Kreis Altenkirchen. Es war eine drastische Begrüßung, aber eine notwendige, führte sie doch eindrucksvoll vor Augen, warum man hier und heute zusammengekommen war. Als Saskia Müller (Kreisverwaltung) jetzt knapp 120 Teilnehmende zum Fachtag „Lokales Netzwerk Kindeswohl und Frühe Hilfen“ im Hotel „Glockenspitze“ in Altenkirchen willkommen hieß, da erinnerte sie an das Schicksal des kleinen Kevin aus Bremen. Der Zweijährige war 2006 von seinem Ziehvater schwer misshandelt und getötet worden. Der Körper des Jungen wies bei der Obduktion zahlreiche Knochenbrüche und Hämetome auf.
„Unzählige Einrichtungen waren mit dem Fall beteiligt. Jede hat etwas dazu geschrieben“, erinnerte Saskia Müller. Und dennoch konnte der Tod von Kevin nicht verhindert werden. „Unser Ziel können wir nur gemeinsam erreichen. Es ist wichtig, dass wir voneinander lernen.“ Dieses Ziel lautet auf den Punkt gebracht so: Im Landkreis Altenkirchen sollen für das Kindeswohl Strukturen existieren, die einen zweiten Fall Kevin nahezu unmöglich werden lassen. Und daher war das Spektrum der Teilnehmenden auch extrem breit: Vertreter und Vertreterinnen von Kitas und Grundschulen waren ebenso dabei wie Hebammen, therapeutische Fachkräfte, aber auch Strafverfolgungsbehörden.
Bei diesem Fachtag, der jährlich von der Kreisverwaltung organisiert wird, stehen zum einen Vorträge von externen Referenten auf der Tagesordnung. „Es geht aber vor allem darum, wie wir die Leute miteinander verknüpfen können, um ein sicheres Netz zu spannen“, so Saskia Müller.
Kreisbeigeordneter Klaus Schneider zeigte sich begeistert von der Resonanz auf den Fachtag. „Wir beschäftigen uns hier mit Themen, die leider die Realität in unserem Land abbilden“, sagte Schneider, nachdem er zuvor – angesichts des Tags des Grundgesetzes – von weltweitem Frieden, Meinungsfreiheit etc. „geträumt“ hatte. Das Jugendamt der Kreisverwaltung biete eine Vielzahl an Präventionsmaßnahmen an. „Und trotzdem passieren Dinge.“ Die Kommunikation der verschiedenen Stellen miteinander sei extrem wichtig, so der Beigeordnete. „Lassen sie uns daher einen kleinen Beitrag leisten, dass die Welt ein bisschen besser wird.“
Klaus Schneider und Organisatorin Saskia Müller freuten sich, dass einige hochkarätige Referenten den Weg in den Westerwald gefunden hatten. Dr. Cleo Walz, Leiterin der Forensischen Ambulanz am Universitätsklinikum in Mainz, erläuterte, auf welche körperlichen Merkmale Fachkräfte bei Kindesmisshandlungen achten sollten und wie diese überhaupt zu erkennen sind. Der schwierigen Kommunikation in Konfliktsituationen nahm sich Annika Wehrmann an. Sie ist Juristin, Mediatorin, Familienberaterin und Referentin für Bildungs- und Gesundheitsinstitutionen. Erwin Germscheid schließlich, selbstständiger Berater, Lehrsupervisor und Leiter der Fachstelle Jungenarbeit in Rheinland-Pfalz, hatte seinen Impulsvortrag mit „Die Krise der kleinen Kerle – über Männlichkeitsentwürfe zwischen Genderdiskurs und pädagogischer Praxis“ überschrieben. (Quelle Kreis Altenkirchen)