HUNDSANGEN. Sorgfältig belegt Stephan Würschmidt frische, knusprige Brötchen mit Käse, Schinken und Salat. Er lässt sich dabei nicht aus der Ruhe bringen. Hin und wieder geht sein Blick lediglich in Richtung des Tablets, das vor ihm mit einer Haltung an der Wand befestigt ist. Zuverlässig erledigt der junge Mann seine Arbeit, um den Kunden im CAPpuccino, dem Backshop des CAP-Marktes in Hundsangen, ein leckeres Frühstück zu bereiten: „Es reicht nicht die Brötchen einfach irgendwie zu belegen – sie müssen immer die gleiche hohe Qualität für unsere Kunden haben und sollen heute genauso aussehen wie morgen“, hält er gewissenhaft fest.
Stephan Würschmidt ist einer von derzeit 50 Beschäftigten, die im CAP-Markt in Hundsangen tätig sind. Der Lebensmittelmarkt der Caritas-Werkstätten Westerwald-Rhein-Lahn bietet Menschen mit Behinderung, die nicht erwerbsfähig sind, berufliche Qualifizierung und eine dauerhafte Teilhabe am Arbeitsleben. Jeden Tag werden hier Arbeitsschritte so gestaltet, dass Menschen mit geistiger, körperlicher oder seelischer Behinderung beste Ergebnisse für die Kunden erzielen können.
„Dazu sind zukunftsorientierte Wege bei der Qualifizierung und Bildung genauso wichtig wie die innovative Gestaltung der Arbeitsplätze“, betont Marktleiter Nils Fette. Nach der Anschaffung der automatisierten Kassensysteme im Jahr 2017 bieten daher nun digitale Bildanleitungen zur Herstellung von belegten Brötchen und Backwaren eine deutliche Vereinfachung der komplexen Tätigkeiten.
Arbeiten so zu gestalten, dass jeder Beschäftigte unter Berücksichtigung seiner Interessen und Stärken optimal am Arbeitsleben teilhaben kann, ist den Verantwortlichen der Caritas-Werkstätten Westerwald- Rhein-Lahn besonders wichtig. „Arbeit EINFACH machen“ lautet das Motto in den Einrichtungen der Caritas- Werkstätten. „Branchenübergreifend ist eine zunehmende Komplexität an Arbeitsplätzen zu verzeichnen, auf welche die Beschäftigten vorbereitet werden müssen. Hier gilt es den höheren Anforderungen durch die Möglichkeiten der digitalen Medien zu begegnen“, betont Armin Gutwald, Geschäftsführer der Caritas- Werkstätten Westerwald-Rhein-Lahn. Dabei geht es um die Frage, wie durch digitale Medien – zum Beispiel die konkrete Nutzung von Tablets - Qualifizierungsprozesse für Beschäftigte mit Behinderung genutzt werden können.
Eine Antwort auf diese Frage fanden die beiden Mitarbeiterinnen der Caritas-Werkstätten Laura Witschurke (Bildungsbegleiterin) und Eryka dos Santos Barbosa (Gruppenleiterin). Die beiden Fachkräfte sind sich einig: „In unserem Leben nehmen digitale Medien einen immer größeren Raum ein. Sie sind Informationsquelle ebenso wie Kommunikations-, Orientierungs- und Arbeitsmittel. Und ihre Bedeutung wird weiter wachsen.“ Gemeinsam mit den Beschäftigten mit Behinderung arbeiteten die beiden Mitarbeiterinen intensiv an der Erstellung von Fotos und Videoclips, in denen die Arbeitsgänge hin zum perfekt belegten Brötchen einfach digital visualisiert wurden. „Die fertige Bildanleitung wird dann im Vorbereitungsraum des Backshops via Tablet zur Verfügung gestellt“, erklärt Laura Witschurke.
Für die Menschen mit Behinderungen ein absoluter Gewinn bei ihrer täglichen Arbeit. Sie entscheiden selbst, wie häufig sie sich die Fotos und Videoclips ansehen und in welcher Abfolgegeschwindigkeit. „Die Fotos und Videos werden per Berührung des Touchscreens auf dem Tablet gestartet. Selbstgesteuertes Lernen und Eigenständigkeit im Arbeitsprozess werden auf diese Art gefördert“, erläutert Eryka dos Santos Barbosa. Darüber hinaus ist das Arbeiten mit Anleitungsbildern und -videos nicht an Lese- und Rechtschreibkompetenzen gebunden und setzt keine Voraussetzungen an die Merkfähigkeit der Beschäftigten.
„Bei der Arbeit mit der Tablets wird außerdem der Umgang mit modernen Medien geübt, was wiederum zu mehr Sicherheit im täglichen Leben mit den neuen Medien führt und Barrieren abbaut“, ergänzt Jana Müller vom Sozialen Dienst und unterstreicht: „Mit dem Einsatz digitaler Medien können die Werkstatt- Beschäftigten selbstständiger im Arbeitsalltag werden und erfahren damit ein höheres Maß an Unabhängigkeit, Selbstbestimmung sowie beruflicher und gesellschaftlicher Teilhabe. Diese Chance nutzen wir nun auch im CAP-Markt in Hundsangen.“