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Viele Ideen, damit es für Radler in Limburg besser wird
Pendlerrouten und mehr im Fokus

Limburg ist keine Radfahrstadt. Bei den Bewertungen im Fahrradklimatest des ADFC befindet sich die Stadt stets am Tabellenende (mit Tendenzen der Verbesserung). Der Anteil der Radler lag bei der Aufstellung des Masterplan Mobilität bei sieben Prozent, das ist ein recht geringer Anteil am gesamten Verkehrsaufkommen. Doch es tut sich etwas. Die Stadt hat im vergangenen Jahr ihre erste Fahrradstraße bekommen, an vielen Stellen gibt es kleine Verbesserungen. Mit dem in Arbeit befindlichen Radverkehrskonzept sollen nun auch große Projekte angegangen werden. Dabei im Fokus: Die Verbindung zwischen Diez und Limburg über die Diezer Straße.


220113 StraßenLimburg

„20.000 Kraftfahrzeuge am Tag und für Radfahrende gibt es keine Infrastruktur.“ Die Ist-Beschreibung von Alexander Gardyan ist klar. Der Diplom-Ingenieur leitet das Büro IKS Mobilitätsplanung, das von der Stadt mit der Erarbeitung eines Radverkehrskonzepts beauftragt ist. Gardyan und sein Team setzen dabei auf die Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger. Ein erster Workshop in Eschhofen fand noch in Präsenz statt, der zweite bedingt durch die Corona-Pandemie fand nun digital statt. Im zweiten Workshop gab es durch Gardyan zum einen eine Analyse der bestehenden Radwegeverbindungen in der Stadt und zum anderen konkrete Vorschläge, Verbesserungen zu erreichen.
Bereits im ersten Workshop bildete die Verbindung zwischen Diez und Limburg ein wichtiges Thema, wobei dabei noch verschiedene Routen als gleichwertig angesehen wurden. Nun präsentierte Gardyan den rund 40 digital Teilnehmenden den Vorschlag, die schnellste und kürzeste Verbindung über die Diezer Straße auch für Radfahrende fit zu machen. „Das ist ein klares Leitprojekt, das von hohem Nutzen ist“, verdeutlichte der Planer.

Ein langer Prozess
„Wir werden auch dahin gehen, wo es wehtut und versuchen, die Konflikte zu Gunsten der Radfahrenden auflösen“, zeigte sich Bürgermeister Dr. Marius Hahn bereit, auch harte Diskussionen zu führen. Wer die Verkehrswende aktiv gestalten wolle, müsse auch unbequeme Entscheidungen treffen, denn die Verkehrsfläche könne oftmals nicht erweitert, sondern nur anders verteilt werden. Die zugeschalteten Bürgerinnen und Bürger forderte er dazu auf, sich in den über viele Jahre angelegten Prozess aktiv einzubringen.
Das Ziel ist klar: Der Radverkehr soll seinen Anteil am Verkehrsaufkommen in der Stadt steigern. Von sieben auf 15 Prozent im Jahr 2030. Dabei gilt es nach Einschätzung von Alexander Gardyan, den Straßenraum als öffentlichen Raum für mehrere Nutzergruppen zu entwickeln, Pendlertrassen für Radfahrende zu schaffen und die Erreichbarkeit der Innenstadt zu verbessern sowie den Rad- und Fußverkehr möglichst voneinander zu trennen.

Schnelle Verbindungen
„Wer auf das Fahrrad als tägliches Verkehrsmittel setzt, will schnell als Ziel kommen“, macht der Verkehrsplaner in dem Workshop deutlich. Konkret heißt das für die Verbindung zwischen Diez und Limburg: Es gibt keine Alternative zur Diezer Straße. Der Weg durch das Wohngebiet in Richtung Schafsberg biete sich für touristische Touren und den Schülerverkehr an, aber nicht für die tägliche Fahrt. Gleichwohl soll es auch dort zu deutlichen Verbesserungen für Radfahrende kommen.
Radverkehr auf der Diezer Straße, das bedeutet Kompromisslösungen für alle Verteilteilnehmenden. Es fallen Parkplätze am Straßenrandbereich für Autos weg, gleichzeitig kann in einigen Abschnitten nur das Mindestmaß an Fahrbahnbreite eingehalten werden, für Radfahrende unterschreitet der entsprechende Fahrstreifen auch schon mal das Mindestmaß, die Gehwege sind ebenfalls in einigen Teilbereichen recht schmal. Der Ausbau der Diezer Straße mit besseren Bedingungen für Radler endet am WERKStadt-Kreisel. Anschließend muss es über Tilemannstraße und Parkstraße weitergehen oder aber es geht mit dem Zweirad eingefädelt in den Verkehr in Richtung Innenstadt. Für den Abschnitt zwischen Kreisel und Kreuzung sieht Hessen Mobil aktuell keine Möglichkeit, Flächen für Radfahrende zur Verfügung zu stellen.

Ins ICE-Gebiet über die B8
Für die parallel verlaufende Route durch das nördlich gelegene Wohngebiet macht der Planer den Vorschlag, das Quartier als Fahrradzone auszuweisen. Dort wäre Kraftfahrzeugverkehr dann nur noch für Anlieger erlaubt. Die Zufahrt zum Krankenhaus müsse natürlich für alle weiterhin gewährleistet sein. Die bisher als Einbahnstraßen ausgewiesenen Anna-Straße und Parkstraße müssten für den Radverkehr in Gegenrichtung freigegeben werden, in der Parkstraße könnte nur noch auf einer Seite geparkt werden.
Untersucht hat das Büro Verbesserungen auf zwei weiteren Pendler-Trassen, auf dem Weg zwischen der Innenstadt und dem ICE-Gebiet sowie zwischen der Kernstadt und Offheim. Der Weg von der Innenstadt zum ICE-Gebiet führt über die Eisenbahnstraße und die Frankfurter Straße (B8). In der Eisenbahnstraße sollen die bestehenden Schutzstreifen für Radfahrende auf jeweils 1,5 Meter verbreitert werden und die Parkplätze im Kurvenbereich unter der Eisenbahnüberführung wegfallen. Für die Frankfurter Straße schlägt der Planer einen Verkehrsversuch mit einem Pop-up-Radweg vor, der einfach durch bauliche Elemente von dem übrigen Verkehr getrennt wird. Ein 2,5 Meter breiter Weg, der in beide Richtungen befahren wird und bis zur Einmündung in den Eduard-Horn-Park führen soll (dort Anschluss an bestehendes Wegesystem), würde dem Kfz-Verkehr einen in Richtung Innenstadt verlaufenden Fahrstreifen kosten.

Verbindung nach Offheim
Untersucht wurde von dem Büro ebenfalls, was sich an der direkten Verbindung zwischen der Innenstadt und Offheim verbessern lässt. Hierzu hatte der Ortsbeirat schon einige Vorschläge gemacht. Die Empfehlung der Verkehrsplaner sieht für die Strecke mit einer erheblichen Höhendifferenz sowie unterschiedlich hohen Verkehrsbelastungen vor, einseitig bergauf einen Schutzstreifen aufzubringen, der zwischen Gehweg und Fahrbahn angesiedelt wird, zudem soll der Gehweg bergauf wie bisher auch den Radlern zur Benutzung freistehen, jedoch schon direkt nach der Kreuzung mit der B8 und nicht erst ab dem Abzweig in die Schwarzerde. Für den Weg in Richtung Stadt sieht Gardyan, bedingt durch die beengten baulichen Verhältnisse, keine Möglichkeiten einen separaten Schutzstreifen auszuweisen. Bergab könnten die Radfahrenden die Fahrbahn nutzen. „Hier muss in weiteren Planungen eine andere Lösung gefunden werden“, ergänzt Michael Stanke, 1.Stadtrat, die Empfehlung der Verkehrsplaner.

Diskussionsprozess in Gang bringen
„Manches mag vielleicht beim ersten Eindruck recht radikal klingen, das ist es aber nicht. Es sind Vorschläge für ein Konzept. Was wir an vielen Stellen in der Stadt brauchen, ist eine Umverteilung der bestehenden Verkehrsflächen. Diesen Übergang wollen wir moderieren“, machte Michael Stanke deutlichen. Nach Einschätzung des 1. Stadtrats ist es ganz natürlich, dass sich Radfahrende freuen, wenn ihnen mehr Platz im Verkehr eingeräumt werden soll. Allerdings dürfe diese Diskussion nicht nur mit denen geführt werden, die das Rad nutzten, sondern auch mit Geschäftsleuten in der Innenstadt, mit Autofahrenden und natürlich auch mit denen, die zu Fuß unterwegs sind.
Aufgrund der Anmerkungen im Rahmen des digitalen Workshops sowie noch weiter eingehender Hinweise und Ideen wird das Büro nun den Vorschlag für ein Konzept erarbeiten, das dann in die politischen Beratungen geht.

Bestandsanalyse
In der Bestandsanalyse, aufgenommen im Mai, Juni vergangenen Jahres, sind unter anderem die Problemfelder fehlende und mangelhafte Radwegeinfrastruktur auf den Pendlertrassen, fehlende Abstellanlagen, fehlende Querungsanlagen, die Themen Reinigung, Instandhaltung und Winterdienst von Radwegen sowie die fehlende Qualität bei touristischen Radwegeverbindungen aufgeführt worden. In der Karte der wesentlichen Mängel sind fast alle Verbindungen in die Innenstadt aufgeführt aufgrund der nicht ERA-gerechten Führung, fehlenden Breiten oder schadhaften Oberflächen. Im Zentrum selbst kommen dann noch Netzlücken hinzu.

Weitere Vorschläge
Das Büro hat nicht nur Vorschläge zu den Pendlerrouten erarbeitet, sondern schlägt weitere Verbesserungen vor. Durch die Schaffung von weiteren Abstellanlagen in den Fünf-Meter-Zonen vor Kreuzungen und Einmündungen könnte zum Beispiel das illegale Eckenparken verhindert und bessere einsehbare Einmündungen geschaffen werden. Insgesamt fehlt es an dezentralen Abstellanlagen ebenso wie an zentralen Abstellanlagen rund um den Bahnhof. Bedarf bestehe rund um die Fußgängerzone noch an fünf bis sechs größeren Abstellanlagen. Das Büro schlägt zudem die Öffnung weiterer Einbahnstraßen für den Radverkehr in Gegenrichtung vor, dazu zählen Hospitalstraße und die Graupfortstraße. Wichtige Voraussetzung hierbei ist die Schaffung eines mindestens 1,85 Meter breiten Fahrradstreifens.
Die Schaffung einer Brücke für den Rad- und Fußverkehr am Bahnhof wird ebenfalls als sinnvoll eingestuft, da es keine direkten mit dem Rad zu fahrenden Verbindungen zwischen der zentralen Innenstadt und der Südstadt gibt. Verbesserungsbedarf gibt es auch entlang der Fernradwege R7 und R8. Der R8 sollte die Kreuzung am Staffeler Dreieck möglichst unterqueren und der Weg über die Lahn mit einem verbreiterten Steg an der Eisenbahnbrücke oder einem separaten Bauwerk fortgeführt werden.
Die Querung der Lahn in der Stadt selbst sieht das Verkehrsbüro langfristig auf der alten Lahnbrücke, denn alle Verbindungen über die Lichfieldbrücke oder deren Neubau führten an der Altstadt vorbei. Voraussetzung für eine separate Fläche für Radfahrende auf der alten Brücke ist jedoch ein Einbahnstraßenverkehr für Kraftfahrzeuge. Handlungsbedarf besteht in der Zeppelinstraße, denn die Benutzungspflicht für den kombinierten Rad-Gehweg ist nicht konform zur Straßenverkehrsordnung.

Beiträge im Workshop
Auch im digitalen Format gab es nicht nur Nachfragen nach den vorgestellten Vorschlägen zur Verbesserung der Radwegeinfrastruktur, sondern auch einige Anregungen aus der Runde. Um die Situation für Radfahrende und zu Fuß gehende in der Innenstadt zu verbessern, sollte der „Kreisverkehr“ zwischen Grabenstraße, Hospitalstraße, Schiede und Graupfortstraße unterbunden werden, die Graupfortstraße sollte nicht durchgehend befahrbar sein. Beklagt wurde der Radweg zwischen Offheim und Elz, der einer Buckel-Piste gleiche. Der Wunsch wurde geäußert, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des städtischen Ordnungsamts für ihre Kontrollen Fahrräder nutzen, um die Perspektive zu wechseln.
Die Verbindung zwischen Limburg und Diez über die Industriestraße bis hin zum Eschhöfer Weg sollte für Radfahrende deutlich verbessert werden. Ein Schutzstreifen auch für die Fahrt bergab von Offheim nach Limburg ist als sinnvoll und wünschenswert dargestellt worden. Die Frage nach einer Radfahr-Hauptroute zwischen Limburg und Ahlbach wurde von Alexander Garyan gleich beantwortet. Der Limburger Stadtteil wird auch in Zukunft nur über Nebenrouten, die über Offheim oder Dietkirchen führen, an die Kernstadt angebunden sein. (Quelle Stadt Limburg)