Das Keramikmuseum Westerwald und die Nassauische Sparkasse möchten mit dem Förderpreis 2016 und dem Thema „FOKUS GEFÄSS“ dem Material Ton in einem Jahrtausende alten Bereich der archaisch-künstlerischen Darstellung so- wie in einer zeitgenössisch-modern geprägten Dimension Raum geben. Das Arbeiten mit Ton als „einfachem“, heute wie früher aus der Erde gewonnenem Material schreibt Kul- turgeschichte. Archäologische Funde erzählen uns vom Leben unserer Vorfahren und unsere Artefakte werden Generationen nach uns von heutigem Leben Zeugnis ablegen. Die von der Jury einjurierten Arbeiten werden in einer begleitenden Ausstellung gezeigt.
Zweieinhalb Tage beriet die hochkarätige Jury, dann standen die Preisträgerinnen und Preisträger des achten Förderpreises Keramik der Nassauischen Sparkasse (Naspa) fest. Nach einer ersten Auswahl der Fachjury aus Deutschland, Finnland und Taiwan kamen 174 Arbeiten in die engere Wahl für die Vergabe der vier Preise im Gesamtwert von 20.000 Euro. Der Wettbewerb zum Thema „Fokus Gefäß/Focus: Vessel“ erzielte eine Rekord-Resonanz: Fast 500 Künstlerinnen und Künstler aus aller Welt hatten ihre Bewerbung zum regional verankerten und international renommierten Preis eingereicht.
„Das künstlerische Niveau war insgesamt sehr hoch. Aus vielen sehr guten Arbeiten die besten auszuwählen war deshalb keine leichte Aufgabe für die Jury“, so Naspa-Vorstandsvorsitzender Günter Högner. „Den Gewinnern überbringe ich die besten Glückwünsche des gesamten Naspa-Vorstands. Mein Dank gilt dem Keramikmuseum Westerwald unter der Leitung von Monika Gass, das unseren Förderpreis von Anfang an fachkundig begleitet, ebenso den Juroren.“
Preisträgerinnen und Preisträger
Johanna Spath, geboren 1981 in Würzburg, und Maria Volokhova, geboren 1980 in Kiew, werden für ihre Gemeinschaftsarbeit „Bestiarium“ mit einem frei auszusuchenden Werkstipendium (Artist in Residency) im Wert von 5.000 Euro ausgezeichnet. Sie überzeugten die Jury mit einer perfekt inszenierten, Tisch- und Tafelkultur zitierenden Porzellaninstallation. „Giestechniken, Drucktechniken , die unterschiedlichen formalen Aspekte sind Augenschmaus und intellektuelles Kalkül gleichermaßen“, so das Urteil der Jury. „Wir sehen großes Potenzial in der Weiterentwicklung dieser Konzeption.“
Ein weiterer Preis in Höhe von 5.000 Euro geht an Irina Razumovskaya, geboren 1990 in Leningrad. Ihre Gefäßgruppe mit dem Titel „Mist“ bringe die Idee der Transparenz des Materials Porzellan in herausragender Form zum Ausdruck, so die Jury. Die drei zylindrischen Objekte mit kegelförmigem Boden zeichneten sich durch klare Ästhetik und meisterliche Technik aus. Die genannten Künstlerinnen erhalten den Preis für Keramikerinnen und Keramiker unter 35 Jahren, der in einem eigenen Auswahlverfahren bestimmt wird.
Einer der beiden weiteren Preise ohne Altersbeschränkung geht an den Belgier Yves Malfliet, geboren 1962 in Hamme. Die Begründung: Seine Materialcollage „The Birth of a Vessel/Souvenir of my Holy Birth“ inspiriere zum Nachdenken über „guten“ und „schlechten“ Geschmack. Malfliet ist im Bereich „Confrontational Art“ zeitgenössischer Keramik zuhause. Seine Arbeiten zitieren eine Fülle keramischer Fachtermini, sein Wettbewerbsbeitrag versteht sich als zeitgenössische künstlerische Aussage. Diskussion erwünscht!
Ebenfalls mit 5.000 Euro prämiert wird Johannes Nagel, geboren 1979 in Halle. Seine Arbeit besteht aus einer Installation von Vasen-Variationen, die eine intellektuelle Auseinandersetzung mit dem Thema Gefäß bietet. Formale Aspekte, Glasuren, Dekore treten zurück und geben Raum zum Betrachten einer Gruppe von Keramiken als freie Kunstobjekte. Der sie rahmende „Schaukasten“ zitiert den Ansatz Nagels ebenso wie der auf dem letzten kleinen Vasenschild eingebrannte Titel der Arbeit „I hardly ever thought of flowers”.
Preisverleihung, Ausstellungseröffnung und Kolloquium
Die Übergabe der Preise findet am Freitag, 23. September 2016 um 19 Uhr im Keramikmuseum Westerwald statt. Zeitgleich zur Preisvergabe wird die Ausstellung zum achten Förderpreis Keramik der Naspa eröffnet. Gezeigt werden alle 174 von der internationalen Jury ausgewählten Arbeiten, darunter auch die der fünf Belobigten, die neben den vier Preisträgern besonders herausgehoben werden. Am Folgetag, Samstag, 24. September 2016 von 10 bis 15 Uhr, gibt es im Keramikmuseum Westerwald außerdem ein öffentliches und kostenfreies Kolloquium mit Diskussion und Vorträgen. Nähere Infos gibt es ab August unter www.keramikmuseum.de.
Persönliche Belobigungen der Jurorinnen und Juroren
Die Belobigung des Jurors Thomas Hirschler ging an den Amerikaner Mark Goudy, geboren 1954, für dessen Arbeiten „Equipoise Series Vessel“, die subtile Farbigkeit und Eleganz zeigen.
Dr. Alexander Klar belobigte zwei üppig barock dekorierte Vasenformen der Lettin Inguna Skuja, geboren 1965, und der Amerikanerin Melissa Braden, geboren 1968. „Flocked Vase“ und „ Harvest Vase“ spielen mit dem Kontrast von Kitsch und etablierter keramischer Kunst.
Die Jurorin Ting Ju Shao belobigte die Arbeit der Belgierin Lut Lalemann, geboren 1958, deren exzellent aufgebaute Architekturformen unter dem Titel „Rotunda“ sich durch präzise Handwerkstechnik und klare Eleganz auszeichnen.
Katarina Siltavuori vergab ihre Belobigung an die deutsche Künstlerin Aino Nebel, geboren 1972. Der Titel der zart bildhaften Arbeit „THIN TINS“ spiegelt das Thema Gefäß und nutzt assoziativ Verfall und Patina in eher malerischer denn keramischer Weise.
Rainer Pribbernow belobigte die türkische Künstlerin Ömür Tokgöz, geboren 1966, für ihre mit schwarzen oder weißen Motiven verzierten hauchzarten Keramikschalen.
Gesellschaftliches Engagement und Förderpreis Keramik der Nassauischen Sparkasse (Naspa)
Der Förderpreis Keramik wurde 1990 anlässlich des 150-jährigen Bestehens der Naspa ins Leben gerufen. Der internationale, in Kooperation mit dem Keramikmuseum Westerwald ausgeschriebene Wettbewerb ist Teil des umfangreichen gesellschaftlichen Engagements der Naspa. Der Preis wird von einer internationalen Jury begleitet und im Rhythmus von drei Jahren verliehen. Zum achten Wettbewerb mit dem Thema „Fokus Gefäß/Focus: Vessel“ konnten Keramikerinnen und Keramiker Gefäße, Gefäßobjekte oder Gefäßdarstellungen aus Ton, Porzellan oder anderem keramischen Material einreichen. Die Bewerbung war mit zwei Arbeiten oder einer Gefäßgruppe möglich.Erwartet werden für diesen Wettbewerb geformte, gedrehte, gegossene oder montierte Gefäße, Schalen, Vasen, Montagen usw., die sich dem Material Ton und/oder Porzellan in künstlerischer Weise, handwerklich oder als Designelement widmen. Großformate, Gefäßgruppen sowie eher kleine und zarte Stücke sind gleichermaßen willkommen. Der klassischen Gestaltung soll ebenso Raum gegeben werden wie einer modernen, unserer Zeit entsprechenden oder einer eher futuristischen Umsetzung.
Der Förderpreis Keramik der Nassauischen Sparkasse, der 1990 ins Leben gerufen wurde, wird im Drei-Jahres-Rhyth- mus international ausgeschrieben. Die eingereichten Arbeiten werden juriert und im Rahmen einer Ausstellung im Keramikmuseum Westerwald präsentiert.