Straßenwärter der Autobahnmeisterei Heiligenroth setzt kochend heißes Wasser gegen Riesen-Bärenklau ein
Wenn die Natur im Sommer in voller Blüte steht, rücken die Meistereien mit den Mähfahrzeugen aus. Und dabei geht es längst nicht mehr nur darum, das Gras rechts und links der Fahrbahn kurz zu halten. So genannte invasive Arten, also Pflanzen, die nicht heimisch sind, machen nicht nur viel Arbeit, sie können auch eine Gefahr darstellen.
Thomas Schalla ist ein Mann der Tat. Alle Jahre wieder geht der Straßenwärter der Autobahnmeisterei Heiligenroth der Niederlassung West der Autobahn GmbH des Bundes einem nicht ganz ungefährlichen Job nach. Rechtzeitig vor der Blüte rückt er entlang der Autobahnen A3 und A48 dem Riesen-Bärenklau, auch „Heracleum mantegazzianum“ genannt, zu Leibe – einer Pflanze, die in Feuchtgebieten am Straßenrand wächst und in ihrer Blütezeit von Mitte Juni bis Mitte Juli weiße, prächtige Dolden treibt, für Menschen aber brandgefährlich ist. Denn ihr giftiger Pflanzensaft löst in Verbindung mit dem Sonnenlicht auf der Haut schlimme Verätzungen und Entzündungen mit Brandblasen aus. Ihre ätherischen Öle können außerdem Schleimhautreizungen hervorrufen.
Das macht die Pflanze zu einer potenziellen Gefahr für unsere Straßenwärterinnen und Straßenwärter vor allem im Sommer, wenn die Meistereien zu den Mäharbeiten ausrücken. Wer an der Autobahn an den Herkulesstauden vorbeifährt, kommt mit den Pflanzen zwar eher selten in Berührung, aber wegen ihres extrem hohen Samenaufkommens breitet sich die gefährliche Pflanze durch Wind und Wasser mit rasanter Geschwindigkeit aus – und so könnte sie auch schnell an Rastplätzen oder auf Parkplätzen an unseren Autobahnen zu finden sein und Reisende gefährden.
Umso wichtiger ist es, die Stauden rechtzeitig vor der Blütezeit ab Juni zu bekämpfen. Denn beim turnusmäßigen Mähen der Extensivflächen entlang der Autobahnen würden sich die Samen andernfalls rasch verteilen. Und so ist Thomas Schalla jedes Jahr im Frühling als Experte der Westerwälder Autobahnmeisterei im Einsatz gegen die gefährliche Herkulesstaude. Gut drei Wochen vor der Blüte wird die Pflanze bekämpft, und zwar nur mit heißem Wasser, das in die Stauden hineingespritzt wird - ein nachhaltiges, mechanisches Verfahren, das ganz ohne Chemikalien auskommt. Wir haben den 43-Jährigen an die A48 in Richtung Koblenz begleitet.
Ganz unscheinbar stehen die saftig grünen Stauden hier kurz vor der Abfahrt Höhr-Grenzhausen in einem feuchten Böschungsgraben jenseits von Bankett und Schutzplanke. Die weißen tellerförmigen Blütendolden haben sich noch nicht herausgebildet, zu sehen sind lediglich die mehr als ein Meter hohen, Purpur gefleckten, behaarten grünen Stängel mit ihren scharf gezackten, tief eingeschnittenen großen Blättern. In voller Pracht erreicht die Staude eine Größe von bis zu dreieinhalb Metern.
Mit Arbeitsschuhen, Schutzkleidung, Schutzbrille und wasserdichten Handschuhen bekleidet, steht Thomas Schalla breitbeinig im Wassergraben. „Wir haben etwa 350 Riesen-Bärenklau-Pflanzen in unserem Streckenbezirk an der A48 und an der A3. Der Stützpunkt Ammerich ist auch mit dabei“, erklärt der Westerwälder. Mit den Anschlussstellen sind das insgesamt rund 120 Streckenkilometer, die im Blick zu behalten sind. Auf dem Seitenstreifen parkt der Unimog der Autobahnmeisterei Heiligenroth, der Anhänger mit einem rund 1000 Liter fassenden Heißwassertank, Wasserschlauch, Kompressor und einer sogenannten Injektions-Lanze hat die Autobahnmeisterei Emmelshausen den Kollegen aus dem Westerwald ausgeliehen. Schallas Kollege, Thomas Brühl, hat zuvor den Seitenstreifen mit einem Lkw mit Absperranhänger und mit Hilfe von rot-weißen Pylonen gesichert.
Der Verkehr der A48 zieht an diesem sonnigen Morgen mit hohem Tempo an der Flotte in Orange vorbei. Kompressor und Wasserpumpe laufen auf Hochtouren und übertönen den Lärm der Autobahn. Mit der Metalllanze sticht Thomas Schalla tief in alle vier bis acht Triebe jeder einzelnen Pflanze hinein und in die Wurzelrübe unterhalb des Erdbodens und lässt dann das kochend heiße Wasser auf Knopfdruck hineinschießen. „Im Zuständigkeitsbereich der integrierten Außenstelle Montabaur der Niederlassung West der Autobahn GmbH mit ihren neun Autobahnmeistereien gehen wir ausschließlich mit diesem umweltfreundlichen thermischen Verfahren gegen den Riesen-Bärenklau vor. Die Giftpflanze tritt bei uns im Bereich gleichmäßig verteilt, also ohne besondere Schwerpunkte, auf“, betont Michael Bersch, Geschäftsbereichsleiter Betrieb und Verkehr in der integrierten Außenstelle Montabaur.
Derweil ist Straßenwärter Thomas Schalla konzentriert bei der Arbeit und passt auf, dass er mit den Pflanzen und vor allem dem giftigen Pflanzensaft nicht in Berührung kommt. Der heiße Wasserdampf bildet eine meterhohe Nebelsäule. „Der Stamm läuft mit heißem Wasser voll, bis in die Wurzeln hinein, so dass die Pflanze verdorrt“, erläutert der Westerwälder. Das ganze Prozedere muss er eine Woche später wiederholen. Für alle 350 Pflanzen braucht das Heiligenrother Meisterei-Team bis zu drei Wochen. Dann ist der Spuk vorbei – bis zur nächsten Saison. (Quelle Autobahnmeisterei Montabaur)