Westerwaldkreis. Die Berge von Frotteetüchern sehen nach Arbeit aus. Aber Mary M. mag ihren Job: das Falten und Legen der Tücher und die anderen Dinge, um die sie sich in der Hachenburger Wäscherei Delfin kümmert. „Ich fühle mich hier sehr wohl und komme jeden Morgen mit einem Lächeln durch die Tür“, erzählt sie. Man nimmt ihr das ab. Denn es hat ein paar Jahre gedauert, bis sie hier ihren Platz gefunden hat. Die 21-jährige hat eine Lernbehinderung und absolvierte zunächst Praktika in einem Pflegeberuf. Aber dort war sie überfordert – außer in der Wäscherei einer Einrichtung. Mit Hilfe des Diakonischen Werks verfolgte sie diesen Weg weiter und bekam schließlich einen Praktikumsplatz bei „Delfin“, aus dem inzwischen ein fester Job geworden ist. „Unterstützte Beschäftigung“ nennt sich das Programm des Diakonischen Werks Westerwald, das Menschen wie Mary M. bei der Suche nach dem richtigen Beruf zur Seite steht. Es hilft Männern und Frauen mit körperlichen oder psychischen Einschränkungen, auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.
Die Unterstützte Beschäftigung begleitet die Betroffenen wenn nötig über mehrere Jahre. Zunächst arbeiten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Diakonie die Stärken ihrer Klienten heraus. „Denn viele trauen sich wegen ihrer Beeinträchtigungen zu wenig zu oder kennen ihre Fähigkeiten nicht“, sagt Anna Lüdemann. Sie arbeitet in dem von der Agentur für Arbeit finanzierten Projekt, dessen Herzstück die wöchentlichen Qualifizierungstage sind. In ihnen lernen die Klienten nicht nur Berufsübergreifendes wie korrektes Schreiben oder Rechnen, sondern sie lernen auch die eigene Persönlichkeit besser kennen: „Wir üben den Umgang mit Konflikten oder das richtige Verhalten gegenüber den Kollegen und den Vorgesetzten – also die Schlüsselqualifikationen, auf die Arbeitgeber heute besonders achten“, weiß Lüdemann.
Außerdem hilft das Diakonieteam bei der Suche nach einem geeigneten Praktikumsplatz und begleitet die Klienten auch darüber hinaus: „Wir besuchen regelmäßig die Betriebe; schauen, was die Menschen vor Ort und an ihrem speziellen Arbeitsplatz brauchen und stehen in engem Kontakt mit den Arbeitgebern“, sagt Martina Schaar, Mitarbeiterin im Projekt. Denn viele Unternehmen wissen gar nicht, welche Förderleistungen der Staat bietet, wenn Menschen mit Beeinträchtigung eingestellt werden – geschweige denn, wie wertvoll diese Angestellten für einen Betrieb sein können: „Oft hören wir von den Arbeitgebern, dass unsere Klienten eine ganz andere Stimmung mitbringen“, erzählt Schaar. „Sie sind außerordentlich freundlich und hoch motiviert. Und da sie einen Arbeitsplatz wie jeder andere auch haben, sind sie in dem Betrieb unentbehrlich.“
Erhard Hauptmann leitet die Wäscherei Delfin und macht diese Erfahrung täglich: „Wir sind ein Inklusionsbetrieb und verarbeiten 85 Tonnen Wäsche pro Monat. Von unseren 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben 19 eine Beeinträchtigung. Jeder Einzelne ist eine ganz wichtige Stütze für uns.“
Menschen wie Mary M., die sich an fünf Tagen in der Woche um die Wäsche kümmert. „Ich wollte immer unbedingt eine Arbeit haben“, erzählt sie, während sie ein weiteres Tuch faltet. „Hier habe ich endlich eine gefunden, die zu mir passt und die ich weitermachen möchte.“ (bon)
(Quelle: Pressemitteilung, Evangelisches Dekanat Westerwald)