Kreis Altenkirchen. Der ländliche Raum: Abgeschnitten und abgehängt oder doch eine zukunftsorientierte Alternative zu den Ballungsräumen? Keine Frage, die ein eindeutiges Ja oder Nein als Antwort möglich macht, wie auch am Mittwochabend in der Kreisverwaltung deutlich wurde. Beim Jahresempfang für die Ortsbürgermeister und Bürgermeister ging es diesmal um das Thema „Die Quadratur des Kreises – Herausforderungen und Chancen für die ländlichen Räume der Zukunft“.
Als fach- und sachkundigen Referenten begrüßte Landrat Dr. Peter Enders dazu seinen Kollegen aus dem Neckar-Odenwald-Kreis, Dr. Achim Brötel, seit September 2024 auch Präsident des Deutschen Landkreistags (DLT). Neben viel Optimismus, was die Leistungsfähigkeit der kommunalen Ebene angeht, waren von ihm aber mehr mahnende Worte zu hören: „Es braucht eine Generalsanierung des Staates“, forderte Brötel - auch um Handlungsfähigkeit der Kreise zu erhalten.
In seiner Begrüßung bedankte sich Enders bei den Vertretern der Kommunen für ihren Willen, den ländlichen Raum voranzubringen. Das führe nicht immer zu Applaus: „Gerade ehrenamtliche Kommunalpolitiker beklagen oft, in einen Topf mit Berufspolitikern geworfen zu werden. Eine Unterscheidung zwischen Bund, Land und Ort wird oft nicht vorgenommen, dem Ehrenamt fehlt jegliche Wertschätzung.“ Hinzu komme die desolate Finanzlage, die dazu führe, dass der Gestaltungsspielraum für eine Gemeinde vielfach gegen Null tendiere. Er hoffe, so Enders, dass die neue Bundesregierung ihren Teil dazu beitrage, dass sich die Lage der Kommunen insgesamt verbessere. „Die angekündigten Investitionen in den Bereich Bauwirtschaft und Verkehrsinfrastruktur weisen da hoffentlich ein Stück weit den Weg.“
Stichwort Investitionen: Der Landrat stellte noch einmal klar, dass sich der Kreis für eine begrenzte Zeit und in begrenztem Maß finanziell beim Krankenhaus Kirchen engagieren wolle. Und auch auf das Thema Gemeindefusionen ging er noch einmal kurz ein und wiederholte seine Überzeugung, dass kleine Ortsgemeinden ohne Verlust der örtlichen Identität in größeren aufgehen sollten.“ Das erleichtert das Verwaltungshandeln insgesamt.
Achim Brötel ist sich mit Landrat Enders, dass der ländliche Raum zuletzt deutlich an Attraktivität gewonnen hat. Aber: „Hier ist immer mehr Einsatz notwendig als in den Städten.“ Die Kreise und ihre Kommunen zeichneten sich lösungsorientiertes, anpackendes Handeln aus: „Das verdient deutlich mehr Vertrauen.“
Der Präsident des DLT forderte von Bund und Land eine deutliche Kursänderung in vielen Bereichen:
• eine Asylpolitik, orientiert an den Leitplanken Ordnung, Steuerung, Begrenzung und Humanität.
• Angesicht von „im freien Fall“ befindlichen Kommunalfinanzen eine grundlegend andere Verteilung der Steuermittel.
• eine Orientierung bei den Investitionen am absolut Notwendigem.
• ein konsequenter Abbau von Bürokratie und einer Vielzahl von hemmenden und überflüssigen Verordnungen.
Seinen Vortrag garnierte Brötel mit zahlreichen Pointen und (eingeblendeten) Karikaturen zur Beschreibung der allgemeinen Lage. Als Dankeschön bzw. "Wegzehrung" für die Fahrt zurück in den Odenwald überreichte ihm Landrat Enders eine Westerwald-Box und ein Fässchen heimischen Bieres. (Quelle Kreis Altenkirchen)