Von Steinchenjägern und den Kuscheltieren, die den Beichtraben treffen
Seit drei Jahren wird auf dem Gebiet der neuen Pfarrei Liebfrauen Westerburg ein neues Konzept zur Vorbereitung auf die Erstkommunion praktiziert – unter anderem wird die Heilige Messe praktisch erklärt. „Früher war alles vor Ort“, blicken viele Eltern und Gläubige in der neuen Pfarrei Liebfrauen Westerburg zurück. Sie ist 2016 als „Pfarrei neuen Typs“ aus zehn Kirchorten (ehemaligen Pfarreien) gegründet worden. Die Zahl der Erstkommunionkinder wird weniger. Doch durch die neue Pfarrei und die vermehrte überörtliche Kooperation, zum Beispiel durch den zentralen Sternsingergottesdienst oder den gemeinsamen Gottesdienst zum Ersten Fastensonntag, machten die Kinder und ihre Familien die Erfahrung: „Wir sind nicht allein. Wir sind viele“, blicken Pastoralreferentin Dorothee Bausch und Gemeindereferentin Birgit Hübinger auf die Vorbereitung der vergangenen drei Jahre zurück.
Gemeinschaft erleben
Beide sind sich sicher: „Gerade auf das Gemeinschaftserlebnis kommt es an!“ Es sei nicht sinnvoll, den Gottesdienst in der Katechese allein theoretisch zu erklären. „Der muss gefeiert werden!“ Neben den obligatorischen Vorstellungsgottesdiensten sind vier katechetische Gottesdienste verpflichtend. Diese werden jeweils zusammen mit der Gemeinde gefeiert. Themen sind die vier Teile der heiligen Messe: Eröffnung, Wortgottesdienst, Eucharistiefeier und Abschluss. Auch viele Gottesdienstteilnehmer finden es sympathisch, auf diese Weise in die Kommunionvorbereitung mit eingebunden und beteiligt zu sein. Gleichzeitig werde das Wissen um die Bedeutung der liturgischen Worte und Handlungen bei den Erwachsenen aufgefrischt.
Kommunionkreuz selbst gestalten
Für jedes Mitfeiern eines Gottesdienstes erhalten die Erstkommunionkinder ein Mosaiksteinchen, mit dem sie ganz individuell ihr Erstkommunionkreuz verzieren dürfen. „Das hat das Sammelfieber geweckt“, sind die beiden Pastoralen Mitarbeiterinnen über die Begeisterung der Kinder beeindruckt. Früher habe es nur die Empfehlung gegeben: „Geht jeden Sonntag zur Kirche!“ Das sei selbstverständlich nicht aufgehoben. Aber durch die neue Art und Weise der Vorbereitung ist den Kindern auch ein innerer Antrieb und ein echtes Interesse anzumerken. „Die Kinder gehen dann sogar zu Andachten, Friedhofssegnungen und Totengebeten.“ Alles Gottesdienstformen, die nicht primär auf die Zielgruppe der Kinder vorbereitet und ausgerichtet werden. Dieses positive Echo habe es vorher in dem Maße nicht gegeben, sind sich die Kolleginnen sicher.
Viele Auswahlmöglichkeiten
Wenn die Eltern am ersten Infoabend den vorab vollständigen und gut strukturierten Terminfahrplan für die Erstkommunionvorbereitung in den Händen halten, ist manchmal ein leichtes Ächzen zu vernehmen: das seien aber viele Termine. Doch im Rückblick meldeten viele Familien zurück: so viel sei es gar nicht gewesen. Durch die größer gewordene Pfarrei gibt es viele Angebote in verschiedenen Orten, auf die die Kinder und ihre Familien bei Terminkollisionen ausweichen können. Diese Möglichkeiten der Auswahl habe es vorher so nicht gegeben, betonen beide den Servicegedanken.
Nicht überfordern
Ein wichtiger Leitgedanke ist den Seelsorgerinnen, die Familien angesichts vieler veränderter Lebenswelten, besonders für Alleinerziehende oder Patchworkfamilien, nicht zu überfordern. Sie können für die verpflichtenden Vorbereitungselemente in der Regel unter zwei Terminen wählen
Der Vorstellungsgottesdienst, bei dem teilweise die Väter sich in eine Art Heimwerker- und die Mütter in eine Art Kreativwettstreit hineinsteigerten, hat ebenso ein anderes Gesicht bekommen wie die Vorstellungswände der Kinder.
An einem Wochenende vor den Herbstferien stellen sich alle Kommunionkinder der Pfarrei in ihren Ortsgemeinden der Gemeinde vor. Sie zeigen ihr Gesicht und nennen ihren Namen. „Das ist für viele Kinder eine große Herausforderung. Doch mit der Unterstützung einer vertrauten Person, wie zum Beispiel der Pate, Eltern, Geschwister, oder ein älterer Freund schafft es jedes Kind“, zeigen sich die Seelsorgerinnen zufrieden. Das Kreuz mit dem Halbedelstein in der Mitte steht für die Gemeinschaft mit Jesus, und ein guter Wunsch der Begleitperson begleitet die Kinder auf ihrem ganz eigenen Weg des Glaubens.
Während der Vorbereitungszeit geht es nicht darum, dass alles viel prächtiger, höher und schöner aussieht und sich die Kinder präsentieren, sondern dass sie „ihren“ Ort, „ihre“ Gebetsecke in der Kirche ihres Ortes gestalten“, erklärt Bausch das Anliegen, Familien und Kinder zu beteiligen. Denn während der Vorbereitungszeit werde diese gestaltete Ecke in der Kirche immer wieder mit einbezogen. „Die klassischen Vorstellungsplakate finden sich deshalb immer weniger in den Kirchen der Pfarreien. Denn so verschieden die Kinder und Gruppen sind, so unterschiedlich zeigen sich auch die Gebetsecken der Kinder“, weiß Bausch.
Qualität statt Quantität
Als wichtigstes religionspädagogisches Ziel formulieren beide folgendes: „Die Kinder sollen verstanden haben, was am Tag der Erstkommunion und darüber hinaus bei jedem weiteren Kommunionempfang mit ihnen geschieht: dass sie Jesus selbst empfangen und durch die Kommunion mit ihm und mit der Kirche verbunden sind.“ Nicht die Menge, sondern die Qualität der Vorbereitungszeit seien ausschlaggebend: sechs ehrenamtlich geleitete Katechesen seien genug. Hinzu kommen zwei soziale Projekte wie die Vorbereitung und Durchführung des Krippenspiels und der Sternsingeraktion.
Gutes Gefühl
Auf die Erstbeichte werden die Kinder auch durch den Besuch im Pfarrhaus vorbereitet. Dazu meint Pfarrer Ralf Hufsky: „Das mache ich seit vielen Jahren so – auch wenn das schon ein erheblicher Aufwand ist, bis zu hundert Kinder und Katechtinnen zu empfangen und zu bewirten. Aber durch die kindgerechte Hausführung, die persönliche Ansprache und das Beisammensein im Wohnzimmer werden Ängste abgebaut. Dabei hilft besonders auch „Karlchen“ der Bet- und Beichtrabe. Weil Kinder in diesem Alter alle noch Kuscheltiere haben, dürfen sie zu der Beichte dann auch ein eigenes Kuscheltier mitbringen. Denn Kuscheltiere und Beichtpriester haben einiges gemeinsam: beide verraten niemals ein Geheimnis, beide können Trost geben und der Priester kann sogar im Namen Jesu die Sünden verzeihen.“
Deshalb ist die Beichte beim Übernachtungswochenende auch nur ein Punkt unter vielen spannenden Aktionen. So gehen die Kinder mit einem guten Gefühl nach Hause. Und das ist auch insgesamt das Grundanliegen, dass die Kinder sagen: es war eine gute Zeit, die Zeit der Vorbereitung auf die Erstkommunion.