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DER ARBEITSMARKT IST FÜR ÄLTERE MIT VIELEN HERAUSFORDERUNGEN VERBUNDEN

WW / Höhr-Grenzhausen. Die vielen Babyboomer sind auf dem Westerwälder Arbeitsmarkt nach ihrem Ausscheiden aus dem Berufsleben nicht zu ersetzen! Eine Folge: Ältere müssen länger an den Betrieb gebunden werden, müssen länger arbeiten. Aber von den Älteren zu erwarten, dass sie länger arbeiten, ohne die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, kann nicht funktionieren! Dies war ein Ergebnis eines weiteren „WW-Seniorentalk“ zum Thema „Arbeitsmarkt für Ältere im Westerwald“. Dazu hatte das Netzwerk Senioren-Rat Westerwald (SaReWe) in das Hotel Zugbrücke in Grenzau eingeladen.

Als Gastgeber wies Zugbrücke-Geschäftsführer Olaf Gstettner in seiner Begrüßung darauf hin, dass die Erfahrung der älteren Beschäftigten bei seinen 190 Mitarbeitenden immer wichtiger werde. Die älteste Mitarbeiterin sei 77 Jahre alt, die jüngsten 60 Jahre jünger. „Früher hieß es in der Gastronomie oft, die über 50-jährigen könne man nicht mehr gebrauchen, heute ist klar, dass es ohne deren Erfahrung und Einsatz nicht geht“ so Gstettner. Diese Altersgruppe werde auch in der Gastronomie zunehmend wichtig und unersetzlich.

Von der regionalen Agentur für Arbeit Montabaur war Roland Weimer an den Brexbach gekommen. Er machte deutlich, dass die Arbeitslosigkeit Älterer in den vergangenen vier Jahren langsamer gestiegen sei als die aller Arbeitslosen. Auch sei es wichtig, bei der Beschäftigung Älterer auf die positiven Effekte wie beispielsweise Berufserfahrung, Sozialkompetenz und Loyalität hinzuweisen. „Die Arbeitgeber werden in den kommenden Jahren verstärkt auf ältere Arbeitnehmer/innen setzen müssen, da es an Nachwuchs mangelt“, so der Leiter des Arbeitgeberservice. Er wies darauf hin, dass die Arbeitsagentur durch Lohnzuschüsse und Qualifizierungen notwendige Weichenstellungen in den Betrieben fördern könne. 

Aus einem großen heimischen Industrieunternehmen, der Steuler Gruppe mit Sitz in Höhr-Grenzhausen, war dessen Personalleiterin Tanja Demko dabei. Sie berichtete über Anstrengungen des Unternehmens, die vielen Stellen für Monteure im In- und Ausland nachzubesetzen (Steuler beschäftigt insgesamt 2.400 Mitarbeitende, davon weltweit etwa 800 Monteure). Das sei zwar eine gut bezahlte, aber auch belastende und oft unangenehme Arbeit. „Wir tun viel, um diese so zu gestalten, dass unsere Leute möglichst lange im Betrieb bleiben können“, so Demko. Neben einer Qualifizierung zum Einstieg seien beispielsweise Unterstützung bei gesundheitlichen Problemen ebenso möglich wie eine Reduzierung der Stundenzahl mit fortschreitendem Alter.

Natürlich ist das Problem auch im Handwerk angekommen. „Mit dem Ausscheidenden jedes erfahrenen Mitarbeiters oder Mitarbeiterin geht viel Fachwissen im Betrieb verloren“, stelle Erika Leyh von der Handwerkskammer Koblenz gleich zu Beginn ihres Statements fest. Deshalb müsse bei den Rahmenbedingungen von Arbeitssicherheit und Gesundheitsvorsorge bis zu Arbeitszeitmodellen alles getan werden, um die Leute bei oft körperlich anspruchsvollen Berufen lange beschäftigen zu können, so die für den Westerwald zuständige Betriebsberaterin der HWK. Zu bedenken sei auch, dass viele Beschäftigte im Handwerk oft lange arbeiten müssten, weil die Rente sonst nicht reiche.

Auf die Bedeutung der Robotik als fortlaufenden Prozess zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen wies Georg Huf, Seniorchef des Familienunternehmens HUF HAUS mit Sitz in Hartenfels, hin. Als europäischer Marktführer für moderne Fachwerkarchitektur liege der Schwerpunkt eindeutig auf der Ausbildung. „Wenn die Leute gut ausgebildet werden und man gut mit ihnen umgeht, dann bleiben sie dem Unternehmen bei passenden Rahmenbedingungen auch im fortgeschrittenen Alter treu“, so Georg Huf. Da die Arbeit für die Monteure auf den Baustellen in ganz Europa sehr anstrengend sei, könnten sie auf Wunsch bereits ab Mitte 40 in die weniger belastende Produktion wechseln.

Natürlich darf bei einer Betrachtung des heimischen Arbeitsmarktes auch der Sozialbereich nicht fehlen: mit an Bord war für diesen Antje Koch-Gellermann von der Stiftung Scheuern mit Sitz in Nassau an der Lahn, die auch Einrichtungen im Westerwald betreibt. Sie bedauerte zunächst, dass immer weniger junge Menschen in Sozialberufen eine Ausbildung machen möchten. „Wir müssen unsere soziale Arbeit deshalb attraktiver machen, was in der Stiftung bei der Betreuung von Menschen mit Behinderungen durch altersgemischte multiprofessionelle Teams, geeignete Arbeitszeitmodelle und ein gutes Gesundheitsmanagement versucht wird“, so die Leiterin des Personalmanagements für etwa 1.200 Beschäftigte. Der Einstieg oder die Weiterbeschäftigung älterer Kolleginnen und Kollegen, auch nach dem Renteneintritt, sei neben der Gewinnung ausländischer Fachkräfte ein wichtiger Baustein der Personalpolitik. Zunehmend wichtig seien auch Quereinsteiger beispielsweise aus dem Handwerk, die entsprechend für weniger körperlich belastende Tätigkeiten in der Betreuung und Begleitung qualifiziert würden.

Für den SeRaWe als Veranstalter dankte dessen Koordinator Uli Schmidt, der den 2. WW-Seniorentalk auch moderiert hat, für die vielen fachkundigen Beiträge aus der Praxis der eingeladenen Unternehmen und weiterer Gäste. „Noch nie gab es wohl in der Region eine Runde zum Arbeitsmarkt für Ältere im Westerwald, bei der mit mehr Sachverstand und Erfahrung darüber gemeinsam nachgedacht wurde, wie wir im Westerwald und darüber hinaus mit den vor uns liegenden demografischen Herausforderungen auch auf dem Arbeitsmarkt umgehen“, so Schmidt. Dies sei dringend notwendig, da bald jedes Jahr doppelt so viele Ältere in Rente gehen, wie Junge aus den Schulen des Westerwaldes in den Arbeitsmarkt nachrücken. Schmidt wies auf den 3. WW-Seniorentalk am 10.9.2025 in Montabaur hin. Dann geht es in Kooperation mit der Vernetzungsstelle Seniorenernährung RLP um die Ernährung im Alter. Weitere Info gerne unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! (Uli Schmidt)