Ideen sollen trotzdem umgesetzt werden
Die Stadt Montabaur nimmt Abstand von der geplanten Bewerbung zur Landesgartenschau 2032. Einstimmig fiel ein der Empfehlungsbeschluss der städtischen Ausschüsse an den Stadtrat aus, der im Februar final entscheidet. Mit der Bewerbung würden erhebliche finanzielle und andere Risiken einhergehen, die für die Stadt nicht tragbar sind. In der Vorbereitungsphase waren die Bedingungen, die das Land für die Durchführung einer Landesgartenschau (LaGa) stellt, lange unklar. Parallel dazu musste aber die Bewerbung mit der Bürgerbeteiligung und der Arbeit am Konzept zügig vorangebracht werden, um die Abgabefrist im März 2025 einhalten zu können. Das finale Gespräch mit dem Landesministerium zur Klärung der Rahmenbedingungen fand kurz vor Weihnachten statt: Dabei hat sich gezeigt, dass die Risiken vollständig zu Lasten der Stadt gehen würden und derzeit nicht kalkulierbar sind. In der intensiven Konzeptarbeit und in der Bürgerbeteiligung haben sich jedoch viele gute Ansätze gezeigt, die die Stadt auch ohne den zeitlichen, finanziellen und organisatorischen Rahmen einer Landesgartenschau umsetzen kann. Die Ausschüsse empfehlen daher, die Ergebnisse für die weitere Stadtentwicklung zu nutzen: Ein Masterplan, wie die Stadt „grüner“ und „blauer“ werden kann, soll erarbeitet werden. Die Visionen für Montabaur sollen nicht verloren gehen.
Die Risiken für die Stadt
Nach dem Beschluss des Stadtrats, eine Bewerbung für die Landesgartenschau 2032 zu erarbeiten, wurde im April in der Verwaltung eine Projektgruppe unter Leitung der Stadtbürgermeisterin eingerichtet. Diese hat während ihrer Arbeit fortlaufend die Risiken, Chancen und Optionen einer Bewerbung abgeglichen und offene Fragen mit den zuständigen Stellen beim Landesministerium abgeglichen – bis zum finalen Gespräch kurz vor Weihnachten. Das Ergebnis: Das dreifache finanzielle Risiko, also für die Bautätigkeit, für die Durchführung der Veranstaltung und die Refinanzierung durch Fördermittel liegt komplett bei der Stadt; ebenso das personelle Risiko in den ersten Jahren.
Risiko Bautätigkeit
Nach aktuellem Stand der Planungen sollte sich die LaGa auf die Flächen Eichwiese, Schlossberg und Quendelberg beziehen. Laut den Kriterien des Landes sollen innenstadtnahe Flächen umgenutzt oder aufgewertet werden. Das hätte umfangreiche Baumaßnahmen erforderlich gemacht, die aber zum größten Teil als so genannte Daueranlagen erhalten bleiben. Für all diese Bauarbeiten auf den LaGa-Flächen gibt das Land einen Festzuschuss von bis zu 8 Mio. Euro, die übrigen Kosten, egal wie hoch sie sind und wie sich die Preise entwickeln, hätte die Stadt allein zu tragen. Erste Kostenschätzungen gehen von einem Volumen von 60 Mio. Euro allein für diese Investitionen aus (einschließlich Zuschläge für Baukostensteigerung und Risikopuffer). Hinzu kommen die begleitenden Projekte wie der Bau von neuen Parkhäusern oder der Umbau von Verkehrsknotenpunkten, die zwar im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Projekt LaGa stehen, aber nicht in den engeren Projektrahmen gehören. Sie wäre zusätzlich durchzuführen und zu über den städtischen Haushalt zu finanzieren.
Risiko Veranstaltung
Eine Landesgartenschau ist eine Großveranstaltung. Erfahrungen von anderen Landesgartenschauen zeigen, dass man mit bis zu 1 Mio. Besucher im Zeitraum April bis Oktober rechnen kann. das finanzielle Risiko für die Durchführung für den Erfolg oder Misserfolg trägt allerdings allein die Stadt.
Risiko Refinanzierung
Die einzelnen Baumaßnahmen im Rahmen einer Landesgartenschau können über verschiedene Förderprogramme von Land und Bund refinanziert werden. Zu Beginn der Bewerbungsphase riet das Land von einer Förderquote von 70-75% auszugehen, inzwischen lautet die Empfehlung mit 50-60% Förderung zu rechnen. Die Stadt müsste alle Baumaßnahme vorfinanzieren und könnte erst nach Abschluss der jeweiligen Maßnahme entsprechende Fördermittel erhalten, und zwar zu den dann gültigen Konditionen. Größtes Risiko hierbei sind hierbei die vielfältigen Förderprogramme, die immer wieder verändert werden und ihre Schwerpunkte verschieben, so dass heute gemachte Annahmen zu Fördermöglichkeiten zum Zeitpunkt der Abrechnung längst nicht mehr aktuell sein könnten – mit erheblichen finanziellen Auswirkungen.
Risiko Projektgesellschaft
Zur Ausführung der Landesgartenschau gründen die jeweilige Gastgeberstadt und das Land zusammen eine gemeinsame Projektgesellschaft mit entsprechendem Personal für Planung, Bau und Durchführung. Das Land hat nun signalisiert, dass es diese Gesellschaft erst nach 2027 mit Personal ausstatten können wird. Derzeit läuft die Vorbereitung der Landesgartenschau 2027 in Neustadt, der Geschäftsführer ist dort gebunden und könnte nur einen Tag pro Woche für Montabaur tätig sein. Es ist das erste Mal, dass parallel die Vorbereitungen für eine neue Landesgartenschau beginnen während die vorherige in der heißen Phase steckt. Für die Stadt Montabaur hieße das, dass sie alle bis Ende 2027 notwendigen Planungen und Vorbereitungen mit eigenem Personal stemmen müssten; im Falle der verbandsangehörigen Stadt also mit Personal der Verbandsgemeindeverwaltung. Außerdem hat das Land bislang keinen Entwurf für den Gesellschaftsvertrag vorgelegt, obwohl dieser vom Stadtrat beraten und beschlossen und im März der Bewerbung beigelegt werden müsste.
Die Idee für eine Landesgartenschau in Montabaur
„Wir sind Anfang 2024 enthusiastisch, professionell und mit viel Elan in die Planungen für die Bewerbung zur Landesgartenschau 2032 (LaGa) eingestiegen. Damals wie heute sehen wir darin eine riesige Chance für unsere Stadt. Für mich war es immer ein Herzensprojekt“, eröffnet Stadtbürgermeisterin Melanie Leicher die gemeinsame Sitzung der städtischen Ausschüsse. Die Stadt wollte mit der Landesgartenschau nach jahrzehntelanger schneller Wachstumsphase den ökologischen Umbau in Angriff nehmen, klimafreundlicher, hitzeresilienter und noch lebenswerter werden. Viele Impulse und Ansätze brachte die Bürgerbeteiligung; in der Konzeptarbeit standen die Gebiete Eichwiese, Schlossberg und Quendelberg im Fokus. Sie sollten im Zuge der Landesgartenschau umgestaltet und miteinander in Beziehung gesetzt werden, mit der Altstadt als verbindendes Element. Die Eichwiese als Kernstück der Planung sollte in einen Stadtgarten mit Wasserläufen und einem kleinen See verwandelt werden und außerdem eine ganz neue Anbindung an die Altstadt erhalten. Das Planungskonzept hatte den Arbeitstitel „Grüner. Blauer. Montabaur“ und sollte eigentlich im Januar der Öffentlichkeit vorgestellt werden.
Bürgerbeteiligung brachte vielfältige Impulse
Mehr als 450 Personen beteiligten sich in der Zeit von Juli bis Oktober 2024 an verschiedenen Formaten online und vor Ort. Sie brachten knapp 800 Ideen ein. Diese flossen in die Ausarbeitung der Bewerbung ein. Die Vorschläge bezogen sich vor allem auf die Themen Wasser, Natur, Freizeitgestaltung und Mobilität. Viele Bürger wünschen sich außerdem mehr Treffpunkte für alle Generationen. Die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung sind unter www.gartenschau-montabaur.de zu finden.
Die Beratung in den Ausschüssen
„Wir haben sehr intensiv und mit viel Herzblut an der LaGa-Bewerbung gearbeitet und die Planung immer wieder nachgeschärft. Aber nach dem finalen Gespräch mit dem Ministerium war der Kipppunkt definitiv erreicht und wir mussten einsehen, dass es mit diesen Risiken nicht machbar ist“, berichtete die Stadtbürgermeister aus der Arbeit der Projektgruppe. „Auch ein solches Ergebnis kann ein gutes Ergebnis sein“, stellte Carsten Irrgang stellte für die FWG fest. „Es ist zwar schade und es wäre eine tolle Chance gewesen. Aber es ist nicht tragbar, wenn man nicht weiß, wo man am Ende herauskommt.“ Dem schloss sich die CDU an: „Wir tragen diese Entscheidung mit. Es ist nicht vertretbar, die Stadt einem solch hohen finanziellen Risiko auszusetzen“, sagte Peter Hülshörster. „Die Entscheidung ist eine konsequente“, bestätigte Harald Birr (SPD). Und Jörg Schur (Bündnis 90/Die Grünen) ergänzt: „Die Stadt kann schöner und lebenswerter werden. Wir haben ein Interesse daran, die vielen guten Ideen umzusetzen.“
Leitmotiv: „Grüner. Blauer. Montabaur.“ soll bleiben
Und so empfehlen die Ausschüsse, die entwickelten Ideen in ein neues Stadtentwicklungskonzept zu übernehmen. Dabei soll das Leitmotiv „Grüner. Blauer. Montabaur“ bleiben. Grüner steht für: mehr Natur in der Stadt. Blauer werden heißt: Bäche sicht- und erlebbar machen und neue Wasserflächen schaffen. Den finalen Beschluss hierzu fasst der Stadtrat am 20. Februar.
Die Mitbewerber
Insgesamt sieben Städte hatten zum Stichtag 31.1.24 ihr Interesse an der Landegartenschau 2032 bekundet. Davon sind laut Presseberichten wieder ausgestiegen: Kaiserlautern (Mai 2024), Betzdorf (Juni 2024), Saarburg (November 2024) sowie (voraussichtlich) Bad Kreuznach und Montabaur (Januar 2025). Pirmasens ist noch offen. (Quelle VG Montabaur)