Kreis Altenkirchen/Daaden. Das Netzwerk für frühe Hilfen und das Kindeswohl im Kreis Altenkirchen wird immer engmaschiger. Unter Federführung der Kreisverwaltung arbeiten zahlreiche Institutionen und vor allem die pädagogischen Fachkräfte daran, dass dieses Netz seine zentrale Aufgabe erfüllt: Kinder sicher aufzufangen, wann immer es die Situation erfordert. Zum stetigen „Knüpfen“ gehören dabei auch die regelmäßigen Netzwerktreffen.
Für die Region Nord hatte Koordinatorin Saskia Müller (Jugendamt) kürzlich ins Bürgerhaus nach Daaden eingeladen. Thema an diesem Nachmittag: „Die Situation von Angehörigen von Suchtkranken – vom stillen Leiden und Funktionieren“. Sucht konkret zu definieren, bleibt dabei eine Gratwanderung: Saskia Müller erinnerte an das gewohnte Feierabend-Bier, den Joint zur Entspannung oder aber den Kauf eines neuen Kleides, obwohl der Kleiderschrank schon überquillt. Merke: Die Grenzen sind auch hier fließend.
Referentin Elke Richter vom Caritasverband Rhein-Wied-Sieg in Betzdorf richtete im Vortrag ihr besonderes Augenmerk auf die Kinder in den betroffenen Familien. Und deren Zahl bewegt sich in Deutschland im Millionenbereich. Laut einer Statistik von 2017 hatten 2,65 Millionen Kinder mindestens ein alkoholkrankes Elternteil. Doch Schnaps, Bier und Co. sind nicht das Suchtproblem Nr. 1. An erster Stelle stehen die Medikamente, dann erst kommt der Alkohol, gefolgt von Cannabis/THC, Glücksspiel und Medienabhängigkeit. Nach Angaben von Elke Richter kommen auf einen Suchtkranken zehn Menschen im Umfeld, die mit den Auswirkungen zu kämpfen haben– nicht nur Angehörige, sondern auch Freunde und Kollegen.
Die Dipl.-Sozialpädagogin informierte die Zuhörerinnen und Zuhörer darüber, wie die Sucht bei Eltern auch Kinder prägt: Die Vernachlässigung könne zur Störung der emotionalen Entwicklung führen; es herrsche eine permanente Stress-Situation, in der Kinder oft genug gezwungen seien, frühzeitig Verantwortung zu übernehmen. Kinder schlüpften dabei in verschiedene Rolle, agierten mal als Helden, mal als Sündenböcke, so Elke Richter. Das grundlegende Problem sei der Mangel an Beständigkeit und Verlässlichkeit. „Kinder brauchen aber berechenbare Eltern“, betonte die Suchtberaterin.
Oft genug werde das Erlebte ins Erwachsenenalter „mitgenommen“ – im Guten wie im Schlechten. „Helferkinder“ strebten später auch helfende Berufe an, es sei aber ebenfalls zu beobachten, dass bei der Partnerwahl wieder ein Suchtproblem auftrete, weil dies ja bekannte Strukturen seien.
Doch was tun, wenn in Kitas, Schulen und andernorts der Verdacht aufkommt, dass Kinder in Suchtfamilien aufwachsen? Aktionismus sei nicht angebracht, erklärte die Referentin. Der Fall solle in Ruhe im Team besprochen werden. Anschließend gehe es darum, zu den Angehörigen ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Eine mögliche Kindeswohlgefährdung müsse immer im Blick behalten werden. „Wichtig ist es, den Kindern einen geschützten Raum anzubieten“, so Elke Richter. (Quelle Kreis Altenkirchen)