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20200928 SpendenaktionHilfsbündnis in Selters gegründet - Flüchtlinge brauchen dringend Hygieneartikel und warme Kleidung
Westerwaldkreis. Moria – für viele ist das inzwischen ein Synonym für das Ende der europäischen Solidarität. Trotz des verheerenden Brandes, der das Flüchtlingslager auf der griechischen Insel Lesbos über Nacht zerstört hat, gibt es bis heute keine Perspektive für die obdachlosen 13.000 Frauen, Männer Kinder. Etliche Europäer verzweifeln angesichts des Schicksals, das diesen Menschen im Winter droht; manche zucken mit den Achseln. Und manche helfen – nicht auf der großen politischen Bühne, aber im Kleinen; wie und wo sie können. Zum Beispiel in Selters. Dort hat sich nun der Moria-Hilfskreis gegründet, ein Bündnis der Kirchen und des Seniorenzentrums St. Franziskus. Die Gruppe sammelt Spenden für das „Global Aid Network“ (GAiN), das auf Lesbos humanitäre Hilfe leistet. Spenden, das sind im Falle von Moria nicht immer die großen Geldbeträge. Sondern vor allem das, was zum alltäglichen (Über)leben nötig ist.

„Die Menschen im Camp brauchen dringend Dinge gut erhaltene Kleidung und Schuhe, Hygieneartikel, Schlafsäcke, Wolldecken oder Kinderartikel wie Pampers, Schulmaterial, Spielzeug“, sagt Christiane Kröfges, Leiterin des Seniorenzentrums. Sie und ihre fünf Mitstreiterinnen freuen sich, wenn künftig viele solche Artikel verpackt und dann an den Annahmestellen in Selters und Herschbach abgegeben werden. Pfarrerin Swenja Müller erinnert sich noch gut an die Reaktionen, als sie im Gottesdienst für die Aktion und für GAiN geworben hat: „Die Leute konnten sich gar nicht vorstellen, dass sie tatsächlich Windeln oder Zahnpasta geben sollen. Dabei sind das die Dinge, die die Flüchtlinge im Lager jeden Tag brauchen – und die manchen Menschen in unserem Land auch etwas von ihrer Ohnmacht nehmen: Es geht um einfache Sachen, die nicht teuer sind, aber trotzdem Gutes bewirken.“ Geldspenden für den Transport und die Organisation sind selbstverständlich auch willkommen.
Die Initiatorinnen kennen dieses Gefühl der Ohnmacht mit Blick auf die Situation in Moria gut. „Das Thema beschäftigt uns schon lange, aber auch wir wussten nicht, wie wir von hier aus helfen können“, sagt Sandra Pietschmann, die im Seniorenzentrum den Sozialen Dienst leitet. Doch dann las sie von der Windel-Spendenaktion des Dekanats für Moria, und nach dem Brand im Flüchtlingslage nahm Sandra Pietschmann schließlich Kontakt zu Dekanatsmitarbeiterin Nadine Bongard auf – fast zeitgleich mit Kerstin Pleitgen, die in der Evangelischen Kirchengemeinde Selters als Verwaltungskraft arbeitet und die Hilfsgütersammlung mit ins Leben gerufen hat.
Inzwischen ist der Spenderkreis ein gemeinsames Projekt des Evangelischen Dekanats Westerwald, der Evangelischen Kirchengemeinde Selters, der Katholischen Pfarrei Sankt Anna Herschbach und des Seniorenheims St. Franziskus Selters. Vor allen Dingen aber: von engagierten Menschen, denen nicht egal ist, wohin Europa steuert. „Die Aktion ist auch ein Zeichen an die Politik: Wir sind nicht einverstanden, dass eine Katastrophe wie Moria auf europäischem Boden überhaupt möglich ist. Dort sitzen Menschen im Matsch und in der Kälte, und es fehlen der Wille und der Plan, sie vernünftig unterzubringen“, sagt Nadine Bongard, Referentin für Gesellschaftliche Verantwortung im Evangelischen Dekanat.
Eine Situation, die zum Himmel schreit. Doch die Coronakrise hat sie in den vergangenen Monaten immer mehr aus dem Blick der Öffentlichkeit verdrängt. „Dabei zeigt Moria, was Leid ist“, sagt die katholische Gemeindereferentin Kerstin Hutya. „Die Menschen dort werden von existenziellen Fragen umgetrieben: Wie schütze ich mich vor der Kälte? Wie bringe ich meine Kinder durch? Angesichts dieser Fragen wirken manche Demonstrationen, die hierzulande die angebliche Einschränkung der Freiheit anprangern, ziemlich bizarr.“
Bizarr ist auch die Situation in Moria. Und wie Europa damit umgeht. Das Team des Selterser Hilfskreises weiß, dass es daran so schnell nichts ändern kann. Die sechs Frauen wissen aber auch: Etwas im Kleinen zu tun ist allemal besser, als mit den Achseln zu zucken. (bon) (Quelle Evangelisches Dekanat Westerwald)