Familiengeschichte im Fokus: Fördermittel ermöglichen Pilotprojekt
Online in alten Registern blättern, Dokumente entziffern und Fotos anschauen: Das ist per Mausklick auch von daheim aus möglich, denn das Stadtarchiv Montabaur wird immer digitaler. Dank eines geförderten Pilotprojekts können Bürger jetzt auch auf Spurensuche in ihrer Familiengeschichte gehen.
WissensWandel heißt ein Programm für Bibliotheken und Archive, mit dem der Deutsche Bibliotheksverband seit November 2020 die digitale Weiterentwicklung unterstützt. Es ist Teil der Initiative NEUSTART KULTUR der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Ziel ist, die Folgen der Corona-Pandemie für Bibliotheken und Archive zu mildern und ihnen eine gute Zukunftsperspektive zu geben.
Davon profitiert das Stadtarchiv Montabaur. „In unserer Digitalisierungsoffensive liegt ein besonderer Fokus darauf, familiengeschichtliche Dokumente online zu stellen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen“, erklärt Stadtarchivar Dennis Röhrig. „Unter diesem Aspekt haben wir uns bei WissensWandel beworben und sind natürlich glücklich über die finanzielle und technische Unterstützung, die unsere Arbeit sehr erleichtert.“ Insgesamt sind rund 60.000 Euro Fördergeld geflossen. Davon wurden ein professioneller Archivscanner angeschafft und die Software Visual Library samt Support der Firma semantics eingekauft. So ausgestattet kann Dennis Röhrig mit seinem Team aus zwei Hilfskräften und einem Dutzend Ehrenamtlicher die zeitaufwändige, kleinteilige und manchmal mühsame Aufgabe wesentlich viel besser bewältigen.
Darüber freut sich auch Stadtbürgermeisterin Gabi Wieland: „Dieses Projekt sucht seinesgleichen. In solcher Tiefenerschließung sind historische Dokumente sonst kaum erfasst und durchsuchbar gemacht worden. Mit der Digitalisierung schafft unser Archiv nicht nur den Sprung in die Zukunft. Es wird vor allem leichter zugänglich und nutzbar – und damit bürgerfreundlicher. Alle können darin stöbern und auf Entdeckungsreise gehen.“
Vorgegebenen Editierrichtlinien folgend, transkribiert das Archivteam die unterschiedlichsten Schriften und lernt im laufenden Prozess dazu. Mehr als 54.000 Seiten familiengeschichtlicher Dokumente sind inzwischen online verfügbar. Angesichts der Fülle des Materials müssen Prioritäten gesetzt werden. Aber alle Beteiligten sind sich einig: Das bislang Erreichte kann sich sehen lassen. Aktuell sind bereits die Volkszählungslisten und das Beerdigungsregister (beide Teil des Personenregisters) sowie das Gewerberegister vollständig durchsuchbar. Die Indexsuche läuft über Zunamen, Berufe, Ortschaften und etliche weitere Aspekte, die stetig verfeinert und ausgebaut werden.
Zahlreich vertreten ist zum Beispiel zwischen 1801 und 1940 die Familie Weyand, auch in der Schreibweise Wayand oder Weiand. Ihre Mitglieder lebten vor allem in Montabaur und Horressen und übten neben heute noch gängigen Berufen wie Klempner, Kaufmann, Buchhalterin oder Hebamme auch Tätigkeiten aus, die es nicht mehr oder nur noch höchst selten gibt: Sattler, Tagelöhner, Blechschmied, Strohflechter oder Hausangestellte. Einen guten Einblick gewährt im Zuge der preußischen Volkszählung 1867 der ausführliche Eintrag über den Schuhmacher Mathias Weyand, geboren im Jahr 1808. Er wohnte an der Neuen Chaussee (heute Bahnhofstraße) - mit Ehefrau, Sohn, vier Töchtern, einer Pflegetochter und einer weiteren Person im Haushalt. Sohn Christian sollte offenbar das Familiengewerbe fortführen, denn er war Schuhmachergeselle. Und es finden sich sogar Angaben über Familienmitglieder, die derzeit nicht in Montabaur weilen. Sie waren seinerzeit unterwegs in Limburg, Fulda und Wien.
Bei der Recherche im digitalen Archiv fügen sich nicht nur Puzzleteile einzelner Familien zusammen. Zugleich entsteht eine riesige Sammlung, die auch für die wissenschaftliche Forschung genutzt werden kann. Hierzu zählen z.B. Studien zur Sozial- und Migrationsgeschichte, zur Lokalgeschichte oder zur historischen Geografie. Online stehen in unterschiedlichen „Ausbaustadien“ auch Magistratsprotokolle, Karten und Plakate, Adressbücher, Amts- und Wochenblätter sowie Liegenschaften.
Wer das digitale Archiv von Montabaur kennenlernen möchte, findet es im Internet im unter digitalarchive.montabaur.de Ebenfalls im Netz sind die Findbücher zu etlichen Abteilungen des Stadtarchivs, etwa zur Präsenzbibliothek unter www.stadtarchiv-montabaur.findbuch.net. Auch die Findbücher werden stetig erweitert, unter anderem die zum Zeitungsarchiv.
Für die Bewältigung der vielfältigen Aufgaben sind freiwillige Helfer immer willkommen. Infos bei Dennis Röhrig, Tel.: 02602 / 126-376, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.
(Quelle Stadt Montabaur)