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Neuer Name, lange Geschichte: Protestanten blicken zurück
Westerwaldkreis. Seit stolzen 625 Jahren gibt es in Wölferlingen eine Kirchengemeinde. Dieses Jubiläum wollen die Protestanten feiern: Am Sonntag, 6. Oktober, lädt die Evangelische Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde Westerwald – zu der Wölferlingen inzwischen gehört – zu einem Festgottesdienst ab 10 Uhr ein. Vor dem Fest blicken Joachim Wintrich und Udo Rufa zurück – zwei Männer, die sich mit der Geschichte der Kirchengemeinde auskennen.
Eine Geschichte, die im Jahre 1399 beginnt. Damals beschließen die Wölferlinger, eine eigene Kapelle zu bauen, um nicht mehr wie bisher den langen Weg in die Rückerother Kirche antreten zu müssen. Der Kirchherr in Rückeroth, der Graf zu Wied, stimmt dem Bau zu. „Wie diese erste Kapelle ausgesehen hat, wissen wir heute nicht mehr“, sagt Joachim Wintrich, ein Kenner der Wölferlinger Geschichte. „Es gab auf dem romanischen Bau einen aufgesetzten Glockenturm mit zwei Glocken. Beide gibt es heute nicht mehr. Eine spätere, 1467 gegossene Glocke, hingegen schon: Sie schlägt bis heute in unserer Kirche.“


Die ersten Jahrhunderte in dieser Kapelle müssen mitunter recht turbulent gewesen sein. Denn die Grafschaft zu Wied bekennt sich nach der Reformation zwar zur Lehre Luthers; der Graf von Sayn hingegen nicht. „Der war damals aber der Landesherr für Wölferlingen“, sagt Kirchenvorstandsmitglied Udo Rufa. „Und der Graf von Sayn verbot dem Pfarrer im Jahre 1544, in der Wölferlinger Kapelle die evangelische Predigt zu halten.“
Es dauert noch mehr als 50 Jahre, bis der erste lutherische Pfarrer im Ort predigt: Erst 1589 wird die Kirchengemeinde Wölferlingen evangelisch – und ist es bis heute.
260 Jahre später endet dann die Geschichte der Kapelle. Eine neue soll gebaut werden; ein Gotteshaus „a la moderne“, wie ein gräflicher Amtsrat damals im vornehmen Französisch vermerkt. Die jetzige Kirche wird 1751 und 1752 erbaut – und unterscheidet sich von den anderen sakralen Bauten der Region. „Der barocke Zwiebelturm ist einzigartig und vor allem in Süddeutschland verbreitet“, sagt Joachim Wintrich.
Auch im Inneren bleibt die Zeit nicht stehen: Im Laufe der nächsten Jahrhunderte bekommt die Kirche zunächst eine Schöler- und ab 1898 die Raßmann-Orgel, die dort heute noch die Gemeinde begleitet.
Eine düstere Zeit erlebt das Gotteshaus in den 2010er-Jahren: Der „Gescheckte Nagekäfer“ treibt in der Empore sein Unwesen und beschädigt die Holzdecke. „Außerdem stellen Experten statische Mängel an der Decke des Kirchenschiffs fest“, erinnert sich Udo Rufa. Was folgt ist die umfangreiche Renovierung der Kirche: Nach 18 Monaten wird sie am 23. September 2012 wieder eröffnet.
Allerdings ist Kirche auch in Wölferlingen mehr als nur ein Gebäude: Neben den regelmäßigen Gottesdiensten und Gemeindefesten pflegen die Westerwälder seit den 1950er-Jahren eine enge Partnerschaft mit dem Kirchspiel Krina in Sachsen-Anhalt. „Zu den Zeiten der DDR hat unsere Frauenhilfe jedes Jahr viele Pakete verschickt und so ein wenig Hilfe geleistet. Seitdem die Mauer gefallen ist, besuchen sich beide Gemeinden regelmäßig, und es sind viele Freundschaften entstanden“, sagt Rufa, bedauert aber, dass der gegenseitige Austausch in den vergangenen Jahren etwas nachgelassen hat.
Heute hat die Kirchengemeinde rund 3200 Mitglieder – allerdings mit Rückeroth, Herschbach, Maxsain und Dreifelden, mit denen sie gemeinsam die Evangelische Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde Westerwald bildet. Eine eigene Kirchengemeinde Wölferlingen gibt es – zumindest dem Namen nach – seit Anfang 2022 nicht mehr.
Wölferlingen ist also eine Gemeinde im Wandel, und das seit 625 Jahren. Gefeiert wird dieser Geburtstag am Erntedanksonntag um 10 Uhr mit einem Gottesdienst und einem anschließenden Mittagessen. (bon)  (Quelle Evang. Dekanat WW)