„Jede Stadt braucht ein City-Management!“
In Montabaur leistet Josef Schüller Pionierarbeit mit dem Leitmotiv: Stets freundlich, hell, sicher, sauber – Enge Kooperation im Rathaus bringt Erfolg.
Josef Schüller in seinem Büro vor Fotos mit dem Montabaurer Weihnachtszauber. Er sagt mit einem Augenzwinkern über sich selbst: „Ich fürchte, ich bin der älteste aktive Citymanager!“
Als er sein Amt antrat, war er bereits Rentner. Zugleich ist er ein Pionier: Josef Schüller (69) ist der erste Citymanager der Stadt Montabaur. Im November 2017 unterschrieb er einen Dreijahresvertrag. Jetzt geht Schüller in die Verlängerung; Ende 2022 will er sich dann endgültig in den Ruhestand verabschieden. Im Interview erzählt er, warum eine kleine Kreisstadt im Westerwald ein Citymanagement braucht, was erreicht wurde, wo die Schwerpunkte der Zukunft liegen und welche Herausforderungen in der Krise gemeistert werden müssen.
Herr Schüller, Sie stammen aus Österreich, leben (am Wochenende) in Fürth und haben eine lange berufliche Laufbahn hinter sich. In Leipzig haben Sie als Centermanager die Shopping Promenaden am Hauptbahnhof aufgebaut. Wie hat es Sie ausgerechnet in den Westerwald verschlagen?
Tatsächlich habe ich Montabaur schon im September 2015 kennen gelernt, als Regionaldirektor Bayern der ECE Projektmanagement GmbH. Die ECE entwickelt Einkaufszentren und überlegte, ins Outlet-Geschäft einzusteigen. In Montabaur hatte gerade das FOC eröffnet, und ich bin für ein Screening hierhergefahren. Mit dem ICE, der praktisch vor den Läden hielt. Dann bin ich zu Fuß in die Stadt gegangen, habe im Freien einen Cappuccino getrunken und gedacht: Westerwald? Hier ist es wie in Italien!
Zwei Jahre später stellte ich als frisch gebackener Rentner fest, dass ich nicht ausgelastet war. Und wie das Leben so spielt, entdeckte ich eine Stellenanzeige, die bundesweit erschien: Montabaur suchte einen Citymanager! Ich bewarb mich, wurde von Stadtbürgermeisterin Gabi Wieland eingeladen und präsentierte dem Rat mein Konzept. Am nächsten Tag kam die Zusage.
Warum braucht eine kleine Stadt wie Montabaur einen Citymanager?
Der Ausdruck „City“ ist irreführend. Die meisten denken dabei an eine Stadt mit hunderttausenden Einwohnern und langen Einkaufsmeilen. Aber: Grundsätzlich braucht jede Stadt ein Citymanagement. Eine Innenstadt lebt von einem gesunden Mix aus Handel, Gastronomie, Kunst, Kultur, Sport und natürlich Wohnen. Hier gilt es, richtig zu agieren und aktiv zu gestalten, um nicht abgehängt zu werden. Ein großes Thema ist das veränderte Konsumverhalten, das die Händler vor Ort stark unter Druck setzt.
Das Citymanagement ist direkt bei der Stadtbürgermeisterin und der Stadtpolitik angedockt. Oberstes Ziel ist es, die Attraktivität von Montabaur zu steigern und die Stadt samt ihren Stadtteilen zu beleben.
Was ist in Montabaur anders als in einer Großstadt? Wo liegen die Besonderheiten?
Kleinere Städte haben es oft schwerer. Montabaur ist aber in mehrfacher Hinsicht gut aufgestellt und erlebt vor allem dank der guten Anbindung durch den ICE-Bahnhof eine rasante Entwicklung mit vielen gewerblichen Neuansiedlungen und wachsenden Wohngebieten. Zu nennen sind der ICE-Park, das FOC – inzwischen Montabaur the Style Outlets -, das Aubachviertel, das Quartier Süd und viele Sanierungsprojekte in der Altstadt und den Stadtteilen.
Ein großer Vorteil für das Citymanagement sind die kurzen Wege, das Miteinander im Rathaus und die Tatsache, dass der Stadtrat die Ziele überparteilich mitträgt. Ich arbeite sehr eng nicht nur mit der Stadtbürgermeisterin zusammen, sondern auch mit meinen Kolleginnen und Kollegen aus den Bereichen Kultur, Stadtplanung und -sanierung, Ordnungsamt und Straßenverkehr. Große Anerkennung verdienen alle Mitarbeiter des Bauhofs mit den Elektrikern: Ohne sie geht´s nicht!
Welche konkreten Ziele wurden bei Ihrem Amtsantritt gesteckt – und was ist bislang erreicht?
Das Motto lautet: Stets freundlich, hell, sicher, sauber! Bürger*innen und Gäste sollen sich wohlfühlen und gerne hier verweilen – in den Geschäften, der Gastronomie und bei Veranstaltungen. Zu Beginn meiner Amtszeit habe ich eine Dokumentation gemacht, um Dinge aufzuzeigen, die nicht in dieses Bild passen. Dazu gehörte zum Beispiel ein wirklich heruntergekommenes Bus-Wartehäuschen an der Alleestraße, ausgerechnet an der Auffahrt zum Schloss, dem Markenzeichen von Montabaur. Es wurde schnell beseitigt.
Montabaur punktet inzwischen das ganze Jahr über mit Veranstaltungen unter städtischer Regie, angefangen vom Aufblühen im Frühling über den Schustermarkt und den Oktobermarkt bis hin zum Weihnachtszauber. Mit einer Vielzahl von Veranstaltungen ist gelungen, Leben in die Stadt zu bringen und sowohl das Wir-Gefühl als auch das Image der schönen Fachwerkstadt zu stärken. Dazu gehören Initiativen zur Städtebauförderung genauso wie die Ausstellung „70 Jahre Grundgesetz“ im Quartier Süd oder Ehrenamtsaktionen und verkaufsoffenen Sonntagen. Zur Stärkung der Identität gehören auch Kleinigkeiten wie die Umbenennung der Parkhäuser Süd und Mitte in Altstadt I und Altstadt II.
Das Jahr 2020 ist geprägt von der Corona-Pandemie. Sie schränkt das Leben jedes und jeder Einzelnen ein, und die Wirtschaft erleidet massive Einbußen. Das Citymanagement hat sich zum Krisenmanagement gewandelt: Wie kann die Stadt die Geschäftsleute unterstützen und den Alltag der Bürger*innen aufhellen?
Wir müssen vor allem den Betrieben helfen, wo wir können. Im zweiten Lockdown wachsen die Existenzängste. Wir ermutigen die Gastronomie, verstärkt auf Liefer- und Abholservice zu setzen und übernehmen die Koordination und das Marketing hierfür. In der Innenstadt sind beheizbare Pavillons vor den Restaurants und Cafés aufgestellt worden, um mehr Sitzgelegenheiten nach den geltenden Hygieneregeln bieten zu können. Die Hoffnung ist, dass sie bald genutzt werden dürfen, damit die Gastronomie Umsatz macht und die Menschen wieder miteinander ausgehen können.
Auch beim Weihnachtszauber denken wir notgedrungen um. Eine neue Attraktion ist der Krippenweg zwischen Montabaur und Horressen. Ein virtuelles Programm bringt festliche Stimmung und natürlich das Montabaurer Christkind in die Häuser. Ganz wichtig in dieser dunklen Zeit: Der Wolfsturm, die Kirche St. Peter in Ketten, die Pauluskirche, das Alte Rathaus sind stimmungsvoll beleuchtet. Die Stadt strahlt noch stärker als gewohnt im Lichterglanz!
Was sind die nächsten wichtigen Projekte in der Stadt, wenn hoffentlich bald wieder Normalität einkehrt?
Es wird eine neue, andere Normalität sein. Es wird noch eine Weile dauern bis dahin. Zurzeit heißt die Devise: durchhalten! Danach müssen wir alles daransetzen, dass die Stadt nicht ausblutet. Das heißt vor allem: schnelle Akquise bei Leerständen. Bislang ist uns das gut gelungen. Für die Zukunft setzen wir auch auf ein gemeinsames Konzept mit der IHK. Gerade ist der City Guide erschienen, der mit Kennzahlen wie Umsatz, Kaufkraft, Pendlerströmen für Montabaur wirbt – aber auch mit Fotos. Sie spiegeln das besondere Ambiente der Altstadt auf den ersten Blick.
Warum haben Sie Ihren Vertrag verlängert? Hängt Ihr Herz so sehr an Montabaur oder wollen Sie noch persönlich Dinge auf den Weg bringen bzw. abschließen?
Ich identifiziere mich stark mit Montabaur und habe hier nicht nur ein gutes berufliches Netzwerk geknüpft, sondern auch Freunde gefunden. Und ja, da sind noch Projekte in der Pipeline, die ich gerne begleiten möchte – zum Beispiel die Sanierung der Bahnhofstraße oder die Neugestaltung am Adenauerplatz.
Ende 2022 höre ich aber wirklich auf. Bis dahin verdeutliche ich weiter bei fast jedem öffentlichen Auftritt: Das Citymanagement muss sich verfestigen! (Quelle Stadt Montabaur)