Stadt und Verbandsgemeinde Montabaur gehen neue Wege in der Pflege von Grünflächen: Ziegen weiden auf Wiesen am Bahndamm nahe dem ICE-Bahnhof und Schafe werden zur Bekämpfung des Riesenbärenklaus in den Stadtteilen Horressen und Eschelbach eingesetzt. Ökologisch sinnvoll ist dieser Einsatz allemal, aber auch praktisch und außerdem eine Attraktion für Spaziergänger.
„Am Anfang waren sie noch schreckhaft. Aber inzwischen haben sich Alma, Glöckchen und die anderen an das Rauschen der ICEs gewöhnt“, berichtet Josef Kaiser aus Girod-Kleinholbach, der mit seinem Sohn Florian zusammen die Ziegenherde an der Bahnallee in Montabaur betreut. Hier sind Kaisers Burenziegen, vier Muttertiere und sechs Junge, seit gut zwei Wochen im Einsatz. Ihre Aufgabe: Die rund 3.600 Quadratmeter große Wiesenfläche ordentlich abfressen, damit kein langer Halm mehr übrigbleibt. Rund vier Wochen werden sie dafür brauchen, dann bringt Schäfer Florian Kaiser sie weiter zum nächsten Einsatzort, den schwer zugänglichen Wiesenflächen am Aubach zwischen FOC und Aubachviertel und zur Fröschpfortstraße. (Quelle / Foto Stadt Montabaur: Markus Kuch (r.) und Josef Kaiser, Vater und „Assistent“ von Schäfer Florian Kaiser, besuchen die Ziegen am Bahndamm in Montabaur. Sie beweiden dort die städtischen Grünflächen. (Bild: VG Montabaur / S.Ditscher)
Den grünen Tisch hat Markus Kuch, Leiter der Grünflächenverwaltung bei der Verbandsgemeinde Montabaur, für die Ziegen gedeckt. Aus seiner Sicht gibt es viele gute Gründe für diese Art der Grünflächenpflege: „Die Ziegen sind gründlich und fressen alles ab, nichts bleibt liegen oder stehen. Sie schonen den Boden im Vergleich zu einem Traktor oder Rasenmäher und sie gelangen leicht auf schwer zugängliche Flächen oder Hanggrundstücke. Außerdem freuen sich Spaziergänger an ihrem Anblick und bleiben gerne stehen, um die Tiere zu beobachten“, fasst Kuch zusammen. „Wir bringen die Natur in die Stadt.“
In den letzten Jahren hatte Kuch keine Landwirte mehr gefunden, die die städtischen Wiesen mähen und das Mähgut aufnehmen. Das brachte ihn auf die Idee, sich nach anderen „Rasenmähern“ umzusehen. Das ist auch ökologisch sinnvoll, weiß Kuch: „Wenn das geschnittene Grün liegen bleibt, die Fläche also gemulcht wird, steht das der Biodiversität entgegen. Die starken Arten und die Generalisten unter den Wiesenpflanzen setzen sich durch – zum Beispiel der Löwenzahn. Dadurch werden die anspruchsvollen Spezialisten wie Schafgarbe, Johanniskraut, Flockenblume oder Wiesenknopf zurückgedrängt. So geht Vielfalt verloren und den Insekten fehlen ihre typischen Nahrungsquellen“. Durch die Beweidung mit Ziegen und Schafe werden die Flächen gleichmäßig gemäht und das Mähgut wird an Ort und Stelle „verarbeitet“, sprich aufgefressen. Gut sieben Hektar städtische Grünflächen will Kuch in diesem Jahr beweiden lassen, jede Fläche nach Möglichkeit zweimal.
Gründliche „Rasenmäher“ sind auch Schafe. Sie werden im Mai auf drei Feuchtwiesen rund um Montabaur eingesetzt. Dort haben sie einen Spezialauftrag: den Riesenbärenklau abfressen. Die Pflanzen gehören nicht zur heimischen Vegetation, verbreiten sich aber aggressiv in unserer Region, vor allem im feuchten Uferbereich von Bächen. Die Stauden werden bis zu drei Meter hoch. Ihre Blätter, Stiele und Blüten sondern eine milchige Flüssigkeit ab, wenn sie brechen. Die Milch ruft bei Menschen Hautverbrennungen und allergische Reaktionen hervor. Im April und Mai setzt das Wachstum des Riesenbärenklaus ein. Die Schafe fressen die jungen Triebe ab, so dass die Pflanzen weiterwachsen und keinen neuen Samen ausbilden. „Die Bekämpfung des Riesenbärenklaus ist Aufgabe der Verbandsgemeinde im Rahmen der Gewässerunterhaltung“, erklärt Markus Kuch. Im letzten Jahr waren erstmals Schafe im Einsatz. „Sie haben ganze Arbeit geleistet, wir haben kaum noch Riesenbärenklau auf ihren Weideflächen vorgefunden. Deshalb weiten wir das Vorgehen jetzt auf andere Flächen aus“, so Kuch. Ab Mai „arbeiten“ nun drei kleine Herden in Eschelbach am Aubach und in Horressen am Stadtbach westlich der L327, wo der Riesenbärenklau besonders verbreitet ist. Dafür sorgen neben Schäfer Florian Kaiser aus Girod-Kleinholbach auch Marco Quirmbach aus Horressen und Christian Ludwig aus Eschelbach. Im Anschluss dürfen sich die Schafe noch die Grünfläche im Wäschbachtal in Horressen schmecken lassen, wo eine naturnahe Wiesenlandschaft mitten im Ort entstanden ist. Die Ziegen und Schafe sollen übrigens nicht gefüttert werden, denn Nahrung, die nicht artgerecht ist, kann den Tieren schaden.