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 2022 noch größer als in den ersten beiden Pandemiejahren

Die Zahl der somatischen Krankenhaus-Fälle in Rheinland-Pfalz ist 2022 im Vergleich zum Jahr 2019 um 17 Prozent gesunken – und damit noch stärker als 2021 und 2020 (minus 16 / 15 Prozent). Bei den psychiatrischen Fällen ist ein Rückgang 2022 gegenüber 2019 von minus 15 Prozent zu verzeichnen. Das zeigt eine Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO).

„Die Corona-Pandemie hatte die Kliniken in Rheinland-Pfalz auch im dritten Jahr der Pandemie fest im Griff – aber aus anderen Gründen als in den ersten Infektionswellen der Jahre 2020 und 2021“, sagt Dr. Martina Niemeyer, Vorstandsvorsitzende der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland – Die Gesundheitskasse. „Die Rückgänge der Krankenhausfallzahlen im vergangenen Jahr waren nicht mehr durch die Freihaltung von Kapazitäten für schwer erkrankte Corona-Patientinnen und -patienten bedingt, sondern vor allem durch die starken Personalausfälle aufgrund der durch die Omikron-Variante verursachten Infektionswellen des Jahres 2022.“

Weiter starke Einbrüche bei den Diagnosen und Behandlungen
Die Aufschlüsselung der Zahlen nach Behandlungsanlässen bis Oktober 2022 zeigt: Die stärksten Einbrüche gab es erneut bei den sogenannten ambulant-sensitiven Diagnosen, die sowohl im Krankenhaus als auch von entsprechend qualifizierten niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten adäquat behandelt werden können. So waren bei Rückenschmerzen (minus 33 Prozent) sowie der chronischen Lungenerkrankung COPD (minus 30 Prozent) die größten Rückgänge gegenüber dem Vergleichsjahr 2019 zu verzeichnen, gefolgt von Bluthochdruck (minus 29 Prozent). „Schon in den ersten beiden Jahren der Pandemie gab es Rückgänge in vergleichbarer Größenordnung. Corona wirkt sich hier offensichtlich beschleunigend im Sinne der in Deutschland dringend gebotenen stärkeren Ambulantisierung aus. Bei einzelnen Diagnosen dürfte angesichts der großen und anhaltenden Einbrüche auch der Abbau von Überversorgung eine Rolle spielen. Absoluter Spitzenreiter ist indes die planbare Mandel-OP mit minus 36 Prozent. Eine Ursache könnte sein, dass die Hygieneregeln während der Pandemie das Auftreten von Mandelentzündungen verringert haben. Doch die Rückgänge könnten auch auf einen Abbau von Überversorgung hindeuten.“

Auffällig ist auch der anhaltende Rückgang der Fallzahlen bei den Herzinfarkten und Schlaganfällen, der in den WIdO-Daten bis Oktober 2022 zu sehen ist: Die Herzinfarkt-Behandlungen sind gegenüber 2019 um 19 Prozent zurückgegangen, die Schlaganfall-Behandlungen um 9 Prozent. Damit gab es bei diesen Notfällen sogar teilweise noch stärkere Rückgänge als im ersten und zweiten Pandemie-Jahr. Die Daten deuten darauf hin, dass die Rückgänge bei den leichteren Infarkten und Schlaganfällen höher sind. Offenbar sind insbesondere Menschen mit milderen Symptomen weniger im Krankenhaus behandelt worden. „Es gilt weiterhin der eindringliche Appell, bei diesen Notfällen unbedingt und ohne Zögern den Rettungsdienst zu alarmieren“, so Niemeyer.

Anteil der schweren Covid-19-Erkrankungen deutlich gesunken
Das WIdO hat in seiner Auswertung auch die Entwicklungen bei den stationär behandelten Patientinnen und Patienten betrachtet, die wegen Covid-19 im Krankenhaus waren. Im Zuge der Omikron-Wellen hat der Anteil der Patientinnen und Patienten, die nicht primär wegen Covid-19 im Krankenhaus waren, aber diese Diagnose auch aufwiesen, im Jahr 2022 deutlich zugenommen. Für einen konsistenten Vergleich über die Pandemiewellen hinweg ist die Auswertung daher auf Patientinnen und Patienten beschränkt worden, bei denen Covid-19 der primäre Behandlungsanlass war. Der Vergleich der bisherigen Pandemiewellen zeigt, dass der Anteil der schweren Erkrankungen in den beiden Omikron-Wellen des Jahres 2022 deutlich gesunken ist. So sank der Anteil der beatmeten Patientinnen und Patienten in der sechsten Pandemiewelle von Juni bis September 2022 auf 7 Prozent. Zum Vergleich: In den Wellen der Jahre 2020 und 2021 waren es rund dreimal so viele.

Sterblichkeit bei beatmeten Covid-19-Patienten unverändert hoch
Auch die Sterblichkeit lag zuletzt in der Omikron-Welle mit 13 Prozent deutlich niedriger als in den Anfangspandemiewellen 2020 / 2021 mit teilweise 25 Prozent. Allerdings bleibt die Sterblichkeit bei den beatmeten Patientinnen und Patienten unverändert hoch: Sie liegt in der sechsten Pandemiewelle bei 49 Prozent. Von den beatmeten Patienten sind 69 Prozent Männer. Auffallend ist die kontinuierlich abnehmende Beatmungsdauer. Waren es in der sechsten Pandemiewelle Mitte 2022 nur noch 10 Tage, so waren es in der ersten Pandemiewelle im Frühjahr 2020 doppelt so viele Tage. „Die Krankenhausdaten spiegeln wider, dass die Omikron-Variante des Coronavirus glücklicherweise seltener zu schweren Krankheitsverläufen führt als die Vorgängervarianten“, erläutert Niemeyer die Ergebnisse.

Hintergrund:
Die Auswertung des WIdO zu den Krankenhaus-Fallzahlen basiert auf den Abrechnungsdaten der AOK-Versicherten, die rund ein Drittel der Bevölkerung abbilden. Basis für die Covid-19-Analysen waren die Daten von Patientinnen und Patienten, die wegen Covid-19 – also mit bestätigter Covid-19-Diagnose und für diese Erkrankung relevanter Hauptdiagnose im Krankenhaus waren. Ausgewertet wurden die Daten von rund 8.500 Patientinnen und Patienten, die vom 1. Februar 2020 bis zum 30. September 2022 in den rheinland-pfälzischen Krankenhäusern aufgenommen wurden. (Quelle AOK Rheinland)

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