Krankenkassen und ihre Verbände legen ein Gutachten der hcb GmbH zur zukunftsorientierten Weiterentwicklung der stationären Versorgung vor
Vorweg: Die Patientinnen und Patienten werden in rheinland-pfälzischen Krankenhäusern gut versorgt, gerade auch in der Notfallversorgung. Dies ist das Ergebnis eines Gutachtens des Institute for Health Care Business (hcb) GmbH, welches die gesetzlichen Krankenkassen und ihre Verbände im Land in Auftrag gegeben hatten und das heute in Mainz präsentiert wurde. Das hcb analysierte die derzeitige Situation, die Einflussfaktoren auf die künftige Entwicklung sowie Lösungsmöglichkeiten und Handlungsalternativen zur Sicherung einer zukunftsfähigen Krankenhausstruktur. Die wissenschaftlich fundierten Ergebnisse werden im Austausch mit allen Gesundheitspartnern genutzt, um auch zukünftig eine qualitätsorientierte Krankenhauslandschaft gemeinsam aktiv zu sichern.
Die medizinische Versorgung ist ein zentrales Thema in der rheinland-pfälzischen Bevölkerung. Denn im Krankheitsfall und insbesondere im Notfall ist eine gute Versorgung wichtig. Eine hohe Qualität der Versorgung ist dabei elementar. Die Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger fällt bei planbaren Operationen immer häufiger auf zertifizierte Zentren, eine Berücksichtigung der Behandlungsqualität findet vermehrt statt.
Die gegenwärtigen Bestrebungen der Bundesregierung zur Krankenhausreform zielen grundsätzlich darauf ab, die vorhandenen Krankenhausstrukturen effizienter zu gestalten, um die Versorgung für die Zukunft zu sichern und zugleich die Qualität zu erhöhen. Umfangreiche Änderungen sind in nahezu allen Teilbereichen der medizinischen Versorgung umzusetzen. Jedoch angesichts der sich verschärfenden Rahmenbedingungen im stationären Bereich wie Fachkräftemangel, Demografie, Verschiebung der Stadt-Land-Versorgung, zunehmendes Qualitätsbewusstsein der Menschen und wirtschaftliche Probleme der Krankenhäuser muss die Chance genutzt werden, um gemeinsam Lösungen zu erarbeiten, die nachhaltig und zukunftsweisend sind. Das Gutachten zeigt dahingehende Optimierungspotenziale für Rheinland-Pfalz auf.
Auf Basis des Gutachtens folgende Schlussfolgerungen:
Versorgung in der Fläche: Die aktuelle Krankenhausstruktur in Rheinland-Pfalz ist geprägt durch viele kleine Standorte, die einen nur geringen Spezialisierungsgrad erreichen können, sofern sie keine Fachklinik sind. Die vorhandenen Betten sind im Ländervergleich niedrig ausgelastet. Hinzu kommt, dass es sich bei den im Krankenhaus behandelten Patientinnen und Patienten oft um „leichtere“ Fälle handelt, die mittlerweile gut auch ambulant versorgt werden könnten. Stationäre Versorgungsformen binden in hohem Maße Ressourcen, insbesondere wichtig benötigte Fachkräfte. Dies ist gerade bei stark rückläufiger Auslastung nicht zielführend. Im Hinblick auf den Fachkräftemangel und den demografischen Wandel werden immer mehr ältere Menschen als potenzielle Patientinnen und Patienten durch immer weniger Personal (Krankenhäuser versus ambulante Versorgung) versorgt, was eine bessere Verteilung des Personals erfordert. Zudem gibt es Doppelstrukturen (insbesondere in Ballungsgebieten und an den Ländergrenzen), denen mit Maßnahmen zur Schwerpunktbildung und Zentralisierung begegnet werden kann.
Schwerpunktbildung und Zentralisierung: Viele kleine Krankenhäuser mit weniger als 150 Betten und einer landesweiten Auslastung von nur 66 Prozent bestehender Kapazitäten prägen die aktuelle Krankenhausstruktur in Rheinland-Pfalz. Durch die Bündelung von medizinischen Leistungsgruppen, insbesondere in Versorgungsregionen mit drohender Unterversorgung (Schwerpunktbildung), können Krankenhäuser oder Standorte ihre Fallzahlen in bestimmten Leistungsgruppen steigern, sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren sowie durch die Schärfung des Leistungsangebotes wirtschaftlicher agieren und so wettbewerbsfähig bleiben. Es werden die Versorgungsqualität gesteigert und die Mindestanforderungen an die Leistungsgruppen einfacher erfüllt. Die Zusammenlegung und Konzentration mehrerer Kliniken, insbesondere in Regionen mit hoher Krankenhausdichte, an einem bestehenden und / oder einem neu zu bauenden Zentralklinikum (Zentralisierung), führt zu wirtschaftlichen Betriebsgrößen und ebenfalls zur Steigerung der Versorgungsqualität. Schwerpunktbildung und Zentralisierung haben damit das gemeinsame Potenzial, die stationären Versorgungsstrukturen langfristig zu verbessern und die stationäre Versorgungsicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten, indem aktuell vorhandene Doppelstrukturen bei Leistungsangeboten abgebaut werden, die Qualität der Leistungserbringung gesteigert wird und die für die Versorgung notwendigen Fachkräfte in wirtschaftlich bestehenden Krankenhäusern arbeiten können.
Sektorenübergreifende Versorgung: In Rheinland-Pfalz nehmen die Menschen überdurchschnittlich häufig eine Krankenhausbehandlung in Anspruch, gleichzeitig ist der Schweregrad der Patientinnen und Patienten bundesweit am niedrigsten. Die primärärztliche Versorgung kann durch neue Versorgungsformen, wie ambulante oder sektorenübergreifende Zentren optimiert werden. Eine sektorenübergreifende Versorgung würde ein patientenfreundliches Angebot schaffen und die ländliche Versorgung sichern. Ziel ist, möglichst flexible Versorgungsmodelle in enger Kooperation (Leistungserbringer stationär und ambulant, Pflege, Krankenkassen, örtliche und regionale Politik sowie Kommunen und Länder) zu schaffen. Eine effizientere Steuerung könnte dazu beitragen, dass Patientinnen und Patienten noch besser die für ihr Krankheitsbild am besten geeignete Klinik finden.
Investitionskostenfinanzierung: In den vergangen beiden Jahrzehnten waren die Investitionsfördermittel der Länder rückläufig. In Rheinland-Pfalz lag die Förderquote sogar unter dem niedrigen Bundesdurchschnitt. Allein im letzten Jahr ergab sich ein Investitionsbedarf von 351 Millionen Euro. Dadurch werden die Krankenhäuser gezwungen, Investitionen teils aus den Betriebsmitteln oder anderen Quellen (Trägervermögen) zu finanzieren. Dies ist ein Grund für die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Krankenhäuser. Kommen, wie in den vergangenen Jahren, sinkende Auslastungszahlen hinzu, ohne dass die Strukturen angepasst werden, verstärkt dies die wirtschaftlichen Probleme. Da zudem für Förderungen von beispielsweise Umbauten oder technologischen Innovationen meist ca. 20 Prozent Eigenmittel aufzubringen sind, ist dies für einige Krankenhausträger nicht leistbar. Obwohl in Rheinland-Pfalz bereits die bundesweit höchsten Preise – aufgrund des höchsten Landesbasisfallwertes und der weitgehendsten Sicherstellungszuschläge – gezahlt werden, können damit die negativen Vorzeichen in Struktur und Investition nicht ausgeglichen werden. Für kleine unspezialisierte Standorte, die zudem von der Bevölkerung weniger aufgesucht werden, ist dies noch problematischer. Hier könnten zielgerichtete Investitionen die Wirtschaftlichkeit und Patientenversorgung verbessern. (Quelle AOK RLP SAAR)