Es sind nur ein paar kleine Dinge – und schon ändert sich das ganze Erscheinungsbild. Ein paar Luftballons, Plastikentchen im Brunnen, bunten Blumen in kleinen Töpfen und viele junge Gesichter, schon sieht der Bahnhofsplatz in Limburg ganz anders aus. Utopie, Wunschvorstellung. Ganz und gar nicht. Realität über einige Stunden, an denen Studierende der Hochschule RheinMain ihre Ergebnisse aus ihrer Projektarbeit Sozialraumanalyse für den Bahnhofsplatz in Limburg öffentlich präsentieren.
Der Platz und seine Wahrnehmung. Ein nahezu unendliches Thema in Limburg. Dass er keineswegs ein Angstraum sein muss oder aufgrund des subjektiven Sicherheitsempfinden zu meiden ist, zeigt sich eindrucksvoll rund um den Brunnen. Auf dem Pflaster steht mit Kreide geschrieben „Wohlfühlraum“, „Mehr Schatten“, „Ein Platz für alle“ und weitere Aspekte, die die Studierenden der Hochschule im Rahmen ihres seit Oktober vergangenen Jahres laufenden Projekts an Wünschen an den Platz zusammengetragen hatten. Wünsche, die sie von denen erfragt hatten, die dort einen großen Teil ihres Tages verbringen oder den Platz lediglich kurz überqueren.
„Wir haben heute den spielerischen Ansatz gewählt. Und es ist doch schön zu sehen, wie sich der Eindruck des Bahnhofsplatzes wandelt“, sagt Professor Michael May, der das Projekt mit der wissenschaftlichen Mitarbeiterin Elvira Schulenberg leitet. Mit Luftballons, Spielen, Mitmachaktionen wie Blumentöpfe bemalen und zahlreichen Informationen darüber, was an Veränderungen auf dem Platz gewünscht wird, gibt es plötzlich Angebote, die dazu anregen, stehen zu bleiben, sich umzuschauen und vielleicht auch zum Pinsel zu greifen oder zum Anglernetz, um die (Plastik)Enten aus dem Brunnen zu fischen.
Kleine Dinge sorgen für Impulse
„Es ist toll zu sehen, dass wir gar nicht große Dinge bewegen müssen, sondern kleine Impulse setzen können. Und schon gibt es lächelnde Gesichter, gibt es Lob für Gestaltungsideen und den Willen, sich darüber auszutauschen“, sagt Elvira Schulenberg. Mit den kleinen Veränderungen wird erreicht, dass der Platz auch die Menschen dazu einlädt ein wenig zu bleiben, die ansonsten nur drüberhetzen auf dem Weg zur Schule, zum Arbeiten, zum Einkaufen oder zum nächsten Bus.
Die Ergebnisse aus der Befragung im Rahmen der Sozialraumanalyse nicht in der Theorie zu belassen, sondern zumindest für ein paar Stunden auf die Füße zu stellen, das ist das erklärte Ziel des Tages. „Wenn wir solche Angebote machen, dann wird schnell klar, dass der Bahnhofsplatz durchaus ein Ort für alle Bevölkerungsgruppen sein kann. Für die, die dort viel Zeit verbringen ebenso für die, die bisher nur flüchtig darüber hinweggehen. Ziel muss es sein, mehr Menschen dazu zu bringen, dort etwas Zeit zu verbringen. Es macht keinen Sinn, Menschen von diesem Platz zu vertreiben“, verdeutlicht May.
Wünsche im Bild
Auf Fotomontagen verdeutlichen die Studierenden, wie die Wünsche nach Veränderung des Platzes umgesetzt werden können oder wie der beklagte Missstand aussieht. Dabei gibt es durchaus übereinstimmende Wünsche von Nutzern des Platzes oder Passanten, die ihn lediglich überqueren. Mehr Grün, mehr Schattenmöglichkeiten, weniger Fahrzeuge sind zum Beispiel übereinstimmende Wünsche an die künftige Gestaltung. Auch ein Mehr an Plätzen zum Ausruhen und Sitzen werden gewünscht. Bei den Passanten gibt es auch den deutlichen Wunsch nach belebenden Veranstaltungen auf dem Platz, die dort lange Verweilenden hingegen hatten in der Befragung noch den Wunsch nach W-Lan und kostenfreien Toiletten angegeben. (Zu den Ergebnissen der Befragung gab es am 31. Mai 2022 die Pressemitteilung „Limburger Bahnhofsplatz braucht besseres Image“.)
Veränderung ist möglich
Zu den neugierigen Gästen an dem Tag gehören auch Christian Spiegelberg, Leiter des Amtes für Soziale Angelegenheiten der Stadt, sowie Johanna Schröder und Lukas Hohly von der Stadtjugendpflege. „Natürlich sind wir an den Ergebnissen der Sozialraumanalyse interessiert. Aber es geht auch darum, neue Anregungen für die eigene Arbeit zu bekommen. Wir hatten bei unserer mobilen Jugendarbeit auch schon die Idee, den Platz zu beleben. Dass das geht, haben wir heute gesehen“, macht Spiegelberg deutlich. Und ein bisschen Straßenmusik hilft den Eindruck des Platzes auch zu verbessern. Das Team der Hochschule RheinMain hatte mit Robin Garrido ihren Straßenmusiker gleich mitgebracht. Unplugged und damit ohne Verstärker nur mit Stimme und Gitarre hatte er einen schweren Stand, sang dennoch davon unbeeindruckt von „Unser Limburg, siehst du heute super aus“.
In den zurückliegenden Jahren hat es immer wieder Veränderungen an und auf dem Platz gegeben. Dabei standen vor allem Aspekte der Sicherheit im Mittelpunkt. Im Rahmen der verschiedenen Befragungen zum subjektiven Sicherheitsgefühl in der Stadt ist der Bahnhofsplatz immer wieder als Angstraum genannt worden. Das hat sich trotz der Videoschutzanlage und ihrer Erweiterung, der vermehrten Präsenz von uniformierten Kräften nicht verbessert, ganz im Gegenteil, in der Befragung von 2017 zeigt sich eine deutliche Verschlechterung. Die Zahl der rund um den Bahnhofsplatz registrierten Straftaten ist seit Jahren rückläufig, läuft dem subjektiven Sicherheitsgefühl damit entgegen. (Quelle Stadt Limburg)