Gemeinsam mit einer Klasse der Adolf-Reichwein-Schule hat Stadtarchivar Dr. Christoph Waldecker eine Stolpersteinführung durch die Limburger Innenstadt durchgeführt. Dabei wurden verschiedene Stolpersteine der mittlerweile insgesamt 134 verlegten Steine in Limburg besucht und die dahinterstehenden Lebensgeschichten der Opfer des Nationalsozialismus erläutert. Die Führung verdeutlichte, wie wichtig es ist, die Erinnerungskultur insbesondere bei der jüngeren Generation aufrechtzuerhalten, gerade in einer Zeit, in der es immer weniger Zeitzeuginnen und Zeitzeugen gibt. Ziel ist es, die Erinnerungen lebendig zu halten und zu zeigen, dass sich hinter jedem Schicksal ein echter Mensch verbirgt, auch hier in Limburg.
Das Projekt Stolpersteine, initiiert vom Künstler Gunter Demnig, erinnert mit kleinen Messingtafeln im Gehweg an Menschen, die während der NS-Zeit verfolgt, deportiert und ermordet wurden. Die Steine werden vor den letzten frei gewählten Wohn- oder Wirkungsstätten der Opfer verlegt und holen die Erinnerung bewusst in den Alltag zurück.
Während der Führung wurden unter anderem die drei Stolpersteine am Neumarkt 1, heute vor dem Geschäft Vohl & Meier, thematisiert. Sie erinnern an die jüdische Kaufmannsfamilie Löwenberg. Emmy Löwenberg heiratete 1901 den Limburger Kaufmann Moritz Löwenberg und war Mitbesitzerin des Hauses und der Firma am Neumarkt. Sie engagierte sich im Israelitischen Frauen-Verein Limburg. Nach einer schweren Erkrankung wurde sie 1942 aus einer Heil- und Pflegeanstalt von der Gestapo verhaftet, nach Sobibor deportiert und dort ermordet. Ihr Ehemann Moritz Löwenberg gründete 1897 in Limburg das Kaufhaus G. Löwenberg, eines der größten seiner Art in der Stadt. Nach Boykotten, der Zerstörung des Geschäfts am 9. November 1938 und massiven Zwangsmaßnahmen musste er Limburg verlassen. 1941 wurde er nach Lodz/Litzmannstadt deportiert und kam dort ums Leben. Die Tochter Ilse Löwenberg arbeitete nach ihrer Ausbildung im elterlichen Geschäft und war unter anderem für den Einkauf und die Schaufensterdekoration verantwortlich. Eine geplante Auswanderung kam nicht mehr zustande. Sie wurde 1941 gemeinsam mit ihrem Vater deportiert und zu einem unbekannten Zeitpunkt ermordet.
Dr. Christoph Waldecker hob im Gespräch mit den Schülerinnen und Schülern die persönliche Bedeutung der Erinnerungsarbeit hervor:
„Es ist immer sehr berührend, wenn Verwandte der Opfer Kontakt aufnehmen, um mehr über die Vergangenheit und die Geschichte der Vorfahren zu erfahren. Sowohl die Stolpersteine als auch Dokumente über die Familiengeschichte im Stadtarchiv rufen bei den Verwandten der Opfer große Emotionen aus und zeigen deutlich, wie wichtig diese Erinnerungsarbeit ist.“
In den nächsten Jahren werden weitere Stolpersteine in Limburg verlegt. Die Führung machte einmal wieder mehr deutlich, wie wichtig es ist, die Erinnerung an die Opfer wachzuhalten und ihre Geschichten weiterzugeben, als Mahnung und als Verantwortung für die Zukunft. (Stadt Limburg)