Westerwälder Landräte bringen Vertreter der Branche an einen Tisch – Arbeitsgruppe unter Federführung von Handwerks-Präsident Kurt Krautscheid soll konkrete Lösungsvorschläge erarbeiten
Westerwald. Miteinander reden. Das ist meist der erste und vielleicht wichtigste Schritt auf dem Weg zur Lösung eines Problems. Und eben das geschieht jetzt im Westerwald rund um die aktuelle „Holz-Krise“. Auf Initiative von Neuwieds Landrat Achim Hallerbach und organisiert vom Regionalmarketing „Wir Westerwälder“ sind die maßgeblichen Beteiligten der Branche kürzlich in der Stadthalle von Wirges zusammengekommen. Die rund 30 regionalen Vertreter aus Forstwirtschaft, von Sägewerken und der Handwerkerschaft folgten dabei dem Appell von Altenkirchens Landrat Dr. Peter Enders, nicht in die Vergangenheit zu schauen und nachzukarten, sondern konstruktiv nach vorn zu blicken.
Die Dringlichkeit des Themas war dabei auch dem letzten Teilnehmer spätestens in dem Moment klar, als Hallerbach berichtete, dass ihn zahlreiche Hilferufe von Bürgern erreicht haben, die aktuell ein Haus bauen oder dies für die nahe Zukunft planen. „Die Kosten laufen den Menschen davon, Finanzierungen sind akut gefährdet und teilweise bekommen sie überhaupt kein Material mehr, was die Pläne zur Fertigstellung dann völlig über den Haufen werfen kann“, führte er aus und ergänzte, dass das auch für die Handwerker „unschöne Konsequenzen“ hat - sowohl bei der Kalkulation, als auch im Umgang mit den Kunden.
In ersten Vorgesprächen mit Neuwieds Dachdecker-Obermeister Ralf Winn, Gisela Born-Siebicke vom Kreiswaldbauernverein Neuwied, Forstamtsleiter Uwe Hoffmann und dem Chef des großen Sägewerks van Roje, Oliver Mühmel, in Oberhonnefeld-Gierend, sei ihm deutlich geworden, dass man eine Lösung auf der größeren Basis der drei Westerwälder Landkreise suchen muss. „Hier reden wir immerhin von einem Wirtschaftsraum mit 500.000 Menschen zwischen zwei Ballungsräumen“, strich Neuwieds Landrat Achim Hallerbach noch einmal die gemeinsame Stärke heraus. Damit könne man zwar nicht den Weltmarkt beeinflussen, aber vielleicht doch eine Zwischenlösung entwickeln, sagte er und regte an, über ein „regionales Puffer-Lager“ für wichtige Materialien, insbesondere Dachlatten, nachzudenken.
Landrat Hallerbach appellierte an die Teilnehmer, eine regionale Lösung zu finden und zusammenzuarbeiten. „Wir können vielleicht zu einer Lösung kommen, die dazu führt, dass Westerwälder Rundholz hier geerntet und hier verarbeitet dann auch dem heimischen Baumarkt zugeführt wird.“ Wenn dies in einer wettbewerbskonformen Art und Weise und in ausreichend großer Menge gelinge, könnten wir etwas verbessern.
„Ich denke dabei ganz konkret an ein regionales Pufferlager für die wichtigsten und am dringendsten benötigten Holzprodukte, insbesondere Dachlatten und Konstruktionsvollholz. Das wäre ein Ansatz, den wir heute miteinander besprechen und vereinbaren könnten“, so Hallerbach bei seiner thematischen Einführung.
In der anschließenden Diskussion wurde dieser Vorschlag immer wieder positiv aufgegriffen. Denn gerade aus dem Bereich des Handwerks gab es eindringliche Schilderungen, wie existenziell das Problem der teilweise um bis zu 300 Prozent angezogenen Materialpreise ist. „Ich kann in meinem Dachdeckerbetrieb derzeit keinen Auftrag verlässlich kalkulieren“, berichtete Handwerkskammer-Präsident Kurt Krautscheid.
Eine erfreuliche Ankündigung konnte Oliver Mühmel machen, der versicherte, dass van Roje gern mehr für die heimischen Märkte produzieren will und derzeit auch eine neue Anlage zur Herstellung von Dachlatten montiert. „Wir werden ab September mehr bereitstellen“, versprach er, was Dr. Enders als „positiven Ansatz für die Region“ wertete.
Als Geschäftsführer der kommunalen Holzvermarktung machte Martin Gräf deutlich, dass durch Klimawandel und Borkenkäferplage extrem viel Holz eingeschlagen werden musste. „Langfristig werden wir ein Problem mit der Fichte bekommen“, prognostizierte er und mahnte, dass sich auch die regionale Wirtschaft darauf einstellen muss. Ähnlich sprach Johannes Wagner (Forstamt Hachenburg) von einer nie dagewesenen Krise. „Der Westerwald war bisher ein Hochleistungsstandort für die Produktion von Fichtenholz. Er ist es nicht mehr und wird es auch nicht mehr. Der Markt wird sich langfristig verknappen“, sagte er voraus.
Zunächst jedoch muss es, da waren sich die Beteiligten der Runde einig, um eine kurzfristige Übergangslösung gehen, für die noch gewisse Kapazitäten vorhanden sind. „Es geht um eine vorübergehende Entlastung der Region“, fasste Westerwaldkreis-Landrat Achim Schwickert zusammen. „In der beschriebenen Situation, in der alle in ihren Verträgen stecken, müssen wir schauen, ob wir noch Holz haben, das wir an regionale Säger geben können, die es für regionale Handwerker verarbeiten“, beschrieb er den möglichen Weg.
Praktisch geht eben das allerdings kaum in großer Runde. Unter Federführung von HwK-Präsident Kurt Krautscheid soll daher nun eine Arbeitsgruppe gebildet werden, die im kleineren Kreis konkrete Vorschläge erarbeitet und auf den Weg bringt.
„Gemeinsam mit unserem Regionalmarketing ,Wir Westerwälder‘ können wir als Landräte nur Gesprächsfäden aufbauen und verknüpfen. Dabei wollen wir Motor sein“, sagte Neuwieds Landrat Achim Hallerbach und bilanzierte zufrieden: „Das Problem ist erkannt. Der Wille zur Zusammenarbeit war bei allen Teilnehmern feststellbar.“ Und mit Blick auf die vielen Nach-Veranstaltungs-Gespräche in kleineren Kreisen war sich auch „Wir Westerwälder“-Vorstand Sandra Köster sicher, dass mit der Veranstaltung eine gute Grundlage zur Verbesserung der weiteren regionalen Zusammenarbeit gelegt worden ist. „Gemeinsam sind wir stark“, unterstrich sie. (Quelle Wir Westerwälder)