SPD-Ortsverein feierte sein Jubiläum im Kulturhaus mit zwei Ministern
Hamm. Die aktuellen Umfragewerte sind nicht berauschend, die Geschichte umso mehr, und auch der Blick in die Zukunft fiel nicht allzu düster aus. Mit Stolz hat der SPD-Ortsverein Hamm auf 100 Jahre seines Bestehens zurückgeblickt. Und die Redner machten Mut für die Zukunft: Die Zeiten voller Zuspruch werden wiederkommen, denn die Sozialdemokratie wird gebraucht – heute vielleicht dringender denn je.
Das Kulturhaus Hamm war prächtig in Rot dekoriert und die Ehrengäste hochrangig, als Vorsitzender Wolfgang Fricke die Jubiläumsfeier eröffnete. Dass es an Nachwuchs nicht mangelt in der SPD Hamm, zeigte sich am Moderator des Abends, denn der 21-jährige Philip Schimkat, Juso-Kreisvorsitzender und Hammer Ratsmitglied, führte durch den Abend. Als ersten Redner kündigte er Roger Lewentz an, den SPD-Landesvorsitzenden und Innenminister.
Lewentz erinnerte die Anwesenden, dass es gerade in Rheinland-Pfalz nicht so schlecht um die Sozialdemokratie steht. Im Verhältnis Mitglieder- zur Einwohnerzahl befinde man sich ganz vorn und sei seit immerhin 28 Jahren Regierungspartei. Er streifte Errungenschaften der Landespartei, aber auch die Tradition der SPD Deutschland, die von den ersten demokratischen Gehversuchen im Kaiserreich bis zur aktuellen „Groko“ reicht. Doch auch Atmosphärisches befand er als wichtig: „Die SPD in Rheinland-Pfalz ist eine Familie. Wir stehen uns nah.“
Dass die Umfragewerte der Sozialdemokraten sich momentan von denen einer Volkspartei entfernen, schmälere nicht ihre Verdienste, meinte Bürgermeister Dietmar Henrich. „Vor Ort setzen sich die Mitglieder mit Herz und Sachkenntnis für die Belange der Einwohner ein – und das nicht nur in kommunalen Gremien, sondern auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen.“ Henrich dankte den SPD-Kommunalpolitikern für die stete Bereitschaft „zu Diskurs und Kompromiss“.
Als „sozialdemokratische Bastion“ im Landkreis bezeichnete Kreisvorsitzender Andreas Hundhausen die Hämmscher SPD. Seit Jahrzehnten bilde sie die stärkste Fraktion im Verbandsgemeinderat, stellte er fest und verband dies mit Dank an Wolfgang Fricke und seine gesamte Mannschaft.
Dieser Dank galt natürlich besonders den langjährigen Mitgliedern, die im Anschluss geehrt wurden. Urkunden und Nadeln für 25-jährige Mitgliedschaft erhielten Helmut Fetzer, Horst Freitag und Günter Steinhauer. Schon fünf Jahrzehnte hält Rolf-Dieter Rötzel der SPD die Treue.
100 Jahre Geschichte sind natürlich gerade dann greifbar, wenn sie mit bekannten Orten und Namen verbunden werden können. Obwohl es keine Chronik des Ortsvereins Hamm gab und Dokumente in alle Winde zerstreut waren, hatte Horst Moog sich die Mühe gemacht, in Archiven zu fahnden, Berichte zu studieren und Fotos „auszugraben“. Das Ergebnis war bemerkenswert, und die Anwesenden lauschten dem Vortrag gebannt.
Von einer ersten Versammlung mit einem SPD-Redner (1910 in der Breitscheidter Gaststätte Demmer) über die Bildung eines Arbeiter- und Soldatenrats (1918, Saal Jünger in Hamm) bis zur Gründung des SPD-Ortsvereins Hamm (auf den Tag genau 100 Jahre zuvor) reichte der erste Teil seines Vortrags. Der Nazi-Zeit und der Verfolgung der Mitglieder galten weitere, teils unbekannte Informationen. So erfuhren die Anwesenden, dass es seinerzeit ein KZ in Siegburg gab, denn Heinrich Rüttel, Kreistagsmitglied und späterer Bürgermeister des Amts Hamm, wurde als Sozialdemorat dort eingesperrt.
1936 waren die Wahlergebnisse eindeutig. Der Berichterstatter von damals schrieb leicht angefressen: Von 4388 Wahlberechtigten seien 4381 für den Führer gewesen und 7 dagegen, „davon 6 aus Bitzen“. Die Leute vom „Berg“ taten sich auch bei den ersten freien Wahlen nach dem Krieg wieder hervor: 92 Prozent stimmten 1946 für die SPD.
Mit Fotos von den Besuchen prominenter Mitglieder in Hamm sowie der amtierenden Vorsitzenden von bis heute gestaltete Horst Moog, unterstützt von Dietmar Koch, den dritten Teil seines Vortrags. „Zum 125. Geburtstag folgen weitere Details“, scherzte der 86-Jährige am Ende seiner Ausführungen.
Das Schlusswort sprach Ortsvereinsmitglied Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Staatsministerin für Soziales, Gesundheit, Arbeit und Demografie. Sie forderte die Genossen zu mehr Selbstbewusstsein auf, denn: „Die SPD wird noch gebraucht.“ Unter anderem gelte das für das Zurückdrängen rechter Strömungen. Nach einem Kästner-Zitat muss man den Schneeball zertreten, denn die Lawine hält niemand mehr auf. „Wer, wenn nicht wir, wird das tun?“, stellte Bätzing-Lichtenthäler rhetorisch in den Raum.
Mit Geburtstagswünschen für eine gute Zukunft beendete sie den offiziellen Teil der 100-Jahr-Feier der SPD Hamm (Sieg). Vorsitzender Wolfgang Fricke lud die Gäste anschließend ans reichhaltige Buffet. (spa) (Quelle SPD-Ortsverband Hamm)