Die Bahnhofstraße in Montabaur soll bis 2023 von Grund auf saniert und neu gestaltet werden. Ein aufwendiges und – im wahrsten Sinne des Wortes – vielschichtiges Projekt, das gut durchdacht und geplant sein muss, ehe die Bagger anrollen. Mit den ersten Überlegungen haben sich Mitglieder des Stadtrates, Mitarbeiter der Verwaltung, Anlieger und interessierte Bürger im Rahmen einer öffentlichen Anliegerversammlung auseinandergesetzt. Im Frühjahr 2019 will die Stadt einen Planungswettbewerb ausloben, der jetzt unter Beteiligung von Gewerbetreibenden und Anwohnern aus der Bahnhofstraße vorbereitet wird.
Städtebauliche Bedeutung
Die Bahnhofstraße ist von zentraler Bedeutung in Montabaur: Sie verbindet den ICE-Park mit der Innenstadt, ist Teil der Hauptverkehrsachse, wird von Fußgängern, Radfahrern, Autos, Lkw und Bussen genutzt, zahlreiche Geschäfte und Dienstleister sowie Wohnhäuser säumen die Straße.
Und sie ist in einem schlechten Zustand, muss - vor allem im mittleren Abschnitt zwischen Alleestraße und Wallstraße – von Grund auf saniert werden. Im Rahmen der Stadtsanierung stand die Neugestaltung der Bahnhofstraße von Anfang an auf der Agenda. Die Maßnahme wird durch das Bund-Länder-Programm „Aktive Stadtzentren“ zu rund 80% gefördert und muss deshalb bis Ende 2023 fertiggestellt sein.
Die Gestaltung richtet sich nach den Leitlinien des Integrierten Städtebaulichen Konzepts (ISEK), das die Stadt 2017 als Grundlage für die Stadtsanierung in Kraft gesetzt hat. „Als wir mit der Stadtsanierung anfingen, haben uns alle Fachleuten geraten: Ihr müsst Eure Stadtportale ansprechend gestalten. Schon deshalb lohnt es sich jetzt, Zeit und Mühe in die Planung zu stecken und die Bürger auf dem Weg dorthin mitzunehmen“, führte Stadtbürgermeisterin Gabi Wieland zu Beginn der öffentlichen Anliegerversammlung aus. Sie ermutigte die Bürger und Anlieger sich einzubringen, ihre Wünsche und Ideen vorzutragen. „Jetzt ist der beste Zeitpunkt dafür!“
Der Planungswettbewerb
Für das komplexe Bauvorhaben „Neugestaltung Bahnhofstraße“ will die Stadt im Frühjahr 2019 einen Planungswettbewerb ausloben, um möglichst viele Ideen und Anregungen zu bekommen und um ein Fachbüro für die konkrete Planung zu finden. Der Wettbewerb folgt den offiziellen Richtlinien für Planungswettbewerbe (RPW) und hat damit einen festgelegten Ablauf. Derzeit werden die Ziele und Anforderungen für die Neugestaltung definiert, denn sie sind die Aufgabenbeschreibung für den Wettbewerb. Dann erfolgt die öffentliche, europaweite Ausschreibung. Zunächst registrieren sich die Fachbüros zur Teilnahme am Wettbewerb und müssen dabei nachweisen, dass sie geeignet und in der Lage sind, ein solches Projekt zu planen und umzusetzen. Aus allen Bewerbern werden schließlich anhand einer vorher festgelegten und veröffentlichten Bewertungsmatrix die 15 bis 20 besten Fachbüros ermittelt. Diese werden dann zum Ortstermin mit dem Preisgericht eingeladen. Bei dem Kolloquium machen sich die Fachbüros ein Bild von der Situation vor Ort und können Fragen stellen. Anschließend haben sie rund drei Monate Zeit, ihre Entwürfe einzureichen. Diese werden dann im Juni vom Preisgericht ausgewertet und anschließend in einer Ausstellung der Öffentlichkeit präsentiert werden. Dann können Bürger und Anlieger nochmals Kritik und Anregungen anbringen. Der Stadtrat entscheidet abschließend über die Auftragsvergabe an den Gewinner des Wettbewerbs.
Das Preisgericht
Dem Preisgericht fällt beim Planungswettbewerb eine tragende Rolle zu, denn es begleitet den Prozess von Anfang an. Im Falle der Bahnhofstraße werden der Jury 13 Personen mit Stimmrecht angehören, die der Stadtrat benennt. Das sind Mitglieder des Stadtrates (Sachpreisrichter) sowie Fachleute aus den Sparten Architektur, Landschaftsarchitektur und Stadtplanung (Fachpreisrichter). Den Vorsitz übernimmt Stadtbürgermeisterin Gabi Wieland. Hinzu kommen einige Sachverständige, die die Jury beraten. Das sind die mit dem Projekt betrauten Mitarbeiter der Verwaltung, Vertreter des Landesbetriebs Mobilität (LBM), der Beauftragte des Kreises für die Belange behinderter Menschen und ein Vertreter des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC). Zu den Sachverständigen zählen auch zwei Bürger, die die Interessen und Perspektiven der Gewerbetreibenden und Hauseigentümer aus der Bahnhofstraße einbringen sollen. Diese beiden Experten – jeweils ein Gewerbetreibender und ein Hauseigentümer – wurden im Rahmen der Anliegerversammlung per Los bestimmt. Sie haben nun die Aufgabe, die Meinungen und Anregungen der Anlieger zu bündeln und in den Prozess einzubringen. Dazu werden sie zu allen Sitzungen des Stadtrates und seiner Fachausschüsse eingeladen, wo es um die Bahnhofstraße geht, und sie sollen an allen Terminen des Preisgerichts teilnehmen. Folgende Personen gehören als Bahnhofstraßen-Experten der Jury an und können von den anderen Anliegern angesprochen werden:
Für die Hauseigentümer:
Hans-Jürgen Schmidt, Bahnhofstraße 29, Tel.:02602-9506250, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Für die Gewerbebetriebe
Thomas Ickenroth; Bahnhofstraße 43, Tel: 02602-9509719; E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Das Wettbewerbsverfahren wird vom Büro Bäumle Architekten und Stadtplaner aus Darmstadt im Auftrag der Stadt Montabaur durchgeführt.
Die Baumaßnahme
Die Bahnhofstraße lässt sich grob in drei Abschnitte und damit auch in drei Bauabschnitte unterteilen. Die obere Bahnhofstraße vom Steinweg bis zur Wallstraße, die mittlere Bahnhofstraße von der Wallstraße bis zum Kreisel Alleestraße und die unteren Bahnhofstraße vom Kreisel bis zur Hohen Straße. In der oberen Bahnhofstraße wurden in jüngster Zeit bereits der Kanal, die Wasserleitungen und die meisten sonstigen Versorgungsleitungen erneuert, so dass dieser Abschnitt „nur“ oberflächlich neu gemacht werden soll. Hier sollen vor allem die Fußwege attraktiv ausgebaut, Aufenthaltszonen geschaffen und Außengastronomie ermöglicht werden. Aber auch die Themen Anliegerparken und Kurzzeitparken stehen auf der Agenda. Wesentlicher komplexer ist der Anforderungskatalog für den mittleren Bereich: Zunächst einmal sollen im Untergrund der Hauptkanal und die Stadtbachverrohrung unter die Fahrspur auf der Schlossbergseite verlegt werden. Dabei werden auch alle Kanal- und Wasserhausanschlüsse erneuert. „Wir wissen heute schon, dass die Bodenbeschaffenheit schwierig ist und werden vor Baubeginn noch detaillierte Untersuchungen dazu machen“, kündigte Projektleiterin Christine Kirchhöfer von der Verbandsgemeindeverwaltung bei der Anliegerversammlung an. Sie bereitete damit Anlieger und Bürger auf eine kleinteilige Baumaßnahme vor. „Wir bauen im Bestand. Da muss man immer mit Überraschungen rechnen.“ Vor Baubeginn müssten zudem noch an einigen Stellen die Eigentumsverhältnisse bereinigt werden, denn zum Teil verlaufen Gehwege über private Flächen oder es stehen Vorgärten auf städtischem Grund. Bei der eigentlichen Gestaltung der Straße besteht die Kernaufgabe darin, den verschiedenen Verkehrswegen für Fußgänger, Radfahrer und motorisierte Fahrzeuge Raum zu geben und sie aufeinander abzustimmen. Nach den ersten Ideen von Verwaltung und Stadtrat soll die Zahl der Parkplätze um ein Drittel reduziert werden zugunsten einer verbesserten Aufenthaltsqualität mit Sitzbänken und Pflanzbeeten. Auf der Fahrbahn wird weiterhin Tempo 50 gelten, aber die Fließgeschwindigkeit soll insgesamt entschleunigt werden. Auf der Seite des Schlossbergs ist vorgesehen, die Einstiege zu den Fuß- und Wanderwegen deutlicher sichtbar zu machen. „Die Bauzeit für den mittleren Abschnitt wird mindestens zwei Jahre betragen“, so Kirchhöfer. In der unteren Bahnhofstraße besteht nur geringer Handlungsbedarf. Hier liegt die Aufgabe darin, ankommende Fußgänger und Radfahrer durch die optische Gestaltung wie selbstverständlich zum ICE-Bahnhof weiter zu leiten.
Öffentliche Anliegerversammlung
Wegen der zentralen städtebaulichen Bedeutung der Bahnhofstraße hatte Stadtbürgermeisterin Gabi Wieland auch interessierte Bürger zur öffentlichen Anliegerversammlung in die Stadthalle eingeladen. Sie hörten zunächst Gregor Bäumle, der das Wettbewerbsverfahren vorstellte, und dann Christine Kirchhöfer, die die Baumaßnahme und deren Problemfelder beschrieb. Anschließend konnten Bürger und Anlieger ihre Wünsche und Ideen aufschreiben und gegenseitig bewerten. Dabei wurden gleich die ersten Knackpunkte deutlich: Während sich die einen mehr Aufenthaltsqualität und Entschleunigung wünschen, stehen für andere mehr Parkplätze ganz oben auf der Prioritätenliste. Diese gegenläufigen Interessen müssen nun bis zur öffentlichen Ausschreibung des Planungswettbewerbs zu einem Kompromiss geführt werden.