kernstadt herauszunehmen, wodurch auch hier der Härtegrad von weich auf mittel ansteigt. Auch andere Ortsgemeinden sind in verschiedene Versorgungsbereiche aufgeteilt.
Auf Ersuchen der Stadt hatte sich bereits 2021 der für die Wasserversorgung zuständige Werkausschuss der Verbandsgemeinde erneut mit der Wasserversorgung im Stadtgebiet beschäftigt. Die Ausschussmitglieder sahen dabei jedoch keinen Anlass, die bisherige Beschlusslage in Zweifel zu ziehen, die eine Versorgung unabhängig von politischen Verhältnissen nach den Grundsätzen der Versorgungssicherheit, der Nachhaltigkeit, des Umweltschutzes und der Wirtschaftlichkeit vorsieht.