Siegen (ots)
Die Voraussetzungen zur Einrichtung einer Waffenverbotszone für die gesamte Siegener Innenstadt liegen nicht vor - das hat eine sorgfältige Prüfung der Kreispolizeibehörde in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste NRW ergeben.
In der Pressekonferenz zur Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) im Februar hatte der Abteilungsleiter der Kreispolizeibehörde Siegen-Wittgenstein, Leitender Polizeidirektor Bernd Scholz, gesagt, dass die Einrichtung einer Waffenverbotszone in der Siegener Innenstadt geprüft werde. Ausschlaggebend war der landesweite Anstieg von Messerangriffen, der auch unsere Kreispolizeibehörde zu einer Prüfung der örtlichen Fallzahlen und somit der Einrichtung einer Waffenverbotszone gemäß §2 Abs. 2ff Waffenverbotszonensubdelegationsverordnung veranlasste.
Diese Verordnung sieht vor, dass eine Waffenverbotszone eingerichtet werden kann, wenn eine Gefahrenprognose zu dem Ergebnis kommt, dass "das sachverhaltstypische Risiko das allgemeine Lebensrisiko erheblich übersteigen muss. Aus der Gefahrenprognose müssen sich die voraussichtliche Häufigkeit von Schadensfällen mit Waffen und Messern und das Gewicht der Schadensfolgen ergeben. Dabei können insbesondere folgende polizeiliche Erkenntnisse in Bezug auf das maßgebliche Gebiet zugrunde gelegt werden: 1. bereits begangene Straftaten unter Verwendung von Waffen und Messern, 2. Feststellung einzelner Störer oder Störergruppen, die Waffen oder Messer mit sich führen und 3. Sicherstellung von Waffen oder Messern anlässlich einer Durchsuchung in einer Gewahrsamseinrichtung bei Störern, die sich zuvor in dem maßgeblichen Gebiet aufgehalten haben."
In die Gefahrenprognose der Kreispolizeibehörde flossen Auswertungen der PKS sowie des polizeilichen Vorgangsbearbeitungssystems ViVA mit ein. Im gesamten Kreisgebiet sind die Fallzahlen der Messerangriffe seit der statistischen Erfassung im Jahr 2020 von 50 Fälle auf nunmehr 83 Fälle im Jahr 2022 gestiegen. In der Stadt Siegen (gesamtes Stadtgebiet einschließlich der zugeordneten Ortschaften wie Niederschelden, Eisern etc.) konnte dieser Anstieg ebenfalls beobachtet werden. Hier stieg die Anzahl der Delikte von 16 auf 56 Fälle. Vor dem Hintergrund der Prüfung einer Waffenverbotszone ist allerdings festzustellen, dass von den 56 Delikten "lediglich" 13 Fälle im öffentlichen Raum stattfanden und somit dem Bereich der Straßenkriminalität zuzuordnen sind. Die PKS (Ausgangsstatistik) ermöglicht aber keine weitere räumliche Untergliederung, so dass zur Betrachtung des Siegener Innenstadtbereichs die PKS nicht herangezogen werden kann. Daher erfolgte eine weitere Recherche, dieses Mal anhand ViVA (Eingangsstatistik). Diese Auswertung führte zu 15 Sachverhalten, bei denen eine Waffe oder ein Messer mit Angriffsabsicht geführt wurde. Weiterhin sind 21 Straftaten und 5 Ordnungswidrigkeiten erfasst worden, bei denen eine Waffe bzw. ein Messer mitgeführt wurden. Hierbei handelte es sich überwiegend um Zufallsfunde. Anlass waren andere Straftaten wie (Laden-)Diebstähle, bei denen die Personen im Anschluss durchsucht wurden. Dazu kommen noch weitere Sachverhalte, die sich am oder im unmittelbaren Umfeld des Hauptbahnhofs ereignet haben und damit durch die im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei temporär eingerichtete Waffenverbotszone abgedeckt sind (6 Sachverhalte Waffen/Messer mit Angriffsabsicht und 51 Sachverhalte, wo eine Waffe / ein Messer lediglich mitgeführt wurde).
Leitender Polizeidirektor Bernd Scholz: "Dieses detaillierte Auswertungsergebnis verschafft uns Klarheit. Die Grundlagen für die Einrichtung einer Waffenverbotszone sind aus mehreren Gründen nicht gegeben. Insbesondere fehlt es an der Häufigkeit entsprechender Sachverhalte, so dass die geforderte "erheblich gesteigerte Gefahr des allgemeinen Lebensrisikos" nicht vorliegt."
Für Landrat Andreas Müller genießt die Sicherheit in der Siegener Innenstadt aber auch künftig höchste Priorität: "Um diese weiterhin zu gewährleisten, habe ich das Projekt 'Sichere Innenstadt Siegen' noch einmal aufgewertet und als behördenstrategisches Ziel in die Verantwortung des Leitungsstabes der Kreispolizeibehörde Siegen-Wittgenstein gegeben. Wir werden die sichtbare polizeiliche Präsenz noch einmal erhöhen und die bereits bewährten gemeinsamen Einsätze mit dem Siegener Ordnungsamt sowie der Bundespolizei verstärken. Das ist zwar ein enormer Kraftakt, den wir aber stemmen werden."
Bernd Scholz macht deutlich, dass die Situation in der Siegener Innenstadt nach näherer Betrachtung nicht besorgniserregend ist - anders als sie vielleicht nach einer ersten Inaugenscheinnahme der nackten PKS-Zahlen wirkte. Diese Einschätzung wird durch einen Blick über den Tellerrand gestützt. So wurde zum Beispiel in der Dortmunder Nordstadt im vergangenen Jahr eine Waffenverbotszone eingerichtet. Dort lagen nach Angaben der Dortmunder Polizei in den ersten neun Monaten 77 Straftaten vor, bei denen ein Messer als Waffe eingesetzt wurde. Auch in den anderen Städten wie Köln oder Düsseldorf, wo in den Innenstadtbereichen Waffenverbotszonen eingerichtet wurden, herrschen andere Verhältnisse. So weist die PKS Köln und Düsseldorf bei der Betrachtung aller Straftaten als die Städte mit den höchsten Straftatenzahlen in NRW aus.
"Die Kreispolizeibehörde wird auch zukünftig die Entwicklung der Fallzahlen im Auge behalten, um im Bedarfsfall erneut die Prüfung anzustoßen zu können, welche Maßnahmen geeignet sind, die Sicherheit in der Siegener Innenstadt auch künftig zu gewährleisten", unterstreicht Landrat Andreas Müller. (Quelle Polizei Siegen Wittgenstein)