WW. Die Kultur ist für die Entwicklung ländlicher Räume von übergeordneter Bedeutung. Das gilt ganz besonders für den zwischen den Ballungsgebieten Rhein-Main und Köln-Bonn sowie nahe den Obernzentren Koblenz und Limburg gelegenen Westerwald. Nach 30 Jahren, in denen zwischen Sieg, Lahn und Rhein ein vielseitiges Kulturangebot entstanden ist, ist es Zeit die Entwicklung zu hinterfragen und die Weichen für die Zukunft zu stellen.
Dies fordert Uli Schmidt, der als Vorsitzender der Kleinkunstbühne Mons Tabor und in verschiedenen kommunalpolitischen Funktionen über 3 Jahrzehnte am Aufbau mitgewirkt hat. „Wir müssen erreichen, dass mehr Menschen in unserem ländlichen Kreis an über den Massengeschmack hinausgehenden kulturellen Angeboten teilnehmen“, so Schmidt.
Langjährig in der Region erfolgreiche Formate wie die „Westerwälder Kabarettnacht“ in Oberelbert oder die Weltmusikreihe „Musik in alten Dorfkirchen“ führten zwar oft zu voll besetzten Hallen und Kirchen. „Aber bisher sind nur etwa 15 Prozent der Bevölkerung daran interessiert“, so der Kulturschaffende. Mit hochwertigen Inszenierungen in noch mehr Gemeinden könne die Kultur näher an die Menschen heranrücken und dadurch mehr von ihnen erreichen. Das sei nicht zuerst eine Frage des Geldes, sondern des Engagements vor Ort, wo auf die langjährigen Erfahrungen von Musik-, Gesang- oder Theatervereinen zurückgegriffen werden könne. Notwendig sei allerdings eine flächendeckende Beratung von Leuten aus der Kulturszene durch die Kommunen.
Derzeit ist es sehr positiv, dass im Westerwald eine Landflucht noch nicht in einem die Entwicklungsfähigkeit unserer ländlichen Region gefährdenden Ausmaß festzustellen ist. Damit das auch im Sinne des heimischen Tourismus so bleibt, muss deshalb dafür gesorgt werden, dass in Sachen Kunst und Kultur auch mehr Großveranstaltungen mit überregionaler Anziehungskraft entstehen können. Es darf nicht nur von allen gut gemeinten und oft auch gemachten Kulturangeboten immer mehr geben, sondern es muss mehr koordiniert und weiter an der Qualität und neuen Ideen in der Werbung gearbeitet werden.
Die Voraussetzungen dafür sind gut: Im Westerwald leben viele Künstler, Mäzene, ehrenamtliche und kommunale Kulturmacher, die sich mit Gefühl für die Bedingungen vor Ort und viel Liebe für Land und Leute engagieren. Deren Wirken hat mit dazu beigetragen, dass in der Region kaum ein Anlass ohne ein vermeintliches kulturelles Highlight aufgewertet wird. Egal ob eine Geschäftseröffnung oder das Jubiläum eines Autohauses gefeiert wird: Ohne Kultur geht nix! Immer sind Musiker und Sänger, Theaterleute, Kabarettisten oder Artisten nicht weit. Und das ist gut so!
Um das wirtschaftliche Potential der Kultur aber noch besser nutzen zu können, muss es noch mehr Sponsoren und Mäzene in der Westerwälder Wirtschaft geben. Nur so werden Großprojekte bei klammen kommunalen Kassen zu realisieren sein. Hochwertige Kulturangebote sind aber auch deshalb wichtig, weil sie als weicher Standortfaktor für die Wirtschaft in Zeiten fehlender Fachkräfte immer wichtiger werden. „Kultur sollte wie bei den heimischen Sparkassen ein fester Bestandteil jeder Unternehmenspolitik werden“, fordert Uli Schmidt. Kultur im Westerwald sei also nicht nur für das Wohlgefühl der Menschen und für den Tourismus gut, sondern auch für die Wirtschaft unverzichtbar. Kultur mache die Region stark!
Damit Kultur im ländlichen Westerwald noch besser koordiniert und unterstützt werden kann, schlägt der Kulturaktivist die Gründung eine „Wäller Kulturgenossenschaft“ vor. Jüngst hatte in Altenkirchen eine große Tagung dazu stattgefunden, ob Genossenschaften etwas zur Schaffung und Erhaltung gleichwertiger Lebensverhältnisse auf dem Land beitragen können. „Das Ergebnis“, so Schmidt, „ist eindeutig: sie können“. Warum solle nicht auch mal in der Kulturförderung nach dem bewährten Raiffeisenmotto „Was einher allein nicht schafft das schaffen viele!“ gehandelt werden. (Kleinkunstbühne Mons Tabor)