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20201109 GuantanamoMichael Schweitzer sucht Unterstützer – Abu Zubaydah wird ohne Prozess gefoltert und weggesperrt
Westerwaldkreis. Guantanamo: ein Ort, der für manche die Hölle auf Erden ist. Die USA haben dieses Hochsicherheitsgefängnis Anfang 2002 auf einem Marinestützpunkt der US-Navy auf Kuba eingerichtet, als Lager für sogenannte Ungesetzliche Kombattanten: Die Insassen gelten nicht als Kriegsgefangene, sondern als Terroristen, die nicht wie normale Soldaten durch die Genfer Konvention geschützt sind. Guantanamo ist nach Ansicht von Kritikern deshalb ein rechtsloser Raum.
Geschätzte 40 Menschen „leben“ zurzeit im Lager – viele von ihnen ohne Aussicht darauf, jemals wieder entlassen zu werden. Einer von ihnen ist Abu Zubaydah. Und mit ihm ist das Schicksal der Häftlinge im weit entfernten Guantanamo plötzlich ganz nah. Denn der Ellenhäuser Michael Schweitzer ist überzeugt: Abu Zubaydah sitzt zu Unrecht in Haft. 2019 hört der evangelische Pfarrer im Ruhestand zum ersten Mal von der Geschichte des Mannes. Seitdem setzt er sich für dessen Freilassung ein. Ein paar Mitstreiter dafür hat er schon. Aber er braucht mehr, damit Zubaydah noch eine Chance hat.
Im Frühjahr 2002 wird der Palästinenser festgenommen. Er steht unter dem Verdacht, ein wichtiger Anführer des Terrornetzwerkes Al-Kaida zu sein und wird verhört, zunächst vom FBI, später von der CIA.

Dann beginnt das Foltern, erzählt Schweitzer: „Mitarbeiter der CIA sperren ihn in eine kleine Holzbox, ketten ihn an die Wand, entziehen im den Schlaf und praktizieren das berüchtigte Waterboarding. Bei dieser Methode hat der Gefolterte das Gefühl zu ertrinken.“ 2006 wird Zubaydah in Guantanamo eingeliefert. Im selben Jahr gibt die CIA zu, dass sie sich geirrt hat, sagt der Pfarrer: „Abu Zubaydah war nie bei Al Kaida – und schon gar kein hochrangiges Mitglied.“ Er wird nie vor Gericht gestellt; eine ordentliche Anklage gibt es nicht. Trotzdem wird die Folter von ganz oben genehmigt – vom Justizministerium und dem Weißen Haus. Darauf hatte die CIA beharrt, um Straffreiheit für ihre eigenen Leute zu erzielen. Deshalb, so glaubt Schweitzer, werden die USA Abu Zubaydah auch niemals freilassen.
Davon geht auch dessen Rechtsanwalt, Professor Mark Denbeaux, aus. Denbeaux steht inzwischen in regelmäßigem Kontakt zu Michael Schweitzer und ist die Verbindung des Pfarrers zum Inhaftierten. „Der Anwalt war schon mehr als 50-Mal in Guantanamo und ist die einzige Bezugsperson Zubaydahs“, sagt Schweitzer.
Guantanamo scheint ausweglos zu sein: Zubaydah ist Palästinenser, somit staatenlos. Er hat keinen Heimatstaat, der seine Auslieferung beantragen könnte. Sollte aber ein Land wie Deutschland die Auslieferung beantragen, hätte Zubaydah eine Chance, frei zu kommen. Das Problem: Es gibt keinen vergleichbaren Fall. Höchstens den von Murat Kurnaz, der von 2002 bis 2006 ohne Anklage in Guantanamo saß. Doch der Türke lebte vorher in Deutschland, Abu Zubaydah nicht: Er hat überhaupt keinen Bezug zur Bundesrepublik, und deshalb setzt sich auch bislang kein Entscheidungsträger für ihn ein. „Aber diesen Bezug kann man herstellen: durch sehr viele Unterschriften“, glaubt Schweitzer.
Einige regionale und überregionale Unterstützer hat er schon, zum Beispiel das Evangelische Dekanat Westerwald, die Landeskirche, Amnesty International und ACAT, eine christliche Menschenrechtsorganisation gegen Folter.
Michael Schweitzer weiß, dass noch ein langer Weg vor ihm liegt. „Das, was Abu Zubaydah angetan wurde, ist schwer zu ertragen. So etwas Schreckliches will man am liebsten von sich fernhalten, weil es lähmt.“ Doch Schweitzer lässt sich von dem Schicksal des Inhaftierten nicht lähmen. „Mark Denbeaux hat seinem Klienten von diesem Pfarrer aus dem Westerwald erzählt“, sagt er. „Zubaydah hat sehr zurückhaltend reagiert. Denn er glaubt inzwischen nicht mehr daran, dass er freikommt. Aber ich glaube daran. Und wenn er weiß, dass sich im fernen Europa Menschen für ihn einsetzen, gibt ihm das vielleicht doch den Funken Hoffnung, den er jetzt braucht.“ (bon) (Quelle Evanglisches Dekanat WW)