Mainz (ots)
Die Kriminalität bewegt sich wieder auf dem vorpandemischen Niveau. Das fasst die Polizeiliche Kriminalstatistik für das Jahr 2023 in wenigen Worten zusammen. Die Einschränkungen des öffentlichen Lebens haben pandemiebedingte historische Tiefststände hervorgerufen. Seit 2022 steigen die Zahlen aufgrund nicht mehr eingeschränkter Tatgelegenheiten wieder an. Für das Jahr 2023 hat die Polizei insgesamt 255.972 Straftaten registriert. Das ist ein Anstieg um 14.193 Fälle und damit ein moderates Plus von 5,9 Prozent. "Vergleicht man in der Langfristperspektive, liegt der Wert noch immer unter allen Gesamtfallzahlen zwischen 1996 und 2015. Dennoch sehen wir sehr genau hin und arbeiten an einer weiteren Reduzierung der Delikte", sagte Innenminister Michael Ebling.
Mit den gestiegenen Fallzahlen stieg folglich auch die Häufigkeitsziffer, also die Anzahl der Fälle pro 100.000 Einwohner. Sie liegt bei 6.154 (2022: 5.888). Das ist ein Anstieg um 266 bzw. 4,5 Prozent. Trotz der leicht gestiegenen Gesamtkriminalität betrage die Aufklärungsquote 64,5 Prozent und liege damit exakt auf dem gleichen hohen Niveau wie im Jahr 2022, so der Minister. "Wer in Rheinland-Pfalz lebt, lebt weiterhin in einem sehr sicheren Bundesland. Das ist Ausdruck der engagierten und professionellen Arbeit der Polizei, die wir auch weiter stärken. Kürzlich konnte ich den Entwurf eines neuen Polizeigesetzes vorlegen, das gute Rahmenbedingungen für die Polizeiarbeit der Zukunft bieten soll. Gleichzeitig erreichen wir noch in diesem Jahr die Zahl von 10.000 Polizeibeamtinnen und -beamten, so vielen wie noch nie", sagte Ebling. Der vermehrte Zustrom von Geflüchteten und die steigende Gesamtbevölkerungszahl in Rheinland-Pfalz haben auch Einfluss auf die Fallentwicklung in der Kriminalstatistik. "In der politischen Debatte wird der Anteil der nichtdeutschen Tatverdächtigen häufig in unzulässiger Weise vereinfacht dargestellt und instrumentalisiert. Deshalb will ich einen fokussierten Blick auf Straftaten von nichtdeutschen Tatverdächtigen allgemein und Zugewanderten im Speziellen richten", hob Ebling hervor. Insgesamt sind 2023 116.626 und damit 8.177 Tatverdächtige mehr als im Vorjahr registriert worden. Ohne ausländerrechtliche Verstöße waren es 104.587 Tatverdächtige. Knapp Dreiviertel (74,7 Prozent) sind männlich. Nichtdeutsche Tatverdächtige sind in 2023 43.628 registriert worden. Das entspricht einer Zunahme von 18,9 Prozent. Die Zunahme ist allerdings passend zur steigenden Zahl an Zuwanderung im Kern auf ausländerrechtliche Verstöße zurückzuführen. Hauptdelikte abseits dessen sind Ladendiebstähle (+976 Tatverdächtige), Schwarzfahren (+754), Körperverletzungen (+567) und Rauschgiftdelikte (+402). Bis ins Jahr 2021 war ein Rückgang der nichtdeutschen Tatverdächtigen feststellbar. Seit 2022 geht der Trend wieder nach oben. Das gilt aber eben auch für die deutschen Tatverdächtigen. Auch hier ist ein Anstieg um 1.214 auf 72.955 festzuhalten. "Hierbei muss man berücksichtigen, dass vor allem bei den Zugewanderten, eine Teilgruppe der nichtdeutschen Tatverdächtigen insgesamt, im Vergleich zur deutschen Bevölkerung eine andere Geschlechts- und Altersverteilung vorherrscht. Der Anteil an jungen männlichen Personen ist in dieser Gruppe höher. Aus kriminologischer Sicht begehen auch deutsche männliche Jugendliche und junge Erwachsene im Verhältnis zu anderen Alters- und Geschlechtsgruppen mehr Straftaten", ordnete Ebling einen Erklärungsansatz ein. Die Gründe sind insgesamt vielfältig. Diesen müsse man sich aber gesamtgesellschaftlich stellen, Zugänge zum Arbeitsmarkt schaffen, Sprachbarrieren abbauen und ein Ankommen in der Gesellschaft ermöglichen, so der Minister. Gleichzeitig gehe es aber auch darum, Straftaten konsequent zu verfolgen.
"Trotz eines leichten Rückgangs bei den Geldautomatensprengungen in Rheinland-Pfalz rechnet das Landeskriminalamt (LKA) auch in 2024 mit weiteren Sprengungen. Wir nehmen das sehr ernst und koordinieren die Ermittlungen zentral beim LKA mit hoher Priorität", so LKA-Präsident Mario Germano. "Jede Geldautomatensprengung geht mit immensen Risiken für Leib und Leben einher. Daher ist es wichtig, neben den polizeilichen Maßnahmen Tatanreize zu minimieren und das geht nur zusammen mit Banken. Es muss uns gelingen, die Beute unbrauchbar zu machen, etwa durch Färbesysteme. Das LKA unterstützt die Banken mit der Gefährdungsbewertung einzelner Automaten, doch die Umsetzung muss durch die Banken erfolgen. Weil die Täter häufig aus dem europäischen Ausland kommen, um bei uns die Automaten zu sprengen, ist eine Vernetzung und Intensivierung der internationalen Zusammenarbeit ein weiterer wichtiger Ansatz in der Bekämpfungsstrategie", so Germano weiter.
Bei den kinderpornografischen Fällen gab es einen Zuwachs um 377 auf 2.444 (+18,2 Prozent). Jugendpornografie ist in 474 Fällen erfasst. Das stellt eine Steigerung von 24 Fällen dar. Diese Zunahmen resultieren insbesondere aus über Social Media und Messenger-Diensten verbreiteten kinder- und jugendpornographischen Inhalten. Oft erfolgt die Verbreitung unbedacht z. B. durch Schülerinnen und Schüler. Daher ist Aufklärung hier besonders wichtig, denn mit der Weiterleitung erfüllen die Betroffenen zumindest aktuell noch einen Verbrechenstatbestand. "Eine Anpassung des Straftatbestands ist derzeit Teil einer juristischen Debatte. Ich halte es für sinnvoll, hier rechtlich nachzuschärfen und beispielsweise das unbedachte Vorgehen eines Teenagers oder konkret der Lehrerin aus dem Westerwald, die sich nun vor Gericht verantworten muss, von dem eines pädophilen Straftäters auch juristisch zu unterscheiden", stellte Ebling klar. Die Rohheitsdelikte und Straftaten gegen die persönliche Freiheit sind ebenfalls leicht gestiegen. Eine solche Entwicklung kristallisierte sich bereits beim Blick auf die Halbjahresbilanz heraus und hat sich nun bestätigt. Die Steigerung liegt bei 1.631 Fällen oder 3,7 Prozent, was zu einer Gesamtfallzahl von 46.076 führt. Hauptgründe für die Steigerung liegen in einer Zunahme der Körperverletzungen. Hier gab es ein Plus von 804 oder 2,8 Prozent auf 29.397 Fälle. Der Wert der Körperverletzungen liegt allerdings noch immer unter dem Wert des Jahres 2019, statistisch gesehen dem Vor-Pandemiejahr. Auch die Bedrohungen schlagen mit einer Zunahme von 418 Fällen (4,3 Prozent) auf 10.110 Fälle zu Buche. 9.171 der Körperverletzungen (31,2 Prozent) standen im Zusammenhang mit Häuslicher Gewalt. Es sei daher gut, dass Rheinland-Pfalz in der Innenministerkonferenz eine präzisere Definition angeregt hatte, die inzwischen einen genaueren Blick auf die Zahlen in diesem Bereich ermögliche und alle Täter-Opfer-Konstellationen im häuslichen Kontext umfasst, sagte der Innenminister. Die meisten Opfer in diesem Kontext entstehen durch Körperverletzungsdelikte und Bedrohungen. Diebstähle haben mit 62.707 Fällen ein vergleichbares Niveau zum Jahr 2019 (62.195 Fälle) und damit zur Vor-Pandemie-Phase erreicht. "Bei der Aufklärungsquote liegen wir aber mit 35,7 Prozent auf dem Höchststand der letzten zehn Jahre", betonte Ebling. Cybercrime ist ein Deliktfeld, das im Laufe der letzten Jahre an Bedeutung gewonnen hat. Die Fallzahlen sind im Vergleich zu anderen Deliktsgruppen noch vergleichsweise gering, der angerichtete Schaden kann jedoch immens sein. Zur sogenannten Cybercrime gehören Delikte wie Computersabotage, Datenveränderung, das Ausspähen oder Abfangen von Daten und viele andere Tatbestände. Ein Beispiel dafür ist der Cyberangriff im Rhein-Hunsrück-Kreis im vergangenen Oktober. Auch andere Schulen, Firmen und Verwaltungen waren bereits betroffen. Im Jahr 2023 stiegen die Fallzahlen um 716 (+19,6 Prozent) auf 4.376. Häufigstes Delikt ist der Computerbetrug mit 3.937 Fällen. "Dem treten wir mit der Schaffung von Cybercrime-Kommissariaten im Rahmen des Projekts Kribe 5.0 entgegen", hob der Minister abschließend hervor. (Quelle LKA RLP)