Klaus Kühl zeigte, wie das ganze Stadthaus für einen Notfall hergerichtet werden und so als Anlaufstelle für die Bürgerinnen und Bürger dienen kann.
Der Notfalltreffpunkt versteht sich als Bindeglied zwischen Nachbarschaft und Katastrophenhilfe. Er ist beispielsweise aktiv bei länger anhaltendem Stromausfall und wenn Telefonnetze nicht mehr funktionieren – und das auch bereits, bevor der Katastrophenfall ausgerufen wird. In Selters richtet man sich ein, 72 Stunden lang rund 30 bis 40 Personen versorgen zu können.
Zur Verfügung stehen Dinge, wie Taschenlampen, Batterien, Funkgeräte, Laptops, Kochplatten, Warnwesten, Absperrband, zwei Feldbetten, ein Satelliten-Fernseher und bald auch ein Stromaggregat, was das gesamte Haus versorgen kann. „Aber was noch viel wichtiger ist: wir haben jetzt schon 22 ehrenamtliche Helfer gefunden, die im Ernstfall schnell benachrichtigt und einsatzbereit sind“, sagt Kühl. Drei der Helfer haben die Präsentation mit vorbereitet: Peter Brinkmann, Janik Schlemminger und Daniel Krah.
Das ganze Stadthaus in Selters kann genutzt werden. Im Keller lagern 180 Liter Wasser. Im EG werden Menschen empfangen und zugewiesen. Dort befindet sich dann auch die zentrale Anlaufstelle, die eng mit dem DRK und Feuerwehr verbunden ist. Es stehen ein Fachmann vom DRK und in Selters sogar eine Hebamme bereit. Die Bücherei dient als Rückzugsort für Menschen mit Gesprächsbedarf und für Familien. Dort gibt es Bücher, Filme und eine Spielecke. „Der Notfalltreffpunkt ist kuschelig“, sagt Kühl mit dem Blick auf den Teppichboden und die Sitzgruppe, „wir bieten den Menschen Orte, die sie kennen, das schafft Vertrautheit und Ruhe“. Im Studio des Stadthauses kann man die Menschen über einen Beamer, der direkt mit dem Satelliten-TV verbunden ist, am Geschehen teilhaben lassen. „Hier wollen wir informieren und zwar aus zuverlässiger erster Hand, denn Kommunikation ist das Wichtigste“, erklärt Kühl, „Gerüchte dürfen die Menschen in Not nicht verunsichern.“
Der Notfalltreffpunkt ist ganz bewusst nicht bei der Feuerwehr angesiedelt, denn die hat im Katastrophenfall anderes zu tun. Die Idee derartiger Treffpunkte kommt aus der Schweiz. Man will schnell und schon früh nachbarschaftlich und gut organisiert helfen können, dabei ist man sich der Grenzen des Machbaren sehr bewusst. „Das Stromnetz ist empfindlich und kann über Anschläge oder Windbruch lahmgelegt werden. Nicht immer können die Schäden schnell behoben werden.“ Klaus Kühl ist ehemaliger Berufssoldat. Er erklärt, dass Deutschland im Falle einer Verteidigung zentrale Verkehrsdrehscheibe sei und das Stromnetz daher auch Ziel von Aggressoren sein könne. Aktiv wird ein Notfalltreffpunkt aber auch bei Hochwasser oder einer Pandemie. Probleme kann es auch schon bei wesentlich kleineren Ausfällen geben, wenn ohne Strom Beatmungsgeräte nicht mehr funktionieren, Babynahrung nicht warm gemacht werden kann und verängstigte Menschen einen trockenen und warmen Platz benötigen.
„Der Notfalltreffpunkt und die Menschen, die sich darin engagieren, sind für die Selterser Bürgerinnen und Bürger eine glückliche Fügung“, sagt Rolf Jung. Auch Verbandsbürgermeister Oliver Götsch zeigt sich als ehemaliger Feuerwehrmann begeistert: „Man sieht, dass die vielen Gedanken und die gute Vorbereitung beste Voraussetzung für Hilfe im Notfall sind.“ Jede Ortsgemeinde kann 80 Prozent der eigenen Investition an Fördergeldern vom Landkreis Westerwald bekommen, maximal 7.500 Euro. Die Stadt Selters hat 40.000 Euro für das Vorhaben bereitgestellt. „Selters ist hier verbandsgemeindeweit in der Ausführung ganz weit vorne“, sagt Oliver Götsch.
Klaus Kühl möchte über die Arbeit im Notfalltreffpunkt hinaus die Bevölkerung für Ernstfälle sensibilisieren und resilienter machen, denn auch ein Notfalltreffpunkt kann sich nur um rund 1 Prozent der Bevölkerung kümmern. „Wir müssen den Menschen zeigen, dass man ganz viel bereits selbst machen kann“, sagt Klaus Kühl. Für ihn ist Mitmachen an der Gemeinschaft und Aufeinanderachten sehr wichtig. So hielt er bereits einen aufmerksam verfolgten Vortrag zum Notfalltreffpunkt im Seniorenheim und plant Kurse, wie „Kochen ohne Strom“. (Quelle media schneider)