Kreis Altenkirchen. Sie sind schlau, sie sind putzig, vor allem aber sind sie eines: eine echte Plage. Der Waschbär als invasive Art hat sich auch im Landkreis Altenkirchen stark ausgebreitet und ist mittlerweile zur Bedrohung vieler heimischen Tiere geworden. Ob nun das Gelege eines Rotmilans oder geschützte Amphibien in einem Biotop: Der Waschbär als Allesfresser ist bei der Futterauswahl gnadenlos. Zwar wird man den ungebetenen Einwanderer aus Nordamerika vermutlich nie wieder los, dennoch gibt es Möglichkeiten, die Population stark einzugrenzen. Ein probates Mittel ist die Fallenjagd, die nun auf Initiative der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) der Kreisverwaltung stark ausgeweitet werden kann. Derzeit werden kreisweit 20 Fallen an Jagdausübungsberechtigte für ihre Reviere ausgegeben.
Bei einem Ortstermin in Altenkirchen wurde jetzt deutlich, wie wichtig die Bejagung von Waschbären ist. Christian Heidtmann (UNB), der die Aktion maßgeblich geplant hat, begrüßte dazu Landrat Dr. Peter Enders, den zuständigen Kreisbeigeordneten Fred Jüngerich, Kreisjagdmeister Jörg Wirths, seinen Stellvertreter Benedikt Börgerding sowie Dr. Heiner Nöllgen, Vorsitzender der Kreisgruppe des Landesjagdverbands.
Allein die Entwicklung der Jagdstrecke beim Waschbären zeigt auf, dass sich die Tiere im Westerwald und an der Sieg offenbar sehr wohlfühlen: Wurden im Jagdjahr 2015/16 gerade mal 27 Exemplare erlegt, waren es im letzten 435. Auf eine entsprechende Abfrage von Heidtmann hin, ob Interesse an einer Falle besteht, gab es zahlreiche Rückmeldungen von Revierinhabern. Und zwar so viele, dass gar nicht an alle eine Falle ausgegeben werden kann.
Berücksichtigt wurden vor allem Reviere in Schutzgebieten und sensiblen Orte, wo der Waschbär besonders großen Schaden anrichten kann. Die Fallen sind mit einem elektronischen Meldesystem ausgestattet, das aktuelle Statusmeldungen per App auf die Handys der Jäger schickt. Als Lockmittel haben sich Süßigkeiten wie Nutella, Lebkuchen oder Kekse bewährt. Ganz wichtig: Sollte tatsächlich eine Katze, ein Igel oder ein Hase in die Falle getappt sein, kann unverzüglich die Klappe zurück in die Freiheit geöffnet werden. Ein Waschbär schaut allerdings wenig später in die Mündung einer Jagdwaffe.
„Er ist einfach ein unfassbar großes Problem für unser Ökosystem. Unsere heimische Tierwelt ist in keiner Weise auf ihn angepasst“, betont Heidtmann. Waschbären können ebenso gut klettern wie schwimmen, was bedeutet, dass potenzielle Beute weder in Bäumen noch im Wasser vor ihnen sicher ist. Das Ziel der UNB ist ein sogenanntes „gezieltes Prädatorenmanagement“ zum Schutz von naturschutzfachlich wertvollen Gebieten und Arten sein.
„Die Übergabe der Fallen ist daher ein wichtiger Beitrag für den Artenschutz, die Zahlen belegen eindeutig, dass Zeit zum Handeln ist“, ergänzte Kreisbeigeordneter Jüngerich. Auch nach Meinung von Landrat Enders handelt es sich hier um eine maximal sinnvolle Investition aus Mitteln des Kreises: „Zwar wollen es viele Kritiker nicht verstehen, aber das hier ist ein gutes Beispiel dafür, dass die Jagd und der Naturschutz Hand in Hand gehen.“
Ein großes Dankeschön an die Untere Naturschutzbehörde kam daher auch von den Vertretern der Kreisjägerschaft. „Wir kämpfen ja oft genug mit gesetzlichen Vorgaben, daher ist eine solche Initiative auf lokaler Ebene nur zu begrüßen“, erklärte Benedikt Börgerding. Er erhält übrigens auch immer mehr Anrufe von Privatleuten, wenn Waschbären sich an Bio-Tonnen oder an Katzenfutter auf der Terrasse zu schaffen machen. Zudem können Waschbären erhebliche Gebäudeschäden, wenn sie durch Dachluken oder loses Mauerwerk „einsteigen“.
Die Jäger werden der Naturschutzbehörde Rückmeldungen geben, wie viele Tiere in die Falle gegangen sind. Ohnehin möchte Heidtmann diese Art der Bejagung mit dem Stempel „Nachhaltigkeit“ versehen. Ob es auch künftige eine finanzielle Förderung seitens des Kreises gibt, ist noch offen. Aber eventuell werden auf diese Weise mehr Jäger motiviert, ebenfalls mit der Fallenjagd zu beginnen - und so die heimische Tierwelt zu schützen.