Eingerüstet und mit Schutzplanen abgehängt: Wie ein verpacktes Kunstwerk von Christo sah das Bauprojekt in der Montabaurer Steinstraße über Monate hinweg aus. Die Arbeiten hinter den Mauern gehen weiter. Draußen aber sind inzwischen die Hüllen gefallen. Der Blick ist frei auf ein historisches Doppelhaus mit grauem Fachwerk und weißem Putz, gekrönt von einem imposanten Giebel. Die Altstadt wird um ein Schmuckstück reicher. Darüber freut man sich auch im Rathaus.
Als Anja und Marc Schwickert sich recht spontan für den Kauf der beiden Einzeldenkmäler am Steinweg 13 und 15 entschieden, waren sie sich natürlich darüber im Klaren, dass die Sanierung mit Auflagen verbunden ist. Dafür ist Schwickert als Inhaber einer Baufirma gut aufgestellt, und im Team mit Architekt Werner Graf und Thomas Becker, Zimmermann für Restaurierungsarbeiten, geht das Projekt planmäßig voran. Alle loben die Zusammenarbeit mit der Kreisverwaltung als Unterer Denkmalschutzbehörde und der Bauabteilung der Stadt Montabaur, wo Maike Brühl für die entsprechenden Förderprogramme verantwortlich ist. Statt bürokratischer Hürden gibt es ein konstruktives Miteinander, um das von einer langen Geschichte geprägte Ortsbild zu erhalten.
Das allerdings hat seinen Preis. Wie so viele denkmalgeschützte Objekte erwies sich auch Schwickerts Neuerwerbung als Überraschungspaket. „Mein Tagesgeschäft wird das nicht!“ sagt der Bauherr und verbucht die Erfahrung mit Humor. „Wir dachten zuerst, mit einer Entkernung und Modernisierung ist es im Wesentlichen getan. Das war ein Irrtum.“ Denn es stellte sich heraus, dass der komplette Dachstuhl erneuert werden musste, weil das Holz marode war. Der zweite Kostentreiber war der Giebel, der nachträglich auf die beiden Wand an Wand stehenden Häuser gesetzt worden war und innen aus zwei Räumen besteht. Nässe und Fäulnis hatten ihn zu 80 Prozent zerstört. Behutsam mussten die alten Holzbalken restauriert und neues Mauerwerk eingefügt werden – eine Herausforderung für Thomas Becker. Er sieht seine Hauptaufgabe nicht darin, eigene Ideen zu entwickeln, sondern folgt möglichst getreu der Handwerkskunst der alten Meister.
„Die einzige Konstante ist die Veränderung“, erklärt er. „Zu allen Zeiten haben die Menschen ihre Wohn- und Geschäftshäuser umgestaltet und den wechselnden Bedürfnissen oder einfach der Mode angepasst. Deshalb wird immer auf dem Stand des jüngsten Fachwerks erneuert.“ Demnach bleibt am Steinweg 13 und 15 die Uhr etwa 1880/90 stehen, obwohl die Grundsteine der beiden Gebäude wesentlich früher gelegt wurden. Das linke stammt vermutlich aus dem 17. Jahrhundert, das rechte aus dem 18. Jahrhundert.
Stadtbürgermeisterin Gabi Wieland ist froh über jeden privaten Investor, der sich an ein solch spezielles Projekt herantraut: „Nur so kann die Altstadt von Montabaur mit ihren Schätzen glänzen. Natürlich sind die Fördermittel, die auch in diesem Fall fließen, ein nicht zu verachtender Anreiz. Aber sie sind der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. Ohne Engagement und Herzblut geht nichts!“ Die Eheleute Schwickert bekommen pro Fachwerkhaus den maximalen Zuschuss von 50.000 Euro aus dem Bund-Länder-Programm „Aktive Stadtzentren“. Beide Hälften des Doppelhauses zählen als Einzeldenkmäler und wurden deshalb mit dem höchsten Förderbeitrag bedacht. Insgesamt, so schätzen sie, wird die Sanierung ca. 500.000 Euro kosten. Hinter der historischen Kulisse entstehen drei Wohnungen mit zeitgemäßem Standard - dreifach verglaste Fenster, kontrollierte Lüftungsanlage sowie moderne Bäder und Toiletten. Denn bei aller Liebe zu Tradition und malerischem Ambiente gilt: Die Denkmäler am Steinweg müssen bewohnbar sein. (Quelle / Foto Stadt Montabaur)