Vom Ober- und Unterwesterwaldkreis zur Wäller Einheit
Der Westerwaldkreis feiert in diesem Jahr ein ganz besonderes Jubiläum: Er wird 50 Jahre alt. Entstanden ist er 1974 durch die Zusammenlegung vom damaligen Oberwesterwaldkreis mit dem Unterwesterwaldkreis. Dabei war „die Geburt des Westerwaldkreises bei weitem nicht so einfach wie bei anderen Landkreisen“, betonte Landrat Achim Schwickert in der letzten Sitzung des Kreistags. Im feierlichen Rahmen berichtete er über dessen Entstehung und Entwicklung.
„Während man sich im Unterwesterwaldkreis eine Kreiszusammenlegung mit dem Oberwesterwaldkreis und eine Kreisstadt Montabaur durchaus gut vorstellen konnte, sah man das im Oberwesterwaldkreis damals noch ganz anders“, erzählte er. Der Oberwesterwaldkreis war aufgrund seiner Entwicklung der Ansicht, dass er sich selbstständig gut entfalten könne und in Westerburg ging die Sorge vor einem Zentralitätsverlust um. Die eigentliche und endgültige Entscheidung oblag dann aber dem Landtag des Landes Rheinland-Pfalz, der in seiner Sitzung am 27. September 1973 darüber abstimmte. Mit Inkrafttreten des 15. Landesgesetzes über die Verwaltungsvereinfachung im Lande Rheinland-Pfalz wurden die bisherigen Kreise Ober- und Unterwesterwald aufgelöst und der Landkreis Westerwald mit Verwaltungssitz in Montabaur neu gebildet. Er hatte im Jahre 1974 eine Fläche von 989 km², 191 Städte und Gemeinden, zehn Verbandsgemeinden und 166.500 Einwohner. Der Schuldenstand betrug 21,5 Millionen Euro, was einer Pro-Kopf-Verschuldung je Einwohner von rund 129 Euro entsprach.
Westerwaldkreis startet durch
Bei der konstituierenden Sitzung des neu gewählten Kreistages stand die Umbenennung des Landkreises Westerwald in „Westerwaldkreis“ auf der Tagesordnung. Dieser Antrag wurde vom Innenministerium „aus Gründen des Gemeinwohls“ in einer Verfügung bestätigt. Zudem wurde in der Sitzung Dr. Norbert Heinen zum Landrat ernannt. „Damit waren alle notwendigen Entscheidungen zum Start des Westerwaldkreises getroffen und man konnte an die Arbeit gehen“, so Landrat Schwickert.
Wichtigste Aufgabe war zunächst, den neu geschaffenen Landkreis zusammenzuführen und ihn zusammenzuhalten. Dabei wurde stark auf Investitionen gesetzt und der Grundstein für wegweisende Maßnahmen gelegt. Dazu gehörten der Bau der Krankenpflegeschule am Krankenhaus in Hachenburg, der Ausbau des Schulzentrums in Höhr-Grenzhausen inklusive Dreifachsporthalle, das Keramikmuseum Höhr-Grenzhausen, die Förderschule in Höhn, der Neubau der BBS in Montabaur, die Gründung der Kreismusikschule sowie die Planung und der Ausbau für ein Schulzentrum in Westerburg bestehend aus BBS, Gymnasium, Realschule, Hauptschule und Förderschule mit Sportzentrum.
Kernaufgabe war darüber hinaus, die vorhandenen Einrichtungen, Vereine und Verbände entweder zu fusionieren oder zumindest so miteinander zu verbinden, dass dies einen größeren einheitlichen Nutzen brachte. Landrat Dr. Norbert Heinen arbeitete zusammen mit den Kreisgremien nahezu jeden Tag an der Schaffung einer gemeinsamen Identität der Menschen im Kreisgebiet. 1985 übernahm dann Peter Paul Weinert das Amt des Landrates des Westerwaldkreises und erfüllte diese Aufgabe mit großem Engagement und Erfolg bis zum Jahr 2009. Seitdem hat Achim Schwickert die Position des Landrats inne.
Gemeinsam stark
Als besonderen Erfolg und Ergebnis hartnäckiger Arbeit vor Ort sieht Landrat Schwickert die ICE-Strecke mit Bahnhof in Montabaur, in dem 2002 nach 17 Jahren Planungs- und Bauzeit endlich ein Zug Halt machen konnte. Viele Westerwälder Firmen wirkten mit und zahlreiche notwendige Maßnahmen im Umfeld wie der Bau des Parkplatzes, der Zufahrtsstraßen und der Autobahnauffahrten wurden von den Kreisgremien begleitet und mitgetragen. Voraussetzung dafür war, „dass der ganze Westerwaldkreis zusammenhält. Und das hat er getan und dafür bin nicht nur ich sehr dankbar“, führte Landrat Schwickert aus.
Drittgrößter Landkreis in Rheinland-Pfalz mit zweitstärkster Finanzkraft
Beim Betrachten des heutigen Standes kann Landrat Schwickert folgende Zahlen nennen: „Das Kreisgebiet ist mit 989 km² gleich groß geblieben. Es gab keine Eroberungen und keine Verluste, trotz des Versuchs einer kommunalen Gebietsreform. Die Einwohnerzahl liegt zum 30.06.2023 bei 208.653 Einwohnern und damit weit über den von den Wissenschaftlern berechneten Prognosen. Das Ziel, neben den weiterlaufenden Investitionen, auch die Schulden in den Griff zu bekommen, konnte erreicht werden. Wir haben keine Liquiditätskredite und liegen bei einer investiven Verschuldung von 4,1 Millionen Euro, was einer Pro-Kopf-Verschuldung je Einwohner von rund 19,50 Euro entspricht. Einwohnermäßig sind wir der drittgrößte der 24 Landkreise in Rheinland-Pfalz und von der Finanzkraft her gesehen der zweitstärkste.“
Sieben Eckpfeiler für erfolgreiche Vergangenheit und Zukunft
Anschließend richtete Landrat Schwickert den Blick in die Zukunft, auf die allgemeine Lage in der Welt, in Europa und insbesondere in der Bundesrepublik Deutschland und im Land Rheinland-Pfalz, bei der man Gefahr laufen könne, in ein großes Wehklagen einzustimmen. „Das will ich nicht. Das werde ich auch nicht. Es würde ja auch nicht helfen“, betonte Landrat Schwickert. Der Westerwaldkreis habe seine Politik in den vergangenen 50 Jahren kontinuierlich und mit Durchhaltevermögen an sieben Eckpunkten ausgerichtet und dabei durchaus nachhaltige Erfolge erzielt. Diese waren Identität, Kommunale Gemeinschaft, Wirtschaft, Infrastruktur und Bildung, Umwelt, Zusammenleben und Finanzen. Für die Zukunft hielte er es für töricht, diese erfolgreichen Grundsätze, gerade in unsicheren Zeiten, aufzugeben. Ziel müsse aber sein, diese Themenbereiche jeweils an die sich ändernden Rahmenbedingungen anzupassen. „Ein Erfolg an dieser Stelle ist maßgebend dafür, dass die Westerwälderinnen und Westerwälder sich in ihrer Heimat wohlfühlen. Und wenn wir uns in unserer Heimat wohlfühlen und gern hier leben, sind wir selbst die besten Botschafter, wenn es darum geht, anderen Menschen und hier insbesondere Fachkräften unsere Heimat schmackhaft zu machen“, erklärte Landrat Schwickert.
Abschließend dankte er allen, die in den letzten 50 Jahren dazu beigetragen haben, dass es den Westerwaldkreis gibt, und dass er sich so gut entwickeln konnte. Zudem galt seine Anerkennung den aktuellen Kreistagsmitgliedern für ein gutes Miteinander, einen ordentlichen menschlichen Umgang, für demokratische Auseinandersetzungen und gute Beschlüsse sowie Entscheidungen. Den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern dankte er für ein gutes kommunales Miteinander.
Im Rahmen des festlichen Teils der Kreistagssitzung ehrte Landrat Schwickert Johannes Kempf und Hendrik Hering für ihre 30-jährige Zugehörigkeit zum Kreistag. Für 25 Jahre Tätigkeit im Kreistag wurden zudem geehrt: Dr. Stephan Krempel, Dr. Kai Müller, Klaus Müller, Peter Müller und Harald Ulrich.
Für ein feierliches Ambiente sorgte die Kreismusikschule mit ihren Schülerinnen und Schülern sowie Lehrkräften. Ein humoristisches Rollenspiel entlockte so manches Schmunzeln bei den Kreistagsmitgliedern und den zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörern vor Ort. Dr. Stephan Krempel aus Westerburg und Rudolf Schwaderlapp aus Ransbach-Baumbach verdeutlichten dabei nochmals eindrucksvoll in einem Streitgespräch die Unterschiede zwischen den Ober- und Unterwesterwäldern, bevor auch sie zu dem Schluss kamen: „Und so ist, Ihr Mütter und Väter der Fusion, nach fünf Jahrzehnten die stolze Bilanz: Uns Westerwälder bekommt man heute entweder gar nicht oder halt nur ganz. Schluss ist endgültig mit Ober- und Unterwesterwald. Das gibt es höchstens noch als Scherz. Wir alle sind nur noch Westerwälder, haben nur ein Wäller Herz.“ (Quelle Westerwaldkreis)