In seiner ersten Regierungserklärung warb Ministerpräsident Alexander Schweitzer für ein konstruktives Miteinander, um die Herausforderungen der Zeit zu lösen. Als zentrale neue Projekte nannte er ein 200 Millionen-Förderprogramm Programm für wirtschaftsschwache Kommunen, massive Aufstockungen bei Sprachförderprogrammen in Schulen und ein Paket zum Bürokratieabbau. Er versprach den Bürgerinnen und Bürgern eine offene Kommunikation: „Einige Menschen haben zurzeit das Gefühl, Politik in Deutschland kümmert sich nicht um die Themen, die ihnen wichtig sind. Und nicht wenige finden, dass Politikerinnen und Politiker nicht mehr ihre Sprache sprechen. Ich möchte als Ministerpräsident auch hier im Landtag Klartext sprechen. Mich leitet, was Menschen mit der Familie, mit Kolleginnen und Kollegen, mit Freunden und Freundinnen besprechen“, so Alexander Schweitzer, das seien Themen wie Schule, Rente oder Pflege. „Und natürlich sind das auch Themen, wie wir Geflüchteten helfen können, ohne uns selbst zu überfordern, und wie man für Sicherheit in einer sich verändernden Welt und Gesellschaft sorgen kann.“
Innovationen fördern, um den Wirtschaftsstandort zu sichern
In seiner Rede legte Ministerpräsident Schweitzer einen Schwerpunkt auf das Thema Wirtschaft, da nicht erst seit dem Stellenabbau bei VW oder Thyssen-Krupp sich Menschen wieder um die Sicherheit ihrer Arbeitsplätze sorgten: „Wir werden alles dafür tun, dass Rheinland-Pfalz starkes Industrieland bleibt. Dass die Förder- und Ansiedlungspolitik des Landes erfolgreich ist, zeigen die jüngsten Großansiedlungen in Alzey, Ludwigshafen und in Mainz mit Investitionen in Milliardenhöhe.“ Ein Beispiel sei das US-Pharma-Unternehmen Eli Lilly in Alzey. Allein dort sollten bis zu 1.000 Zukunftsarbeitsplätze entstehen und Medikamente produziert werden, die helfen, Diabetes besser zu behandeln. „Wir haben verstanden, wie wichtig es ist, Wissenschaft und Wirtschaft eng zu verzahnen.“ Um den wichtigen Chemie-Standort in Rheinland-Pfalz zu sichern, werde er noch im November einen Chemie-Dialog ins Leben rufen.
Bürokratie abbauen - 3,5 Millionen Euro für landesweite Einführung von Onlineanträgen
Bürgergeldbeantragung, Wohnsitzanmeldung, KFZ-Anmeldung und viele Leistungen mehr sollen künftig digital gestellt werden können. Der Service wird derzeit im ganzen Land ausgerollt. Dafür wird zusätzliches Personal eingestellt, das die Kommunen bei der Implementierung der digitalen Leistungen vor Ort unterstützt. Dafür stellt das Land jährlich rund 3,5 Millionen Euro bereit.
Wichtig für die Wirtschaft und für alle Bürgerinnen und Bürger sei, Bürokratie abzubauen und Verwaltungsverfahren zu beschleunigen. Dazu habe die Landesregierung ein „Bürokratie-Abbau-Paket“ erarbeitet. „Als ein Beispiel will ich Ihnen Vereinfachungen im Bauordnungsrecht nennen. Dies betrifft aktuell in erster Linie Regelungen, die das Bauen erleichtern und beschleunigen sollen. Im Fokus stehen der leichtere Um- und Ausbau des Gebäudebestandes sowie bessere Investitionsvoraussetzungen in den Neubau, indem neue Bauformen leichter ermöglicht werden. Weitere Vereinfachungen und der Abbau von Standards in anderen Regelungsbereichen werden vorangetrieben werden“, so Ministerpräsident Alexander Schweitzer. Noch im September soll das Paket vorgestellt werden.
200-Millionen-Euro-Förder-Programm für die Zukunft der Regionen
Alexander Schweitzer erklärte, ihm sei der Zusammenhalt der Regionen wichtig und er wisse, wie unterschiedlich die Voraussetzungen für die Kommunen seien. Nicht alle lägen am „Speckgürtel“ der Metropolen. Daher versprach er besonders wirtschaftsschwachen Regionen Unterstützung durch ein neues 200-Milionen-Euro Förderprogramm. Die Mittelbeantragung soll dabei noch niedrigschwelliger funktionieren als beim Klimaförderprogramm KIPKI. Auch das sei ein großer Beitrag zum Bürokratieabbau, so der Ministerpräsident. „Wir wollen diese Kommunen mit unserem Zukunftsprogramm dabei unterstützen, mit Zukunftsinnovationen neue Impulse zu setzen, um sich als lebenswerte, zukunftsfeste, wirtschaftlich erfolgreiche und nachhaltige Heimatorte aufzustellen. Wir erreichen dies, indem wir diese Kommunen dabei unterstützen, Strukturdefizite abzubauen oder deren Folgen abzuschwächen.“ Ein Viertel der Bevölkerung in Rheinland-Pfalz solle davon profitieren.
Gleichzeitig wachse der Umfang des Kommunalen Finanzausgleichs im kommenden Doppelhaushalt um rund 349 Millionen Euro gegenüber dem Haushalt 2024 und überschreite damit in 2026 die 4-Milliarden-Marke. Das sei der höchste Zuwachs der Zahlungen an die Kommunen in den letzten zehn Jahren.
Hinzu komme das 3-Milliarden-Programm „Partnerschaft zur Entschuldung der Kommunen in Rheinland-Pfalz“ (PEK-RP), von dem mehr als 500 Kommunen profitieren.
Sprachoffensive für mehr Bildungsgerechtigkeit
Ministerpräsident Alexander Schweitzer hatte bereits beim Amtsantritt versichert, er wolle das Aufstiegsversprechen erneuern. Jetzt stellt er eine neue Sprachoffensive vor: „Kinder werden künftig mit viereinhalb Jahren zur Schule angemeldet, damit bis dahin genug Zeit zur Förderung in der Kita bleibt. Bei Kindern, die bislang keine Kita besuchen, soll der Sprachstand verpflichtend festgestellt werden. Wenn die Deutschkenntnisse nicht ausreichen, müssen sie an einer Sprachförderung teilnehmen und mindestens 15 Stunden pro Woche die Kindertageseinrichtung besuchen. Ab dem Schuljahr 2026/27 wird stufenweise der Sprachstand aller viereinhalbjährigen Kinder erfasst. Das bedeute bestmögliche Förderung für die Kinder, da so eine individuelle Förderung jedes Kindes möglich werde, so der Ministerpräsident. In einer ersten Stufe wird die Landesregierung rund 350 Kitas in herausfordernder Lage auswählen und dort Sprachbeauftragte bis zu fünf Stunden pro Woche freistellen. „Wo viele Kinder gar kein Deutsch können, können sie auch nicht voneinander die Sprache lernen, dort hilft das Sprachbad alleine nicht. Dafür brauchen wir mehr und gut ausgebildete Fachkräfte für eine gezielte alltagsintegrierte Sprachförderung. Zusätzlich wird es zum Thema Sprache mehr Fortbildungen für das Kitapersonal geben. Wir werden den Kitas für ihre Fortbildungsbudgets deshalb mehr Geld zur Verfügung stellen“, so der Ministerpräsident.
Auch der Übergang von der Kita in die Schule soll verbessert werden: Ab 2025 soll es für Schule einen Überblick über die Fähigkeiten des einzelnen Kindes geben, da Kinder mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen in die Schule kommen. „Dann testen wir grundsätzlich alle Kinder zu Beginn des Schuljahres, um zu wissen, wo sie stehen.“
Ministerpräsident Schweitzer berichtete auch, dass er mit der Leiterin der Gräfenauschule gesprochen habe, in der viele Kinder nicht versetzt werden konnten, weil sie kaum Deutsch sprechen. Hier soll das Rheinland-Pfalz-Modell „First Class“ helfen, bei dem in Deutsch-Intensivkursen die deutsche Sprache erlernt wird und in den Grundlagenkursen der Umgang mit Stift, Schere und Papier geübt und so natürlich auch die Sprache trainiert werde. Auch dafür werde zusätzliches pädagogisches Personal bereitgestellt. An 30 Grundschulen werde das Programm ab diesem Schuljahr starten, weitere 30 in 2025. Ziel sei, „First Class“ landesweit anzubieten, wo es gebraucht werde. Die erste Klasse könne zudem schon jetzt auf zwei Jahre gestreckt werden, weil das Kindern helfe, die trotz intensiver Förderung noch mehr Zeit brauchen. „Wir führen dieses jahrgangsgemischte Lernen mit mehr Zeit im nächsten Schuljahr an acht weiteren Schulen ein, die sich in besonders herausfordernden Lagen befinden. Weitere Schulen werden folgen. Kinder, die voraussichtlich eine längere Grundschulzeit brauchen, bis sie ihr Handwerkszeug beieinanderhaben, erhalten bis zu drei Jahre Zeit in der Eingangsphase.“
Eine Berufsorientierungszeit soll jungen Menschen Einblicke in verschiedene Branchen und Berufe verschaffen. Erfahrene Coaches sollen die Jugendlichen unterstützen, den passenden Ausbildungsberuf zu finden“, so der Ministerpräsident. Gleichzeitig lernten die Betriebe so junge Talente kennen, die sie im klassischen Bewerbungsverfahren möglicherweise übersehen hätten.
Wiederaufbau: ISB schafft direkte Kontaktmöglichkeit bei schwierigen Fällen
„Mir ist es wichtig, dass wir möglichst allen Betroffenen unsere Hilfen anbieten können. Doch nicht immer ist dies bisher gelungen, aus welchen Gründen auch immer. Die ISB wird fortan bei komplexen Fällen, in denen eine weitere schriftliche Kommunikation nicht mehr erfolgversprechend erscheint, eine direkte Kontaktmöglichkeit eröffnen. In geeigneten Fällen werden die Antragstellenden direkt telefonisch mit dem zuständigen Fachbereich in Kontakt treten können, um bestehende Probleme und Unklarheiten möglichst niedrigschwellig aufzulösen. Ergänzt wird dieser Ansatz um Vor-Ort-Termine, die in unregelmäßigen Abständen stattfinden werden“, so Alexander Schweitzer.
Der Wiederaufbau gewinne an Dynamik. Im Bereich des privaten Wiederaufbaus und der Wirtschaftshilfen wurden mittlerweile knapp 1,3 Milliarden Euro bewilligt.
Im Bereich der allgemeinen kommunalen Infrastruktur wurden zum 2. September 2024 bereits 1.355 Anträge auf Wiederaufbauhilfe mit einem Volumen von über 957 Millionen Euro bewilligt. Die Bewilligungsquote beläuft sich bezogen auf die vollständig vorliegenden Anträge auf rund 99,5 Prozent. Binnen eines Jahres konnte die Bewilligungssumme damit nahezu verdoppelt werden. Auch der tatsächliche Mittelabfluss konnte um 50 Prozent deutlich gesteigert werden. „Wir wissen: Beim Wiederaufbau haben wir noch eine Menge zu tun. Wir alle gemeinsam. Ich kann für meine Regierung sagen: Das hohe Niveau des Wiederaufbaus und das hohe Tempo werden wir beibehalten“, konstatierte Ministerpräsident Alexander Schweitzer.
Ein ganz bedeutender Schritt zu mehr Sicherheit in Katastrophenfällen sei das neue Landesamt für Brand- und Katstrophenschutz als zentrale Landesoberbehörde. Dort würden alle relevanten Informationen zusammengeführt, so dass schnellstmöglich ein Lagebild und damit eine verlässliche Handlungs- und Entscheidungsgrundlage vorliege.
Das Landesamt werde einen engen Austausch zu den ehrenamtlichen Strukturen suchen. Wir werden aber auch weiterhin für gute Rahmenbedingungen sorgen. Deswegen startet das Innenministerium sehr zeitnah mit einer Befragung der Ehrenamtlichen im Bereich der Feuerwehr. Allein bei den freiwilligen Feuerwehren gebe es 5.000 Freiwillige mehr als in den vergangenen Jahren.
Bekämpfung des Klimawandels ist Schwerpunkt der Regierung
Aufgrund des Klimawandels müsse auch Rheinland-Pfalz mit häufigeren Extremwetterereignissen rechnen. Das erlebe man aktuell bei den europäischen Nachbarn sowie in Bayern und Sachsen. „Wir haben als Land seit 2000 alleine für den technischen Hochwasserschutz über 720 Millionen Euro ausgegeben. Die Kommunen unterstützen wir ebenfalls sehr intensiv: die Entwicklung von Hochwasserschutzkonzepten fördert das Land mit 90 Prozent. Allein derzeit werden über 1.700 örtliche Konzepte erarbeitet oder sind zur Förderung angemeldet“, so Ministerpräsident Alexander Schweitzer.
Migration regeln, Integration verbessern und innere Sicherheit stärken
Ein Thema, das nicht nur den Küchentisch beschäftige, sondern unsere Gesellschaft auf der einen Seite emotional sehr stark berühre und auf der anderen Seite viele Kommunen an die Grenzen der Leistungsfähigkeit bringe, sei das Thema Flucht und Asyl.
Weitreichende Maßnahmen seien bereits auf den Weg gebracht, um an Außengrenzen und den Binnengrenzen irreguläre Migration einzudämmen. Sie setzten auf temporäre Kontrollen und nicht auf Schließung der Grenzen. „Sicherheit und Freizügigkeit in Einklang bringen, ist für mich und Rheinland-Pfalz wichtig. Gemeinsam mit unseren Nachbarn in Frankreich, Luxemburg und Belgien leben wir am Puls von Europa und Schengen, ob bei der Mobilität, dem Katastrophenschutz oder der Gesundheitsversorgung. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist mir als Ministerpräsident und als Präsident in der Gipfelregion besonders wichtig. Wir müssen aber auch sehen, dass mit den anlassbezogenen Kontrollen an den Grenzen zu Tschechien, Polen, Österreich und der Schweiz seit Oktober 2023 30.000 Geflüchtete, die keinen Bleibegrund hatten, zurückgewiesen werden konnten“, so der Ministerpräsident. Rheinland-Pfalz habe deutschlandweit die schnellsten Verwaltungsgerichtsverfahren mit etwa fünf Monaten. Im Durchschnitt der Bundesländer dauere es bis zu 20 Monate. Über die Notwendigkeit abzuschieben, wenn es kein Bleiberecht gibt, gebe es in der rheinland-pfälzischen Ampel keinen Dissens. Rheinland-Pfalz verstärke die Unterstützung für Kommunen durch die Zentralstelle für Rückführungsfragen (ZRF) und die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD). „Wir werden die Rückführungsstrukturen stärker kanalisieren, um den gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden und schnellere Abstimmungen mit dem Bund zu ermöglichen. Der Vollzug hat hierbei Priorität. Dies soll die Zahl der Rückführungen erhöhen, Fachwissen bündeln und die Effizienz der Zusammenarbeit mit Behörden wie der Landes- und Bundespolizei sowie dem BAMF verbessern. Das Integrationsministerium ist mit den kommunalen Spitzenverbänden dazu im Gespräch“, so der Ministerpräsident weiter.
Zum Abschluss seiner Rede betone Alexander Schweitzer, dass er einen intensiven Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern suche, vor Ort und auch bei TikTok: „Um Rheinland-Pfalz in eine gute Zukunft zu führen, brauche ich Sie alle. Ich bitte Sie, dass wir gemeinsam diesen Weg gehen. Wenn wir gemeinsam Zukunft gestalten, können wir Schutz und Chancen geben.“ (Quelle Staatskanzlei Mainz)