Vorrichtungsbau der Caritas-Werkstätten Westerwald-Rhein-Lahn ermöglicht auch Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf die Teilhabe am Arbeitsleben
WESTERWALD/RHEIN-LAHN. Die Caritas-Werkstätten Westerwald-Rhein-Lahn bieten mehr als 650 Menschen mit geistiger, körperlicher oder seelischer Behinderung, die dauerhaft oder vorübergehend nicht erwerbsfähig sind, Teilhabe am Arbeitsleben an acht Standorten im Westerwaldkreis und im Rhein-Lahn-Kreis. Darüber hinaus haben sich die Caritas-Werkstätten Westerwald-Rhein-Lahn in den vergangenen mehr als 45 Jahren zu einem verlässlichen Partner im Produktions- und Dienstleistungsbereich für viele regionale Unternehmen und Betriebe entwickelt. „Wir bieten ein breites Leistungsspektrum in den Bereichen Fertigung, Montage und Dienstleistung. Die jahrzehntelangen Geschäftsbeziehungen in der Region zeigen, dass die Kund:innen unsere Qualität, Preise, Termintreue und Zuverlässigkeit schätzen“, betont Geschäftsführer Armin Gutwald.
Besonders wichtig ist es den Verantwortlichen, dass alle Werkstatt-Beschäftigten, insbesondere auch Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf, in den Produktionsprozess eingebunden werden. „Wir können die Arbeit so gestalten, dass selbst Menschen mit schweren Behinderungen an dieser teilhaben können – dies ist unser gesetzlicher Auftrag und unsere Berufung“, unterstreicht Gutwald. Dabei ist es wichtig, die Ergonomie am Arbeitsplatz stetig zu verbessern. Um die Anforderungen der Geschäftskund:innen im Hinblick auf Prozesssicherheit und Produktivität entsprechend erfüllen zu können, verfügen die Caritas-Werkstätten seit nunmehr rund sieben Jahren über einen eigenen Bereich Vorrichtungsbau. „Wir wollen Arbeit einfach machen, damit die Arbeit einfach gemacht werden kann“, bringt Gutwald das Motto der Caritas-Werkstätten auf den Punkt. Wie dies im Werkstatt-Alltag umgesetzt wird, zeigt ein Beispiel aus dem Werkstatt-Betrieb in Rotenhain, wo seit einigen Jahren bereits Möbel-Transporthilfen - sogenannte Möbelroller - hergestellt werden. Die Produktion der Rollbretter, die es in fünf verschiedenen Modellen gibt, war lange Zeit recht aufwändig. Unter anderem mussten die Kunststoffbuchsen für die Rollen sowie die Rollen selbst manuell – mithilfe einer sogenannten Kniehebelpresse – in die Holzbretter gepresst werden. „Für einige der Beschäftigten war dies aufgrund starker körperlicher Beeinträchtigungen nur schwer oder gar nicht möglich“, erklärt der Rotenhainer Betriebsleiter Günter Keßler. Um aber auch diesen Beschäftigten die Teilhabe zu ermöglichen, suchten Betriebsleitung, der werkstatt-eigene Sozialdienst und die Abteilung Vorrichtungsbau gemeinsam nach einer Lösung.
Die Jubiläums-Vorrichtung
Das Ergebnis ist rund 2,3 Meter breit, 1,5 Meter hoch, 0,6 Meter tief und circa 400 Kilogramm schwer. „Die Pressvorrichtung für die Möbelroller ist die mit Abstand größte Vorrichtung, die wir bisher gebaut haben“, berichtet Christian Wüst, der den Vorrichtungsbau von Beginn an leitet und seither zahlreiche tolle Projekte umgesetzt hat. „Die Pressvorrichtung in Rotenhain ist die 200. Vorrichtung, die wir seit Bestehen der Abteilung gefertigt haben“, ist Wüst zu Recht auch ein bisschen stolz auf das bisher Geleistete. Unterstützt wird der studierte Maschinenbautechniker von Schreinermeister Christophorus Claßen. Die Fertigung der Pressvorrichtung für Rotenhain hat rund fünf Monate gedauert. „Ganz fertig ist so eine Maschine aber eigentlich nie. Im Arbeitsalltag ergeben sich immer wieder Optimierungsmöglichkeiten“, so Wüst, der regelmäßig Rücksprache mit den Gruppenleitungen hält, um kontinuierliche Verbesserungsprozesse umzusetzen. Bei der Entwicklung der „Jubiläums-Vorrichtung“ für Rotenhain wurde unter anderem darauf geachtet, dass diese sowohl als Einzel- als auch als Zwei-Personen-Arbeitsplatz genutzt werden kann. Da es Beschäftigte gibt, die beispielsweise aufgrund einer Spastik oder Lähmung nur einen Arm bzw. eine Hand bewegen können, war es außerdem wichtig, dass die Maschine sowohl von Rechts- wie von Linkshändern gleichermaßen problemlos bedient werden kann. Da sie in der Höhe verstellbar ist, ist die Arbeit an der Presse sowohl sitzend (beispielsweise für Rollstuhlfahrer) als auch stehend möglich.
Ergonomie & Arbeitssicherheit
Ebenso wichtig wie die Ergonomie ist das Thema Arbeitssicherheit: „In der Vorrichtung für die Möbelroller wurden circa 40 Pneumatik-Bauteile verbaut, um alle Sicherheitsfunktionen und -prozesse sicherzustellen“, sagt der Vorrichtungsbauer und erklärt: „Wird beispielsweise eine Tür während der Produktion geöffnet, stoppt die Maschine und die Druckzylinder, die mit einer Druckkraft von bis zu 1.000 Kilogramm arbeiten, fahren in eine Sicherheitsposition.“ Bei der Realisierung der Projekte arbeitet der Vorrichtungsbau stets eng mit der Fachkraft für Arbeitssicherheit und der zuständigen Berufsgenossenschaft zusammen.
Die neue Pressvorrichtung für Möbelroller in Rotenhain unterstreicht eindrucksvoll das Motto „Arbeit EINFACH machen“ der Caritas-Werkstätten Westerwald-Rhein-Lahn. Sie leistet aber noch mehr: „Die Maschine macht nicht nur die Arbeit einfach, sie erhöht auch die Selbstständigkeit und Eigenverantwortung der Beschäftigten. Dadurch wird ihr Selbstbewusstsein gestärkt. Zudem fördert die Arbeit an der Maschine die Teamfähigkeit, die Rücksichtnahme und die Aufmerksamkeit unserer Beschäftigten“, zeigt sich Günter Keßler sichtlich begeistert von der neuesten Errungenschaft in seinem Betrieb. (Quelle Caritas Rhein-Lahn)