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SENIOREN BLICKTEN ZURÜCK AUF DIE JAHRE NACH DEM KRIEG

Buchfinkenland. Ein richtiger alter hölzerner Heuerntewagen passte dann doch nicht in das zum „Senioren-Café“ umgewandelt Foyer der Grundschule im Buchfinkenland. Kein Problem für Altbauer Josef Schlosser vom früheren Lindenhof in Gackenbach: er baute in vielen Stunden ein Modell dieses historischen Erntemobils und führte dieses den vielen interessierten Senioren bei Kaffee und Kuchen vor. Anlass dafür war die Gesprächsreihe „So war das früher bei uns im Buchfinkenland“ beim letzten Treffen der Initiative „555 Schritte - fit bis ins höchste Alter“ im Buchfinkenland. Dabei ging es um die Landwirtschaft und Ernte früher.

In dem Gespräch gingen die hochaltrigen Teilnehmenden aus Hübingen, Gackenbach, Horbach und weiteren benachbarten Dörfern mit Bewohner/innen aus dem örtlichen Seniorenzentrum Ignatius-Lötschert-Haus zurück in die Zeiten der 50er und 60er Jahre, in denen viele Menschen in der Kleinregion im südlichsten Westerwald Landwirtschaft betrieben. „Damals gehörten hier zu fast jedem Haus noch ein Stall und eine Scheune mit zugehörigen Wiesen und Äckern“, so eine Bewohnerin des Altenheimes.

Als Gast war der langjährige „Bauernpräsident“ des Westerwaldes, Heribert Metternich, ins Buchfinkenland gekommen. In ebenso deutlichen wie eindrucksvollen Worten schilderte er den Strukturwandel in der heimischen Landwirtschaft von der Nachkriegszeit bis heute: „Früher waren alle Landwirte, heute stellen immer mehr große Betriebe unsere Ernährung sicher“, so Metternich. Er bedauerte insbesondere, dass die heutigen Kinder und Jugendlichen nur mit mehr oder weniger kleinen Bildschirmen aufwachsen und immer weniger Bezug zur Natur und zur Landwirtschaft haben. „Wir müssen versuchen das zu ändern, sonst sieht es mit einer gesunden Ernährung durch eine funktionierende Landwirtschaft in Zukunft schlecht aus“, so der erfahrene heimische Bauernfunktionär.

Zu Wort kamen alle, die über eigene Erfahrungen in der Landwirtschaft berichten konnten. So stellte Clemens Labonte aus Horbach, mit 94 Jahren ältester Teilnehmer und lebenslang in seinem Heimatort als selbständiger Landwirt in einem Aussiedlerbetrieb tätig, fest: „Das war früher nur Arbeit, Arbeit und nochmal Arbeit – etwas anderes haben wir nicht gekannt“. Er sei froh gewesen, mit dem hart erarbeiteten Ertrag seine Familie ernähren zu können. Berichtet wurde auch darüber, dass die Ernte lange Zeit reine Handarbeit war, bevor die großen Landmaschinen eingeführt wurden: „Den angenehmen Geruch von frisch geschnittenem Getreide habe ich heute noch in der Nase“, so eine damalige Erntehelferin.

Beim den 555ern darf das traditionelle Heimat-Quiz mit Frans-Josef Jung bei jedem Treffen nicht fehlen. Diesmal ging es dabei dann natürlich auch um die Landwirtschaft. Auf die zugegeben anspruchsvolle Frage, wie viele landwirtschaftliche Betriebe es 2010 im Westerwaldkreis mit durchschnittlich 50 ha gab, wusste nur ein Anwesender die richtige Antwort (nämlich 560): Heribert Metternich!

Vor dem historischen Gesprächskreis mit Kaffee und Kuchen sowie dem Quiz durften die 555 Schritte (mit oder ohne Rollator) vom Altenheim bis zum Buchfinkenzentrum bei optimalem „Senioren-Wetter“ nicht fehlen. Dort erwartete Gesundheitscoach Jutta Lukas von der AOK in einem großen Stuhlkreis auf die Ankommenden Ü-80-Senioren: 40 Minuten seniorengerechte gymnastische Übungen für Geist und Körper waren angesagt – und alle machten nach anfänglicher Zurückhaltung begeistert mit. Klar, geht es doch dabei um die Erhaltung der eigenen Gesundheit! Zur Belohnung durften dann alle nebenan ins eigens für den Nachmittag eingerichtete „Café“ im Foyer der Schule gehen.

Für das 555er-Orgateam dankte Margit Schüller, Leiterin der Betreuungskräfte im Seniorenzentrum, allen Helfern und Helferinnen, dass sie mit ihrem Einsatz, den ebenso netten wie informativen Nachmittag ermöglicht hatten. Der Dank halt auch Schulleiterin Sabine Stahlberg, die sofort die „Schule geräumt“ und den Senioren überlassen hatte. Diskutiert wurde aber auch kritisch darüber, weshalb viele „Buchfinken“ die jetzt 80 Jahre oder etwas älter sind, nicht zu den Treffen der 555er kommen. „Sonst stirbt langsam, aber sicher unser 555er-Projekt“, so Hans-Jürgen Merfels, der seit den ersten Stunden für den Westerwald-Verein das Projekt mitgestaltet.

Gelegenheit für neue 555er dazuzustossen, besteht am Mittwoch, 2.11. ab 14.00 Uhr. Dann führen die 555 Schritte zum traditionellen Martinsbrezelessen in den Saal des Gasthauses „Zum grünen Baum“ in Horbach. Dabei wird dann Claudia Rotkegel vom Fachzentrum für Seniorenernährung in einem kurzen Vortrag mit Gespräch darüber berichten, was man im Alter tun kann, um sich gesund zu ernähren. Weitere Infos dazu und zu den 555ern gerne unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! (Quelle Uli Schmidt)