MT/WW. Bis ins hohe Alter weitgehend selbstständig bleiben! Klar, viele Senioren und Seniorinnen wollen möglichst lange zuhause wohnen und am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Doch dabei müssen sie häufig unterstützt und beraten werden, wobei präventive Hausbesuche und eine Vernetzung helfen. Um dies zu ermöglichen, gibt es in Rheinland-Pfalz die „Gemeindeschwester+“. Mehrjährige positive Erfahrungen in der VG Höhr-Grenzhausen und zuletzt auch in der VG Montabaur haben die Hoffnung begründet, dass dieses Modell zeitnah kreisweit umgesetzt wird. Dafür setzt sich der Senioren- und Behindertenrat SBR) Westerwald ein – und steht mit dieser Forderung sicher nicht allein.
Offensichtlich gibt es in fast allen VG‘ s im Westerwaldkreis ein wachsendes Interesse, wobei die VG Wirges bereits ein eigenes Modell vielversprechend umsetzt. Rückenwind erhält die Forderung durch die vom Kreistag einstimmig angenommene „Seniorenpolitische Konzeption (SPK) für den Westerwaldkreis“. Auch in der Neufassung wird gefordert, dass auf die tief greifenden Auswirkungen durch den demografischen Wandel in angemessener Weise reagiert wird: „Dazu zählt auch eine gezielte altersfreundliche Gestaltung des Dorflebens, damit ältere Menschen im Dorf bleiben und nicht in ein Heim oder zu einer Pflegestelle abwandern“, so die SPK. Dazu kann die Gemeindeschwester+ viel beitragen, wie die bisherigen landesweiten Erfahrungen bestätigen.
Die Landesregierung hat das präventive und gesundheitsfördernde Beratungs- und Vernetzungsangebot der „Gemeindeschwester“ bereits 2015 in einigen Modellregionen erfolgreich gestartet. Unterstützt werden ältere Menschen, die noch keine Pflege brauchen, in ihrer aktuellen Lebenssituation. Da wo Teilhabeangebote wie beispielsweise Seniorentreffen oder Bewegungsgruppen fehlen, sollen diese darüber hinaus mit anderen Akteuren angeregt und initiiert werden. Als Ergebnis der durchgeführten Evaluation hat Prof. Dr. Frank Schulz-Nieswandt die positive Wirkung des Projektes bestätigt: “Die hochbetagten Bürgerinnen und Bürger fühlen sich mit dem Angebot sicherer, informierter und wertgeschätzter“.
Die Landesregierung will das Projekt weiter auszubauen und legt im Koalitionsvertrag fest: „Die rheinland-pfälzische Gemeindeschwester+ ist ein Erfolgsprojekt, welches wir ausbauen und flächendeckend einführen. Wir werden einen stufenweisen Ausbau umsetzen.“ Doch schon damals war klar, dass die dauerhafte Finanzierung wohl nicht allein aus Mitteln des Landes und der Krankenkassen gesichert werden kann. Wenn auch die VG‘ s und der Westerwaldkreis bei uns einen Teil dazu beitragen, sollte nach Meinung des SBR bald in jeder VG eine Gemeindeschwester+ für die älteren Mitmenschen wirken können.
„Als Ergänzung zu den Pflegestützpunkten, Nachbarschaftshilfen, örtlichen Seniorengruppen und vielen anderen Engagagierten kann so ein in jedem Westerwalddorf tätiges umfassendes Beratungs- und Hilfsnetzwerk entstehen“, meint SBR-Koordinator Uli Schmidt. Das sei natürlich nur zu realisieren, wenn Land, VG und Kreis sich ihrer Verantwortung für die älteren Menschen gemeinsam stellen. Schmidt ist sicher, dass kein sozial denkender Wäller die Sinnhaftigkeit der Gemeindeschwester+ in Frage stelle – vielmehr werde mit der zunehmendem Überalterung der Gesellschaft der Handlungsdruck immer größer!
Diese Erkenntnis ist in Skandinavien bereits flächendeckend umgesetzt. Was es bringt, hat ein Team um Gesundheitsökonom Prof. Martin Karlsson (UDE) untersucht. Eine Studie in Norwegen zeigt, dass in Gemeinden mit präventiven Hausbesuchen die Mortalität sowie die Anzahl der Krankenhausaufenthalte bei Älteren deutlich sinken. „Außerdem nehmen die betroffenen Menschen häufiger häusliche Pflegeangebote wahr, und Altenheimaufenthalte werden weniger“, so der Studienleiter. Die Ergebnisse sollten die Umsetzung in Rheinland-Pfalz und dem Westerwald voranbringen, hofft der SBR.
Eine in der VG Montabaur drohende Entscheidung des Verbandsgemeinderates, wegen geänderter Förderrichtlinien und weniger Geld des Landes das Projekt nicht fortzusetzen, schreckt viele ältere Menschen in der Region auf. Damit würde die dort seit Juni 2021 tätige Schwester Barbara Spiegelhoff zum Jahresende nicht mehr als Gemeindeschwester+ wirksam sein können. Nicht nur viele Senioren in der VG sind darüber schockiert, verlieren sie doch eine anerkannt aktive Ansprechpartnerin und Netzwerkerin für die älteren Menschen in der Region, bei denen sie hohes Ansehen genießt.
Man kann nur hoffen, dass die politisch Verantwortlichen in der VG Montabaur anders entscheiden und das so erfolgreiche Projekt fortsetzen. Darauf hofft auch der Caritasverband Westerwald-Rhein-Lahn als Anstellungsträger der Gemeindeschwester+. Caritasdirektorin Stefanie Krones möchte das Projekt gerne fortsetzen und stellt fest: „Mit ihren kreativen Ideen kann die Gemeindeschwester+ vielen Menschen helfen, länger im eigenen Haushalt zu leben. Spart nicht das am Ende viel mehr Geld, als die Verbandsgemeinde nun nicht ausgeben möchte? Unsere Gemeindeschwester: Eine kleine Investition mit großer Wirkung!“
Mit Hildegard Jöris aus Montabaur äußert sich auch eine in der Region geschätzte Seniorenaktivistin: „Es ist ein nicht bezahlbarerer Dienst an unserer älter werdenden Gesellschaft, die bald 30 % der Bevölkerung ausmacht“. Ihr ist unverständlich wie man in politischen Gremien nur die Kostenfrage nicht aber die Effizienz der Tätigkeit im Blick haben kann. Gerade die Generation, die dieses Land aufgebaut hat, solle wohl jetzt als erste von Sparmaßnahmen betroffen sein, in deren Folge weit höhere Kosten für Unterbringung und Versorgung zu Lasten der Kommunen entstehen.
Der SBR hofft, dass das Land doch noch etwas mehr Mittel an die Kreise verteilen kann, die VG‘ s ihre soziale Verantwortung erkennen und einen gewichtigen Teil der Kosten tragen: Nicht zuletzt muss sich auch der Kreis entscheiden, einen Teil dazu beizutragen! Und dazu ist es auch realistisch, dass es in jeder VG ein Unternehmen mit sozialer Ader gibt, das auch einen Teil dazu beiträgt. „Es reicht für den Westerwaldkreis nicht, die SPK zu beschließen und ansonsten auf das Land zu zeigen, wenn es bei einem wichtigen Seniorenprojekt um die Umsetzung geht“, stellt Uli Schmidt abschließend fest.
Gemeindeschwester plus in Montabaur: Bündnis 90/Die Grünen kämpfen für den Erhalt
MONTABAUR. Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Verbandsgemeinderat Montabaur richtet einen dringenden Appell an die Mitglieder des Verbandsgemeinderats, das erfolgreiche Projekt "Gemeindeschwester plus" in Montabaur zu bewahren. Dieser Appell erfolgt vor dem Hintergrund einer bedrohlichen Entwicklung, wie sie in einem Artikel der Westerwälder Zeitung vom 11. Dezember 2023 thematisiert wurde.
Die Verbandsgemeinde Montabaur steht vor der Entscheidung, das Projekt "Gemeindeschwester plus" aus eigener Kasse weiterzuführen oder aufgrund geänderter Förderrichtlinien des Landes einzustellen. In der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 30.11. wurden kritische Stimmen laut, insbesondere von CDU und FWG, die eine vorzeitige Beendigung des Projekts Ende 2023 befürworten, obwohl die Förderung bis zum 31.12.2024 gesichert ist. Diese Position ist für die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen nicht nachvollziehbar.
Die Gemeindeschwester plus leistet seit dem 1. Juni 2021 wertvolle Unterstützung für Senioren ab 80 Jahren in Montabaur. Ihr Angebot umfasst die Bereitstellung von Informationen und die Herstellung von Kontakten. Die geplante Umstellung der Fördermittelvergabe durch den Kreis führt zu finanziellen Unsicherheiten für die Verbandsgemeinde Montabaur. Die bisherige Förderung von 31.500 Euro wird voraussichtlich reduziert, was Herausforderungen für die Gemeinde mit sich bringt.
Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen setzt sich aktiv für den Erhalt der Gemeindeschwester plus ein und appelliert an die Mitglieder des Verbandsgemeinderats, das Projekt nicht zu beenden, sondern sich für eine Anschlussfinanzierung einzusetzen. Das Projekt hat sich als erfolgreich und gut angenommen erwiesen, und Schwester Barbara Spiegelhoff ist eine aktive und geschätzte Netzwerkerin in der Senioren- und Generationsarbeit.
Diese wertvolle Einrichtung darf nicht verloren gehen, und die Senioren in unserer Gemeinde sollen weiterhin die notwendige Unterstützung erhalten. Gemeinsam mit vielen Bürgerinnen und Bürgern setzen wir uns für den Erhalt der Gemeindeschwester plus in Montabaur ein. (Quelle Gunnar Bach / Uli Schmidt)