Mehr sichtbare Polizeipräsenz und gemeinsame Kontrollen von Stadtpolizei (Ordnungsamt), Landes- und Bundespolizei besonders in den Angsträumen und Angstzeiten, die Verbesserung der Aufenthaltsqualität auf dem Bahnhofsplatz, ein aktives Vorgehen gegen Poser und nicht zuletzt eine Müllkampagne. Das sind Maßnahmen, die der Abteilungsleiter der Örtlichen Ordnungsbehörde, Andre Tamoschus, vorschlägt. Er beschäftigt sich nicht nur in seiner beruflichen Tätigkeit mit diesem Komplex, sondern hat sich im Rahmen seiner Masterthesis dem „Subjektiven Sicherheitsgefühl und persönlichen Angsträumen in Limburg vor und während der Corona-Pandemie zwischen 2018 und 2021“ angenommen.
Wie lässt sich das subjektive Sicherheitsgefühl in Limburg verbessern? Die Frage, die der Abteilungsleiter in seiner Arbeit nachging, ist in Limburg nicht neu. Zum ersten Mal gab es dazu im Jahr 1994 eine Abfrage, 1999, 2010 und 2017 folgten weitere Befragungen, alle unter der fachlich-wissenschaftlichen Begleitung von Gerhard Schmelz, der als Professor die Fächer Kriminalistik und Kriminologie an der Verwaltungsfachhochschule in Wiesbaden lehrte und auch die Masterthesis begleitete. Vor allem bei der Umfrage 2017 zeigte sich gegenüber 2010 eine deutliche Verschlechterung im subjektiven Sicherheitsempfingen der Limburger.
Eine weitere Verschlechterung blieb bei der nun vorgenommen Umfrage aus. „Das ist ja schon mal ein Erfolg – allerdings ist auch noch einiges zu tun“, so der 1. Stadtrat Michael Stanke. Nach seinen Angaben hat die Stadt die Umfrage und die Masterthesis des Abteilungsleiters unterstützt, „denn wir als Stadt profitieren von dieser Arbeit“. Die Kosten für die Umfrage hat die Stadt getragen. Für das Masterstudium gab es eine Freistellung von einem Tag pro Woche.
Für den 1. Stadtrat ist klar, dass es Handlungsempfehlungen gibt, die seine uneingeschränkte Zustimmung oder auch die von Bürgermeister Dr. Marius Hahn finden, zum Beispiel die Forderung nach mehr Präsenz der Polizei in der Limburger Innenstadt und eine Sichtbarkeit der Wache am Bahnhof. Allerdings sind nicht alle Maßnahmen 1 zu 1 umsetzbar.
Wie Tamoschus in seiner Arbeit zu Beginn betont, sind das subjektive Sicherheitsgefühl der Limburger und die objektive Kriminalitätslage nicht im Einklang. Das Gefühl der Unsicherheit, die Beschreibung von Angsträumen sowie die Vermeidung von solchen Orten stehen im Widerspruch zu den Zahlen der Polizei, die in ihrer Kriminalstatistik auf zurückgehende Zahlen von erfassten Strafdelikten und auf eine Aufklärungsquote verweisen kann, die mit fast 70 Prozent deutlich über dem Landesdurchschnitt liegt.
„Die Furcht, Opfer einer Straftat zu werden, ist dennoch spürbar vorhanden“, macht der Verfasser der Masterthesis deutlich. In der Umfrage von 2017 gaben 37,7 Prozent derer, die sich an der Befragung beteiligten, an, dass sich die Situation in Limburg für sie deutlich verschlechtert habe. Zudem gaben noch weitere 24,4 Prozent an, die Situation habe sich für sie etwas verschlechtert hat.
Insgesamt 4000 Limburger Bürgerinnen und Bürger im Alter ab 14 Jahre, per Zufallsprinzip ausgewählt, wurden im vergangenen Jahr angeschrieben und hatten die Möglichkeit, an der jüngsten Befragung analog oder online teilzunehmen. 766 komplett ausgefüllte Fragebogen gingen in die Auswertung ein, die einen repräsentativen Charakter hat. Abgefragt wurde in verschiedenen Kategorien nach Faktoren, die ein Unsicherheitsgefühl auslösen, nach Angstgründen und Angsträumen und auch nach Vorschlägen, um das subjektive Sicherheitsgefühl beim Aufenthalt in der Innenstadt zu verbessern. Die vorher schon bestehenden Angsträume wie Bahnhofsplatz oder Innenstadt wurden dabei bestätigt, mit dem Lahnufer und der Altstadt sind sogar neue hinzugekommen, die von einer kleinen Zahl angeführt werden.
„In der Umfrage von 2022 geben etwas über 18 Prozent der Teilnehmenden an, dass sich das subjektive Sicherheitsgefühl verschlechtert hat, davon fast fünf Prozent mit stark verschlechtert. Dem gegenüber stehen 19 Prozent, die von einer Verbesserung berichten. Über 54 Prozent geben an, dass sich ihr subjektives Sicherheitsgefühl nicht verändert hat“, berichtet Tamoschus von dem Umfrageergebnis. Sehr deutlich sind die geäußerten Erwartungen im Hinblick auf Polizei und Ordnungsamt: Präsenz wird gefordert, sowohl von der Polizei (75 Prozent der Befragten) wie auch vom Ordnungsamt (50 Prozent).
„Hier formulieren wir schon seit Jahren gegenüber dem Land Hessen den Wunsch nach einer stärkeren Präsenz der Polizei in der Limburger Innenstadt und mehr Stellen für die Polizeidirektion Limburg“, verdeutlicht Stanke. Das Ordnungsamt der Stadt ist nach seinen Angaben in den vergangenen Jahren deutlich verstärkt worden, jedoch könne die „Stadtpolizei“ nicht die Aufgaben der Landes- oder der Bundespolizei übernehmen. Angedacht werden müsse auch eine stärkere Einbindung der Bundespolizei, die für den Bereich Bahnhof originär zuständig ist. „Eine gemeinsame und sichtbare Wache am Bahnhof würde Wirkung erzielen“, ist Stanke überzeugt. Wichtig bei einer wahrnehmbaren Präsenz ist natürlich, dass sie nicht nur in den Angsträumen wahrnehmbar ist, sondern auch zu den Angstzeiten, also in den Abend- und Nachtstunden.
Eine wichtige Erkenntnis aus der Umfrage setzt Tamoschus in seiner Masterthesis als Handlungsempfehlung um: Aufwertung des Bahnhofplatzes mit deutlicher Verbesserung des Images. Dabei greift er auch auf Vorschläge aus der Sozialraumanalyse der Hochschule Rhein-Main zurück: Aufenthaltsqualität verbessern, Sauberkeit erhöhen, Veranstaltungen, Marktstände und kulturelles Programm auf den Platz bringen, spezielle Angebote für Kinder, Familien und Senioren schaffen. Allerdings ist der Bahnhofsplatz vor allem in den Abend- und Nachtstunden ein Angstraum. Deshalb, so die Empfehlung, benötigt der Platz eine Aufwertung auch in diesen Zeiten.
Ein wichtiges Thema im Empfinden der Bürgerinnen und Bürger ist der überall in der Stadt vorhandene Müll. Zwar ist die Straßenreinigung der Stadt täglich unterwegs und leert die überall aufgehängten Mülleimer, doch der Flut an Verpackungsmülls und der weggeworfenen Behältnisse der „To-Go-Gastronomie“ ist keine geregelte Müllentsorgung gewachsen, da vieles achtlos weggeworfen wird oder, zum Beispiel bei Bauschutt oder Grünschnitt im Wald, auch sehr bewusst illegal entsorgt wird. Hier gibt es die Handlungsempfehlung einer Müllkampagne, möglichst in verschiedenen Sprachen, um die Bevölkerung zu sensibilisieren, dass sie es letztlich ist, die den Müll illegal entsorgt und wegwirft und somit Angsträume schafft.
Ein weiteres Thema in der Limburger Innenstadt sind die Poser, die zu bestimmten Zeiten mit ihren Autos sehr lautstark und auffällig unterwegs sind. Hier schlägt der leitende Mitarbeiter des Ordnungsamts in seiner Arbeit vor, dem Problem mit verstärkten Kontrollen durch Polizei und Ordnungsamt zu begegnen. Im vergangenen Jahr wurde mit der Umsetzung eines Konzepts zur Bekämpfung von Posern bereits begonnen, das soll in diesem Jahr fortgesetzt werden. Ziel müsse es sein, mit Buß- und Zwangsgeldern sowie Sicherstellungen und Gefährderanschreiben derartige Fahrten und damit einher gehende Belästigungen zu unterbinden. „Das Vorgehen gegen diese Szene ist nicht einfach, aber es gibt Beispiele wie in Mannheim, wo es funktioniert hat“, macht Tamoschus deutlich.
Im vergangenen Jahr ist die Videoschutzanlage in der Innenstadt auf den Neumarkt, Bereich der Bahnhofs- und Werner-Senger-Straße sowie des Europaplatzes und des Serenadenhofes erweitert worden. Die Folge: Die Situation rund um die Pusteblume auf dem Serenadenhof hat sich deutlich entschärft, der Rauschgifthandel findet zumindest dort nicht mehr in dem bisherigen Ausmaß statt. Über 55 Prozent der an der Befragung Teilnehmenden haben angegeben, dass die Erweiterung der Videoschutzanlage das Sicherheitsgefühl positiv beeinflussen wird. Die Umfrage wurde vor der Erweiterung vorgenommen.
In der Masterthesis wird auch darauf hingewiesen, dass die Stadt in der Vergangenheit vielfach Anstrengungen unternommen hat, um das subjektive Sicherheitsgefühl in der Innenstadt zu stärken. Dazu zählen unter anderem: Einstellung von weiteren Hilfspolizisten und Erweiterung der Einsatzzeiten, Einstellung von Streetworker und Sozialarbeiter, fünf Notrufsäulen wurden aufgestellt, die Videoschutzanlage wurde erweitert, es gibt eine Zusammenarbeit mit Polizei und BAO Bahnhof und ihrer Fortsetzung mit dem „Sicheren Limburg“, die Verkehrsüberwachung wurde verbessert und für den Bahnhofsplatz ist eine Sozialraumanalyse erstellt worden. (Quelle Stadt Limburg)