KOBLENZ. Parkplätze, die melden, ob sie frei sind oder nicht. Mülltonnen, die ein Signal geben, wenn sie geleert werden müssen. Räume, die selbst ihr Klima überwachen. Das alles und noch viel mehr ist möglich, wenn eine Kommune zur Smart City wird. Dahinter steckt der Einsatz modernster Technik, zu der auch das Internet of Things, zu Deutsch Internet der Dinge, zählt. Darin kommunizieren Gegenstände untereinander und machen das Leben der Menschen, die mit ihnen leben, einfacher. Wie genau das auch in der Region funktionieren kann, hat jetzt die Unternehmensgruppe Energieversorgung Mittelrhein (evm-Gruppe) vorgestellt. Sie testet seit Anfang des Jahres ein neues Funknetzwerk. LoRaWAN heißt die Technik. Der Begriff steht für Long Range Wide Area Network, also ein Netzwerk, in dem Daten über hohe Reichweiten übertragen werden können und das sich über einen großen geographischen Bereich erstreckt.
„Wir haben bisher sehr gute Erfahrungen gemacht“, erklärt evm-Pressesprecher Marcelo Peerenboom. „Die Technik ist energieeffizient, kostengünstig und hat trotzdem eine hohe Reichweite.“ Zwei Antennen, sogenannte Gateways, hat die evm-Gruppe für den Test auf ihren beiden Hauptgebäuden in der Koblenzer Ludwig-Erhard-Straße und in der Schützenstraße installiert. An sie senden eine Vielzahl von Sensoren in den unterschiedlichsten Bereichen. Rund 1 000 Sensoren kann eine Antenne auslesen. „Diese Technik eröffnet uns ganz neue Möglichkeiten“, so Benjamin Deppe, Leiter Messservice bei der evm-Gruppe, der die technische Bereitstellung geleitet hat. „Gängige Funktechniken wie WLAN, Bluetooth oder 5G stoßen hier an ihre Grenzen; sie sind auch deutlich teurer.“ LoRaWAN sendet auf niedriger Frequenz über hohe Reichweiten und kann damit auch in Gebieten eingesetzt werden, in denen es keinen Mobilfunkempfang gibt. Lediglich die Antenne hat einen Zugang zum Internet und sendet die von ihr empfangenen Daten an ein Portal. Dort können sie, graphisch aufbereitet, von den Nutzern einfach und schnell abgelesen werden.
Die evm-Gruppe testet das neue Netzwerk zunächst in fünf Anwendungsfällen aus den Themenfeldern „Smart City“ und „Smart Grid“, wie Experten ein intelligentes Netz bezeichnen. In einem Testfall geht es beispielsweise um das Raumklima: Sensoren senden in regelmäßigen Abständen die aktuelle Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Diese Technik kann im Gebäudemanagement zum Beispiel bei sensiblen Räumen wie Rechenzentren helfen. Die evm-Netzgesellschaft Energienetze Mittelrhein möchte die Sensoren außerdem zukünftig in Umspannanlagen testen. „Hier ist es wichtig, eine gewisse Temperatur und Luftfeuchtigkeit beizubehalten. So ist der Wartungsaufwand geringer“, so Benjamin Deppe. „LoRaWAN könnte uns dabei helfen. Wir testen die Funktion der Sensoren gerade in unseren Büros. In den Umspannanlagen beginnen wir in den nächsten Wochen.“
Ein weiteres Testfeld für Smart City sind Parksensoren. Diese sind rund und grau und werden auf den zu überwachenden Parkplätzen angebracht. Steht ein Auto über dem Sensor, meldet er, dass der Parkplatz besetzt ist. Die Einsatzmöglichkeiten dieser Technik sind vielfältig: Einerseits können damit Bereiche überwacht werden, in denen auf keinen Fall ein Auto stehen darf - Feuerwehr- oder Rettungszufahrten zum Beispiel. Andererseits bietet die Technik auch Potenzial für Parkplätze vor Ladesäulen für Elektroautos. Die Sensoren könnten mit Ladesäulenfindern verknüpft werden und so in Echtzeit anzeigen, ob ein Parkplatz vor einer Ladesäule frei ist. Das erspart suchenden unnötige Wege. Gleichzeitig können Betreiber von Ladetechnik die Daten der Sensoren mit denen der Ladesäule vergleichen und so ermitteln, ob Autos wirklich auf den Parkplätzen laden oder diesen nur blockieren.
Interessant ist darüber hinaus der Test „Füllstandsanzeige von Müllcontainern“. Mit Ultraschall messen Sensoren den Abstand bis zum Boden der Tonne. Wird Abfall hineingeladen, steigt der Füllstand und der Abstand zwischen Sensor und Boden wird kleiner. Erreicht der Füllstand ein zuvor festgelegtes kritisches Maß, gibt der Sensor ein Signal und informiert damit zuständige Mitarbeiter oder direkt den Entsorgungsbetrieb. So können unnötige Leerfahrten von Abfallfahrzeugen verhindert und Routen bedarfsorientiert geplant werden. Das spart Zeit, Transportkosten und Emissionen.
„Im Verlauf der Tests entstehen immer neue Ideen“, erklärt Marcelo Peerenboom. „Wir sind bereits in Gesprächen mit Kommunen, die ebenfalls Interesse an der Technik haben und ihre ganz eigenen Anwendungsfälle einbringen. So entwickeln wir das Netzwerk gemeinsam weiter.“ Sind die Erfahrungen weiterhin so gut wie bisher, wird die evm-Gruppe die Technik in einen Regelbetrieb überführen und regional ausbauen für eine intelligente Region. (evm)