In der Verbandsgemeinde Montabaur wurden bereits Maßnahmen im Bereich des Hochwasserschutzes umgesetzt
Wäre eine Flutkatastrophe, wie sie das Ahrtal erlebt hat, auch in der Verbandsgemeinde Montabaur denkbar? Die topografische Lage spricht sicherlich dagegen. Allerdings hat das verheerende Ereignis an der Ahr im Juli vergangenen Jahres gezeigt, dass bislang undenkbare Szenarien plötzlich Realität werden können. Daher sieht man es auch in der Verbandsgemeinde Montabaur als elementar wichtig an, sich mit vorbeugenden Schutzkonzepten zu befassen, um im Ernstfall gewappnet zu sein. Auf Antrag der CDU-Fraktion informierten Fachleute der Verbandsgemeindeverwaltung im Rahmen einer Sitzung des Verbandsgemeinderates, der Ausschüsse für Brandschutz und technische Hilfe sowie Umwelt- und Naturschutz und aller Ortsbürgermeister aus der VG über den aktuellen Stand entsprechender Warn- und Schutzmaßnahmen.
An vielen Stellen in der Verbandsgemeinde Montabaur ist der Einsatz im Bereich der Hochwasser- und Starkregenvorsorge bereits sichtbar. So wie hier am Stelzenbach in Oberelbert. Der zuvor geradlinige Graben (Bild links) wurde verbreitert und mäandrierend neu angelegt (gewundener, kurvenreicher Verlauf). Dabei stand die Renaturierung des Baches im Vordergrund Foto / Quelle VG Montabaur
Dabei ging es nicht nur um den Brand- und Katastrophenschutz (wir berichteten), sondern auch im speziellen um das Thema Hochwasserschutz.
„Die Stärke und die Ausmaße der Katastrophe an der Ahr haben uns damals alle überrascht und schockiert zugleich“, betonte Bürgermeister Ulrich Richter-Hopprich und erinnerte sich noch mal zurück an die Ereignisse im vergangenen Sommer: „Auch für den südlichen Westerwald waren damals zunächst Niederschläge von über 120 Liter pro Quadratmeter vorausgesagt. Was dazu führte, dass wir vonseiten der Verwaltung schon Tage vorher überlegt hatten, welche Vorkehrungen zu treffen sind.“ Bekanntlich nahmen die vermeintlichen Wolken dann doch einen anderen Kurs und die hiesige Region blieb glücklicherweise verschont. „Unser Glück war jedoch stark getrübt, ging es doch zulasten anderer, nämlich der Menschen im Ahrtal“, so Richter-Hopprich. Die dortigen Geschehnisse hätten im Nachhinein nicht nur für eine bislang bundesweit einzigartige Hilfsbereitschaft geführt, sie hätten auch eine Erschütterung bei den Menschen ausgelöst, was deren eigenes Sicherheitsdenken angeht. „Wir leben in einer Zeit, in der wir in festgemauerten Häusern wohnen. Bisher war es so, dass bei einem Starkregenereignis vielleicht mal Wasser im Keller stand. Dass aber ganze Häuser davon schwimmen, das war bislang im Vorstellungsvermögen Vieler nicht enthalten“, sagte der Bürgermeister und wies darauf hin, dass die Aufarbeitung der Flutkatastrophe auch über die Grenzen des Ahrtals hinaus nötig sei. Dabei wird eines ganz schnell klar: Einen völligen Schutz gibt es nicht. „Daher sprechen wir in diesem Zusammenhang mittlerweile auch nicht mehr von Hochwasserschutz, sondern von Hochwasservorsorge“, betonte Ulrich Richter-Hopprich.
Markus Kuch gab anschließend einen Überblick über die Maßnahmen im Bereich des Hochwasserschutzes bzw. der Hochwasservorsorge, die in der Verbandsgemeinde Montabaur bereits umgesetzt wurden und werden. „Das Zusammenspiel in der Entstehung als auch die Eindämmung von Hochwasser- und Starkregenereignissen ist so komplex, dass alle ergriffenen Maßnahmen die Auswirkungen zwar reduzieren, aber nicht vollständig verhindern können“, machte der Leiter des Sachgebietes „Umwelt, Friedhöfe, Bauhöfe“ bei der Verbandsgemeindeverwaltung deutlich. Schon im Jahr 2018 wurden Hochwasser- und Starkregenvorsorgekonzepte für die Ortsgemeinde Niederelbert sowie die Stadt Montabaur einschließlich ihrer Stadtteile erstellt und schließlich 2020 (Niederelbert) bzw. 2021 (Stadt Montabaur) abgeschlossen. Es gebe unterschiedliche Maßnahmen, mit denen Kommunen den Hochwasserschutz verbessern könnten, erläuterte Markus Kuch und nannte verschiedene Beispiele wie die Beseitigung von Hindernissen, die den Abfluss von Regenwasser behindern, die Ausweisung von speziellen Überschwemmungsgebieten im Gelände, die Wahrung von Grenzabständen zu den Gewässern sowie den Bau oder Ausbau von wasserrückhaltenden Einrichtungen wie Deichen, Mauern oder Rückhaltebecken. Ein weiterer wichtiger Punkt im Rahmen der Hochwasservorsorge, so Kuch, sei die Information und Beratung für die Bevölkerung in gefährdeten Bereichen, etwa zu baulichen Schutzmaßnahmen am eigenen Haus.
Ob ein spezielles Hochwasservorsorgekonzept für eine bestimmte Ortsgemeinde Sinn mache, richte sich unter anderem nach der topografischen Lage sowie der Kombination aus oberflächlichem Zufluss aus dem umgebenden Gelände und den vorhandenen Bächen innerhalb der Ortslage, erklärte Kuch und nannte Niederelbert mit seiner Kessellage und gleich drei Bächen als Beispiel, wo ein solches Konzept auf jeden Fall nötig ist. Eine große Hilfe bei der Planung sind hier auch die sogenannten Starkregengefahrenkarten, die vom Landesamt für Umwelt erstellt werden. Sie geben den Fachleuten der Verbandsgemeindeverwaltung Aufschluss über starke Zuflüsse aus dem Gelände. „Diese Informationen sind beispielsweise hilfreich bei der der Ausweisung von Neubaugebieten oder dem Thema Flächenversiegelung. Außerdem helfen sie bei der Priorisierung von Maßnahmen im Rahmen der Hochwasservorsorge“, führte Markus Kuch aus. Anhand einiger Bilder aus verschiedenen Ortsgemeinden zeigte er mögliche Gefahrenpunkte auf, die zu Überschwemmungen führen können.
Gleichzeitig wies er auf bestimmte Orte in der Verbandsgemeinde hin, an denen bereits Maßnahmen im Bereich der Hochwasser- und Starkregenvorsorge umgesetzt wurden. Als Beispiele nannte Kuch unter anderem die Profilierung und Renaturierung von Gräben in Daubach und Horbach, den aufwendigen Gewässerausbau in Bladernheim, die Gewässerrenaturierung des Weiherhellbaches in Niederelbert oder die Gewässerrenaturierung des Stelzenbaches in Oberelbert. Dass die Gewässerunterhaltung in der Verbandsgemeinde Montabaur in den vergangenen Jahren immer stärker in den Fokus gerückt wurde, zeigt auch ein Blick auf die finanziellen Aufwendungen in diesem Bereich. Betrugen die Ausgaben im Jahr 2016 noch circa 36.500 Euro, stiegen die Kosten jährlich an und lagen 2021 bereits bei rund 117.000 Euro.
Dass auch die Verbandsgemeinde-Werke eine wichtige Rolle bei der Hochwasservorsorge spielen, erläuterte Werkleiter Andreas Klute. Bei der Beurteilung einer möglichen Gefährdung für eine Ortschaft müssen unterschiedliche Faktoren berücksichtigt werden, so Klute. Dazu zählen die Gefährdung durch Wasser aus dem Außengebiet (Außengebietsentwässerung), die Gefährdungen durch die Ortsentwässerung (Kanalisation wird überlastet) sowie die zuvor angesprochene Gefährdung durch Gewässer (z.B. Bäche und Flüsse). „Unser Ziel ist es, das Wasser möglichst im Außenbereich zu halten“, sagte der Werkleiter. Dies werde durch die Schaffung von Rückhalteräumen oder Barrieren (z.B. Mulden, Gräben, Wälle, spezielle Wegegestaltung) ermöglicht. Eine weitere Möglichkeit sei es, das Wasser schadlos durch oder an einer Ortslage vorbei zu führen, etwa mithilfe eines sogenannten Trennsystems. Klute berichtete, dass in der Verbandsgemeinde bereits mehrere Maßnahmen zur Reduzierung von Außengebietswasser umgesetzt wurden und nannte als Beispiel den Fremdwasserkanal in Montabaur-Bladernheim. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass in anderen Orten weitere Maßnahmen in Planung seien und dringend umgesetzt werden müssen, „dazu zählen die Fremdwasserentflechtung in der östlichen Ortslage von Daubach sowie die Außengebietsentwässerung und der Aufbau eines Trennsystems in Stahlhofen“.
Dringenden Handlungsbedarf sieht der Werkleiter außerdem im Bereich der Kanalisation. „Die Verbandsgemeinde Montabaur verfügt über rund 400 Kilometer Ortssammler, von denen ein Großteil sanierungsbedürftig ist“, betonte Klute. Das kann zu einem nicht unerheblichen Eintrag von Grund- und Schichtenwasser in den Kanälen und Kläranalgen führe. „Daher ist es dringend notwendig, die Kanäle in naher Zukunft zum Beispiel mithilfe sogenannter Inlinersanierungen wieder auf Vordermann zu bringen“, so Andreas Klute anschließend. In vielen Fällen sei es deshalb wichtig, der Sanierung der bestehenden Kanäle Vorrang einzuräumen vor der Erweiterung der Netze im Rahmen von Gebietsentwicklungen.