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Dekanat lässt sich zertifizieren und strebt nach Nachhaltigkeit – „Kirche hat Vorbildfunktion“

Westerwaldkreis. Das Evangelische Dekanat Westerwald macht einen großen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit: Der Wäller Kirchenkreis lässt sich derzeit mit dem „Grünen Hahn“ zertifizieren, dem Siegel des kirchlichen Umweltmanagements. Der Grüne Hahn hilft Gemeinden und kirchlichen Einrichtungen, ihre Verantwortung für die Schöpfung systematisch umzusetzen – ein aufwändiges, aber wichtiges Projekt, findet die Dekanatsspitze.
Nadine Bongard, Referentin für Gesellschaftliche Verantwortung, hat den Prozess gemeinsam mit dem Umweltbeauftragten des Dekanats, Hartmut Baden, vor rund anderthalb Jahren angestoßen. „Der Grüne Hahn durchleuchtet alle Bereiche des kirchlichen Lebens“, erklärt sie. „Am Anfang stand eine umfangreiche Bestandsaufnahme. Wir haben Zahlen und Daten zum Ist-Zustands unseres Dienstsitzes in Westerburg zusammengetragen – zum Beispiel zur Wärmedämmung, Gebäudetechnik oder zur Dichtigkeit.“

220106 Nachhaltigkeit

Doch die Bauwerke und deren Energieverbrauch sind nur ein Teil des Grünen Hahns, ergänzt Hartmut Baden. „Das Siegel nimmt darüber hinaus beispielsweise den Materialverbrauch im Büroalltag, die Reisekosten und sogar die Wahl des Anbieters für fair gehandelten Kaffee mit in den Blick.“ Und er öffnet die Augen für Dinge, die man sich schlichtweg sparen kann. Der scheidende Präses des Dekanats, Bernhard Nothdurft, erinnert sich kopfschüttelnd an eine aufschlussreiche Hausbegehung vor gut einem Jahr: „Wir hatten in unserem Serverraum eine Klima-Anlage, die die von der Heizung erzeugte Wärme abtransportiert. So etwas macht überhaupt keinen Sinn.“
Neben diesen offensichtlichen Energiefressern wurden im Zuge des Grünen Hahns nicht benutzte Kühlschränke abgestellt, Schreibtische einige Zentimeter von der Heizung abgerückt oder Öko-Papier eingeführt – um nur ein paar der Beispiele zu nennen.
„Die Dinge, die sich im und um unseren Dienstsitz abspielen, sind aber nur die eine Seite“, sagt Nadine Bongard und spricht die vielen Jugendfreizeiten des Dekanats an. „Das Dekanat plant, diese Freizeiten nachhaltiger, deren Mahlzeiten regionaler und fleischärmer zu gestalten. Nicht, um die Jugendlichen zu gängeln, sondern weil das oft deren eigener Wunsch ist und viele junge Menschen dafür ein großes Bewusstsein mitbringen.“
Das Bewusstsein für mehr Nachhaltigkeit ist also da. Die Mittel auch, denn die Maßnahmen zu mehr Nachhaltigkeit werden das Dekanat zunächst etwas kosten. Bernhard Nothdurft schätzt, dass der Betrag im „niedrigen vierstelligen Bereich“ bleibt. „Auf lange Sicht gesehen sparen wir aber Geld ein. Die Zeit ist einfach reif für ein Projekt wie dieses.“ Hartmut Baden ergänzt: „Kirche ist einer der größten Arbeitgeber und Grundbesitzer unseres Landes und hat eine hohe Vorbildfunktion. Einige ihrer Immobilien sind steinalt, und deren Energiekosten gehen im wahrsten Wortsinn durch die Decke. Das ist reine Verschwendung, und so etwas gehört sich nicht. Dabei ist selbst bei denkmalgeschützten Bauten vieles möglich.“ Nadine Bongard pflichtet ihm bei: „Das Kerngeschäft von Kirche ist nach wie vor die Verkündigung des Evangeliums. Aber Kirche ist auch ein Teil dieser Welt, und generationengerechtes Verhalten ist Voraussetzung für ihre Glaubwürdigkeit. Der Glaube gibt uns die Kraft und Hoffnung, dass wir jetzt etwas Gutes bewirken können.“
Im kommenden September könnte das Dekanat das Umweltzertifikat erhalten. Bis dahin muss ein Umweltbericht verfasst werden, der den Status abbildet und die Dinge beschreibt, die noch umgesetzt werden müssen. Beendet ist das Projekt „Grüner Hahn“ damit aber nicht, sagt Nadine Bongard: „Wir müssen uns permanent hinterfragen und langfristig unser Verhalten ändern – auch nach der Zertifizierung im Herbst. Denn nachhaltiges Handeln hört nie auf.“ (bon)

Im Detail: Der Grüne Hahn
Der Grüne Hahn ist ein System, mit dem man die Umweltauswirkungen in einer Kirchengemeinde oder kirchlichen Einrichtung erfassen, bewerten und reduzieren kann. Es will helfen, das Richtige und ohnehin Notwendige systematisch zu machen. Gemeinsam festgelegte Ziele und klare Zuständigkeiten sollen stetige Verbesserungen erreichen – zum Beispiel, was den Verbrauch von Energie und Wasser, die Außenanlagen oder den Einkauf angeht. Ein kirchlicher Umweltrevisor überprüft die bisherigen Schritte vor Ort und bestätigt die Einhaltung der Normanforderungen. Danach wird der Gemeinde oder Einrichtung das für vier Jahre gültige Zertifikat „Grüner Hahn“ verliehen. (Quelle Evangelisches Dekanat WW)