Bessere Vernetzung, mehr Einsatz für Ehrenamt und digitale Teilhabe
„Gut leben und älter werden im Westerwaldkreis!“ – unter diesem Leitbild hatte eine fraktionsübergreifende Arbeitsgruppe 2012 erstmals für den Landkreis eine Seniorenpolitische Konzeption erarbeitet. Nach zehn Jahren wurde geprüft, inwiefern die gesteckten Ziele erreicht wurden und wie die Maßnahmen bedarfsgerecht angepasst werden sollten. Kürzlich verabschiedete der Kreistag eine aktualisierte Fassung. Bianca Westphal, die seit Anfang des Jahres die Seniorenleitstelle sowie die Pflegestrukturplanung des Westerwaldkreises verantwortet, erläutert im Interview die wichtigsten Erkenntnisse.
Frau Westphal, wofür benötigen wir überhaupt eine Seniorenpolitische Konzeption?
Im Westerwaldkreis könnte der Anteil der über 65-Jährigen laut Angaben des Statistischen Landesamts von heute rund 21 Prozent auf circa 28 Prozent der Bevölkerung im Jahr 2040 anwachsen. Das bringt für die Gestaltung des Lebens in den Dörfern und Städten große Herausforderungen mit sich. Die Seniorenpolitische Konzeption soll eine Orientierungshilfe für eine vorausschauende und zukunftsgerichtete Seniorenpolitik bieten. Hierfür wurden Maßnahmen für wichtige Lebensbereiche und Bedürfnisse älterer Menschen erfasst.
Was ergab die Überprüfung der ersten Konzeption – welche Ziele wurden erreicht, welche sind noch in weiter Ferne?
Beim Abgleich der verschiedenen Handlungsfelder zeigte sich, dass sich in vielen Bereichen etwas getan hat und einige Erfolge verzeichnet werden konnten. So wurden etwa in puncto Mobilität Fortschritte durch Bürgerbusse und Mitfahrerbänke erzielt. Aber gleichzeitig gibt es je nach Verbandsgemeinde auch noch große Lücken und kein Bereich kann als völlig abgeschlossen angesehen werden. Es haben sich sogar noch zusätzliche Herausforderungen ergeben.
Wichtige Erkenntnis der Überprüfung war zudem, dass die Vielzahl der Angebote für Senioren noch stärker vernetzt und die Arbeit effektiver koordiniert werden sollte. Dies sehe ich als einen zentralen Aufgabenbereich der Seniorenleitstelle der Kreisverwaltung.
Welches sind die größten Neuerungen in der aktuellen Fassung der Konzeption?
Mit fortschreitender Digitalisierung muss den älteren Menschen die eigenverantwortliche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht werden. Insbesondere sollten sie beim Einstieg und im Umgang mit digitalen Medien unterstützt werden und geeignete Lerninhalte erhalten. Deshalb hat die fraktionsübergreifende Arbeitsgruppe, die die Bedürfnisse der Senioren der Region erarbeitet hat, in der aktualisierten Version der Seniorenpolitischen Konzeption ein zwölftes Handlungsfeld mit dem Titel „Digitale Kompetenz und Teilhabe“ neu aufgenommen.
Noch stärker in den Fokus wurde das Thema Ehrenamt gerückt. Hier gilt es, Interessierte zu freiwilligem Engagement von und für Senioren vor Ort zu motivieren, sie bei bestehenden Aktivitäten zu bestärken und zu unterstützen. Dazu gehören beispielsweise „Kommunale Helferkreise“ in allen Verbandsgemeinden und Initiativen, um unter dem Motto „Gemeinsam statt einsam“ Begegnungsmöglichkeiten bei Sport, Bildung, Freizeit und Kultur zu schaffen.
In diesem Zusammenhang unterstützt die Seniorenleitstelle nicht nur beratend, sondern derzeit auch mit zwei konkreten Angeboten: der Ausbildung zum seniorTrainer und der Schulung zum Seniorsicherheitsberater. Ehrenamtliches Engagement ist für viele Ältere eine Möglichkeit zur gesellschaftlichen Teilhabe und ein deutlicher Gewinn für die eigene Lebensqualität.
Ganz wichtig ist auch die Erweiterung der Förderrichtlinien. Diese wurden von 500 auf 1.000 Euro pro ehrenamtliches Projekt als Anschubfinanzierung angehoben.
Wie wird die Seniorenpolitische Konzeption nun in konkrete Maßnahmen umgesetzt?
Damit sich in der Praxis etwas ändert, ist es wichtig, dass sich die Ortsbürgermeister sowie die Senioren- und Generationenbüros der Verbandsgemeinden intensiv mit der Seniorenpolitischen Konzeption auseinandersetzen. Sie kann nur einen Rahmen darstellen, der die Richtung weist. Bei Diskussionen auf breiter Basis in den Orts- und Verbandsgemeinden und in Bürgerforen sollten daraus dann konkrete Maßnahmen entstehen.
Für mich als Leiterin der Seniorenleitstelle des Westerwaldkreises ist die Seniorenpolitische Konzeption eine Art Hausaufgabenheft. Die fraktionsübergreifende Arbeitsgruppe hat umfassend festgelegt, welche Maßnahmen gewünscht sind. Da ich diese nicht überall im Westerwaldkreis selbst umsetzen kann, ist es mein Ziel, eine Anlaufstelle zu bieten, bei der sich Interessierte intensiv austauschen, neue Ideen entwickeln und Netzwerke pflegen können. Dabei stehe ich gern beratend und mit praktischen Hilfen zur Seite. Ich hoffe auf ein schönes Miteinander auf Augenhöhe und freue mich, in meiner neuen Funktion gemeinsam mit allen Beteiligten durchzustarten. (Quelle Westerwaldkreis)